"Dieses Investment ist kleiner als etwas, das wir normalerweise tun würden, aber es ist ein Türöffner. Ich mag es, dass wir den Code für Deutschland geknackt haben." Das sagte der legendäre Investor Warren Buffett im Namen seiner Holding Berkshire Hathaway, als er Anfang 2015 "Louis Motorrad" übernahm, ein Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand. Die Kaufsumme von 400 Millionen war für Berkshire in der Tat ein "kleiner Fisch", wie auch Buffett betonte. Jedoch ging es bei der Akquisition um mehr als diese Summe, nämlich um den "Türöffner" und das "Knacken des Codes" für den deutschen Mittelstand.
Buffett sucht nach "German Mittelstand"
Berkshire Hathaway investiert ja auch in den USA längst nicht nur in bekannte Größen wie Coca Cola, Wells Fargo oder American Express – im Portfolio befinden sich auch viele US-amerikanische Mittelständler wie Möbelproduzenten, Süßigkeitenfabrikanten, Schuhhersteller, Teppichbodenhersteller oder Regionalzeitungen. Sie alle werfen solide Renditen ab. Inzwischen sucht Warren Buffett also auch nach dem "German Mittelstand". Da ist er nicht allein. Chinesische Investoren haben angekündigt, vermehrt deutsche Mittelständler aufkaufen zu wollen, und tun das auch: China kauft seit einigen Jahren deutsche Mittelstandsbetriebe im großen Stil.
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Woher kommt dieses Interesse? Was macht den "German Mittelstand" aus? Und was ist das eigentlich genau? Grob gesagt: Es sind kleine und mittlere Unternehmen, bei denen Eigentum, Leitung, Haftung und Risiko in einer Hand liegen. Man spricht auch von Eigentümer- und Familienunternehmen mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Davon gibt es rund 3,5 Millionen in Deutschland.
Das Institut für Mittelstandsforschung setzt die obere Grenze der Beschäftigten bei 500 und den Jahres-Umsatz bei 50 Millionen Euro an. Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten und maximal zwei Millionen Euro Jahresumsatz zählen danach als Kleinstunternehmen. Firmen mit bis zu 49 Beschäftigten und höchstens zehn Millionen Euro Umsatz gelten als klein. Mittlere Unternehmen haben danach bis zu 499 Beschäftigte und machen maximal 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr.
Rückgrat der deutschen Wirtschaft
Nach dieser Definition macht der Mittelstand in Deutschland 99,6 Prozent aller Unternehmen aus. In den Unternehmen des deutschen Mittelstandes arbeiten 58,5 Prozent der Beschäftigten. Sie erwirtschaften 35 Prozent aller Umsätze. Von dort stammen 81,8 Prozent aller Auszubildenden.
Das sind beeindruckende Zahlen. Sie illustrieren: Es gibt nur Weniges, was über die Jahrhunderte national und international so nachhaltig segensreich gewirkt hat wie der unternehmerische Mittelstand. Er bezeichnet eine ganze Kulturform, eine Form gesellschaftlicher Selbstorganisation, die von einer Generation an die nächste weitergegeben wird. Nach einem viel verwendeten Ausdruck ist der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Der deutsche Begriff "Mittelstand" wurde deshalb als Geisteshaltung, als Lebenseinstellung, als Erfolgsprinzip in vielerlei Sprachen übernommen. Er wurde nicht übersetzt. Über den "German Mittelstand" schreiben Newsweek, Economist, The Guardian und Financial Times, L‘Express, Le Figaro und Le Monde, El Pais, Bloomberg und Harvard Business Review. Sie alle verwenden seit vielen Jahren den deutschen Begriff "Mittelstand".
MDax als Investitionsvehikel
Für den Privatanleger ist der Mittelstand ebenso attraktivwie für die Legende Warren Buffett oder die Investoren aus China. Nur haben Kleinanleger ein Problem: Auf welchem Weg kann und soll man in den Mittelstand investieren?
Für den börsengehandelten Mittelstand ist das einfach: Dafür gibt es mit dem MDax einen eigenen Index. Dieser hat im Corona-Crash auf Sicht der vergangenen drei Monate zwar mit knapp 23 Prozent genauso viel verloren wie sein großer Bruder Dax. Im langfristigen Vergleich schneidet der Kleine aber deutlich besser ab: Auf Sicht von zehn Jahren erzielte der MDax einen durchschnittliche Zuwachsrate von 10,3 Prozent pro Jahr, während der Dax im gleichen Zeitraum nur 5,4 Prozent zulegte.
Indexreform hat den MDax aufgewertet
Im September 2018 hat die Deutsche Börse den MDax um zehn auf 60 Mitglieder erweitert. Außerdem finden sich im Index seitdem auch Technologie-Unternehmen der entsprechenden Größe, die bis dahin exklusiv dem TecDax vorbehalten waren (etwa aus den Bereichen Software und Telekommunikation). Zudem ist seitdem auch der Pharma- und Chemiesektor höher gewichtet, vor allem wegen der Integration von Biotech-Unternehmen wie Qiagen und Sartorius.
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Die zehn größten Unternehmen haben ein Gewicht von zusammen 47 Prozent. Allein die Top bringen rund ein Viertel auf die Waage: nämlich der Flugzeughersteller Airbus mit elf Prozent, der Medizintechnik-Spezialist Siemens Healthineers mit zehn Prozent und der Versicherungskonzern Hannover Rück mit vier Prozent.
ETFs bilden den MDax ab
Auch der Spiegel-Bestsellerautor Christian Thiel ("Schatz, ich habe den Index geschlagen!") und Betreiber des Finanzblogs "großmutters-sparstrumpf.de" meint: MDax schlägt Dax – das sei und bleibe die einfachste Form, eine Outperformance zu erreichen. Im Gespräch mit Biallo unterstreicht Thiel die Überlegenheit der Mid Caps gegenüber den Blue Chips, die gerade für den deutschen Markt nachgewiesen sei.
Möchte man an den Chancen des MDax partizipieren, so bieten sich dazu ETFsan, die börsengehandelten Indexfonds. Das Schwergewicht darunter ist der iShares MDAX UCITS ETF. Er hat ein Fondsvolumen von knapp 1,2 Milliarden Euro. Dieser ETF ist physisch replizierend, bildet also die enthaltenen Werte selbst ab. Er ist außerdem thesaurierend und bezieht demnach die Dividenden mit ein. Die jährlichen Gesamtkosten (TER) betragen 0,51 Prozent. Der iShares MDAX-ETF besteht seit April 2001 und hat seitdem eine durchschnittliche Tracking Difference (Indexabweichung) von 1,08 Prozent.
Diversifikation hilft dem MDax
Allgemein gilt, dass kleinere Werte typischerweise mehr schwanken als ihre großen Pendants – dass sie in guten Phasen mehr gewinnen können, in schlechten aber auch mehr verlieren. Das trifft aber auf das Verhältnis von Dax und MDax – wie anfangs bereits exemplarisch gezeigt – nicht zu. Die Volatilität des iShares MDax ist im Gegenteil sogar etwas geringer als die des iShares DAX. Und der Maximum Drawdown (der maximale kumulierte Verlust) ist bei beiden ETFs annähernd gleich.
Der Grund für dieses Phänomen ist wohl bei Harry Markowitz und seiner Modernen Portfoliotheorie zu suchen: Denn die Unternehmen im MDax sind zwar kleiner als die Dickschiffe im Dax – aber es sind doppelt so viele. Die 60 MDax-Unternehmen sorgen gegenüber den 30 Dax-Unternehmen dafür, dass sich das Risiko diversifiziert und senkt. Dadurch senkt sich auch die Volatilität.
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Kommen wir noch zur Sparte der Technologie, denn die ist stark in Mittelstand-Investments vertreten, und auch der TecDax wurde im September 2018 reformiert. Er hat sich einerseits geöffnet für Tech-Werte aus dem Dax (Wirecard und SAP sind etwa zugleich im Dax und TecDax notiert). Zum anderen sind auch in den Unternehmen des MDax und SDax (s. u.) jetzt Tech-Werte zu finden. Die Trennung der Unternehmen in "Tech" und "Classic" ist bei den Dax-Indizes entfallen. Durch die Neuerung enthält der TecDax nun auch die Technologie-Unternehmen aus dem Dax.
Im Zuge der Indexreform sind jetzt auch Wirecard, die Deutsche Telekom und SAP im TecDax vertreten. Letztere allein machen aktuell mehr als 50 Prozent des Index aus. Der TecDAX enthält zwar weiterhin genauso viele Unternehmen wie der Dax, aber darunter sind jetzt auch bedeutende Blue Chips. Das schmälert zwar ein wenig die Rendite, sorgt aber auch für weniger Volatilität als vorher.
Wer also in deutsche Tech-Unternehmen investieren möchte, deckt sie auch mit Dax, MDax oder SDax ab. Der TecDax selbst bleibt damit für Anleger interessant, die gezielt die Technologie-Branche übergewichten wollen (als Sektor-Wette). Ein empfehlenswertes Vehikel für so ein Investment ist der iShares TecDAX UCITS ETF. Er hat ein Fondsvolumen von 780 Millionen Euro.
Dieser ETF bildet den TecDax physisch ab. Er thesauriert, bezieht die Dividenden also ein. Die jährlichen Gesamtkosten (TER) betragen 0,51 %. Der iShares TecDAX besteht seit April 2001 und hat seitdem eine durchschnittliche Tracking Difference (Abweichung vom Index) von 0,44 Prozent.