





Auf einen Blick
„Haben politische Börsen wirklich kurze Beine?“ Nein! Dieser Aussage stimme ich derzeit überhaupt nicht zu. Stattdessen bin ich beeindruckt, wie ausgeprägt die Marktschwankungen waren, die vom US-Wahlkampf ausgelöst wurden.
Zunächst waren es zahlreiche US-Nebenwerte, die von den gestiegenen Wahlchancen Trumps nach dem überlebten Attentats-Versuch profitieren konnten. Auf der anderen Seite gaben viele Technologie-Riesen aus dem Silicon Valley ordentlich nach. Das war an sich schon sehr ungewöhnlich, weil dadurch monatelang anhaltende Trends gebrochen wurden. Die „Magnificent Seven“ schienen ein Stück weit entzaubert worden zu sein.
Doch dann kam plötzlich die Nachricht, an die viele schon nicht mehr geglaubt hatten. Biden zog seine Kandidatur zurück – und schon wieder entfaltete sich blitzschnell eine ganz neue Dynamik: Viele exportorientierte Unternehmen aus Europa und Asien atmeten auf und zwischenzeitliche Kursverluste wurden rasch wieder aufgeholt.
Es war die Korrektur der Korrektur am Aktienmarkt. Die Regeln, welche Unternehmen als mehr oder weniger zukunftsfähig eingeschätzt wurden, wurden innerhalb kürzester Zeit mehrfach geändert. Zu allem Überfluss kam dann auch noch die Riesenpanne auf Microsoft-Rechnern durch ein fehlerhaftes Sicherheits-Update von Crowdstrike hinzu. Flughäfen, Krankenhäuser und Logistik-Unternehmen waren stundenlang nicht mehr handlungsfähig. Der Dax taumelte innerhalb kurzer Zeit zwischen 18.000 und 18.800 Punkten umher und viele Anleger bekamen es wieder mit der Angst zu tun. Die Crowdstrike-Aktie verlor binnen kürzester Zeit 20 Prozent an Kurswert.
Ja, die letzten Wochen waren nicht langweilig, sie waren auch nicht immer angenehm, aber sie waren sehr spannend. Mich haben sie in meiner Grundausrichtung als Privatanleger bestärkt, auch bei einer herausfordernden weltpolitischen Lage so gelassen wie möglich zu bleiben. So reagierte ich in letzter Zeit behutsam, indem ich mich für die wahrscheinlichen Szenarien gerüstet habe.
Zum einen erhöhte ich mein „Sicherheitslevel im Depot“, indem ich den Anteil von wenig riskanten europäischen Anleihen-ETFs mit kurzer Laufzeit erhöhte und dafür Gewinnmitnahmen aus Teilverkäufen von gut performten Tech-Aktien realisierte und ein paar unter Druck geratene Aktien reduzierte. Zum anderen checkte ich das Depot auch dahingehend noch einmal durch, ob es so gut diversifiziert ist, dass es auch künftigen, unerwarteten Änderungen der Spielregeln standhält.
Bei einem Wahlsieg Trumps könnten beispielsweise die US-Nebenwerte, die im Russel 2.000 gelistet sind, in besonderem Maße profitieren. Falls Trump nicht gewinnt, käme dies vermutlich das den transatlantischen Beziehungen zugute und die Gefahr weiterer Schutzzölle wäre deutlich geringer. Das sollte dann der aktuell gebeutelten europäischen Autoindustrie wieder auf die Beine helfen.
Es geht aber nicht nur darum, wer die nächste US-Präsidentschaft gewinnen wird, sondern auch um die Gefahr einer weiteren Eskalation des Nahost-Konfliktes, des Ukraine-Krieges oder zunehmender Unwetterereignisse.
Auch auf der europäischen Bühne könnte so manche Spielregel verändert werden.
Diese Fragen werden die Börsen zwar nicht so sehr beschäftigen wie der US-Präsidentschaftswahlkampf, aber sie haben das Zeug dazu, monatelang anhaltende Trends an den Aktienmärkten abrupt beenden.
Die Zeiten bleiben spannend und herausfordernd, egal ob man sie von der politischen oder von der ökonomischen Seite her betrachtet. Bei all den Fragen bleibt allerdings eine Gewissheit bei mir unberührt:
Es wird immer gute Anlagemöglichkeiten geben, weil es auch in Zukunft eine Vielzahl von Unternehmen geben wird, die klug auf die jeweilige Marktlage reagieren können und ihre Produkte gewinnbringend vermarkten werden.
Die Achterbahnfahrt kann also gerne weitergehen, solange der Weg dabei zu immer weiteren Allzeithochs führen wird.