Lange Zeit fristeten sie ein Schattendasein, mittlerweile haben Anlegerinnen und Anleger sie jedoch wieder auf der Rechnung: Anleihen sind nach dem Zinsanstieg der vergangenen Monate wieder attraktiv. Denn mit den sogenannten Rentenpapieren lassen sich zum Teil gute Renditen erzielen. Das gilt auch für Anleihen-ETFs, die eine Vielzahl von Anleihen in einem Fonds bündeln. Wir erklären Ihnen, wie Anleihen-ETFs funktionieren, mit welchen Renditen Sie bei Anleihen-ETFs rechnen können - und für wen sie geeignet sind.
So funktionieren Anleihen-ETFs
Ein Anleihen-ETF basiert auf einem Rentenindex, der den Kursverlauf verschiedener Anleihen nachbildet. Das Wort Rente hat dabei aber nichts mit der Altersrente zu tun. Es bezieht sich auf die Anleihen, die im Index enthalten sind: Sie heißen auch Rentenpapiere. Ein Anleihen-ETF bildet einen Rentenindex nach. Er bündelt also alle Anleihen, die im Index enthalten sind, in einem Fonds. Für Investoren ist das praktisch: Sie können mit einem Produkt in viele verschiedene Anleihen investieren – ähnlich wie bei aktiven Rentenfonds, nur deutlich günstiger.
Die Anleihen im ETF können dabei von Staaten oder Unternehmen ausgegeben werden. Vergleichen lassen sich Anleihen mit einem Kredit: Der Emittent begibt eine Anleihe und verspricht seinen Käufern, das investierte Geld innerhalb eines festen Zeitraums plus Zinsen zurückzuzahlen. Die Kreditsumme heißt dabei Nennwert, der Zins der Anleihe wird als Kupon bezeichnet.
Wie bei Aktien-ETFs werden auch bei Renten-ETFs die größten Staaten oder Unternehmen am stärksten berücksichtigt. Das bedeutet: Emittenten, die sich viel Geld am Kapitalmarkt beschaffen, sind tendenziell stärker im Index vertreten. Es werden also die Emittenten stark gewichtet, die sich viel Geld leihen. Während die Sortierung nach Größe, also der Marktkapitalisierung, bei Aktien durchaus verständlich ist, wirkt dieser Ansatz bei Anleihen nicht ganz so schlüssig.
Welche Arten von Anleihen-ETFs gibt es?
Anleihen-ETFs bieten Anlegern eine breite Palette an Möglichkeiten, in den Anleihemarkt zu investieren. Hier einige Varianten:
- Staatsanleihen-ETFs: Sie investieren in Staatsanleihen verschiedener Länder. Sie gelten oft als sicher, besonders wenn sie in Anleihen von stabilen Regierungen wie den USA oder Deutschland investieren.
- Unternehmensanleihen-ETFs: Hier liegt der Fokus auf Anleihen, die von Unternehmen begeben werden. Sie bieten in der Regel höhere Renditen als Staatsanleihen, tragen aber auch ein höheres Risiko.
- Gemischte Anleihen-ETFs: Eine Mischung aus verschiedenen Anleihenarten, einschließlich Staats- und Unternehmensanleihen. Das erweitert das Anlagespektrum und soll der der Risikostreuung dienen.
- Kurz-, Mittel- und Langläufer-ETFs: Die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen bringt unterschiedliche Risiko- und Renditeprofile mit sich.
Welche Rolle spielen die Laufzeiten bei Anleihen-ETFs?
Einige Indizes umfassen Anleihen aller Laufzeiten, während sich andere auf bestimmte Laufzeit-Segmente konzentrieren. In letzterem Fall muss der Index regelmäßig sicherstellen, dass die Restlaufzeit der Anleihen im Portfolio noch im angestrebten Laufzeit-Spektrum liegt. Beispielsweise müssen in einem ETF, der Anleihen mit Laufzeiten zwischen zwei und fünf Jahren enthält, die einzelnen Papiere mindestens zwei Jahre vor Fälligkeit ersetzt werden – und zwar durch Anleihen mit einer Restlaufzeit von höchstens fünf Jahren.
Dabei gilt für Anleihen-ETFs: Ihre Kurse reagieren umgekehrt zur Zinsentwicklung: Wenn die Zinsen steigen, fällt der Börsenkurs der Anleihen wie auch des ETFs. Der Grund: Die Anleger fragen bei steigenden Zinsen Anleihen mit höheren Kupons nach. Der Kurs bestehender Anleihen fällt daher. Gehen die Zinsen dagegen zurück, ist es umgekehrt: Der Kurs bestehender Anleihen steigt, weil ihr Kupon vergleichsweise hoch ist. Daher sollten Anleger immer die Zinsstruktur im Blick behalten. Vereinfacht gilt: Kurzläufer-Anleihen bieten geringere Zinsen, sind aber weniger anfällig für Kursverluste bei steigenden Zinsen, während Langläufer zwar höhere Zinsen bieten, aber bei einem Zinsanstieg empfindlicher reagieren.
Laufzeiten bei Einzel-Anleihen und Anleihen-ETFs
Der Blick auf die Laufzeiten macht deutlich, dass Anleihen-ETFs und Einzel-Anleihen durchaus unterschiedliche Produkte sind. Während eine Einzel-Anleihe eine feste Laufzeit und einen bekannten Rückzahlungsbetrag hat, kauft und verkauft der ETF die enthaltenen Anleihen normalerweise laufend. Das bedeutet: Am Ende der Laufzeit einer Einzel-Anleihe bekommen Anleger den Nennwert der Anleihe zurück. Bei Anleihen-ETFs gibt es ein solches Laufzeitende nicht. Ihr Wert hängt stets von den aktuellen Börsenkursen der enthaltenen Anleihen ab.
Konkret: Ein Investor, der eine Einzel-Anleihe mit drei Jahren Haltedauer gekauft hat, kann sich, je nach Risikoklasse der Anleihe, weitgehend sicher sein, das eingezahlte Geld inklusive Zinsen am Ende der Laufzeit zurückzubekommen. Anders sieht es beim ETF aus: Geht man von einer Haltedauer von drei Jahren aus, kann es sein, dass der Anleihemarkt in den ersten beiden Jahren erfreulich läuft, im dritten Jahr aber zusammenbricht. Dann kommt der Investor im Zweifel nur mit Verlust an seine Anteile.
Anleihen-ETFs mit Fälligkeitsdatum
Eine spezielle Variante der Anleihen-ETFs sind sogenannte Fälligkeits-Anleihen-ETFs. Der ETF-Anbieter iShares hat im Sommer 2023 mit den sogenannten “iBond-ETFs” eine ganze Serie solcher Indexfonds lanciert. Der große Unterschied zu anderen Anleihen-ETFs: Sie investieren in Anleihen mit ähnlichen Restlaufzeiten und halten diese bis zur Fälligkeit. Dann wird der jeweilige Wert an die Anleger ausgezahlt, was den iBonds ein festes Enddatum verleiht. Der Hauptvorteil liegt in der besseren Planbarkeit der Renditen, da die Anleihen bis zu ihrem Laufzeitende im Fonds bleiben. Bei einem vorzeitigen Verkauf des ETFs hängt der Börsenpreis dagegen von den aktuellen Anleihekursen ab. Damit ähnelt ein “iBond-ETF” eher einer Einzel-Anleihe als einem Anleihen-ETF.
Die wichtigsten Kennzahlen von Anleihen-ETFs
Bei der Suche nach dem passenden Anleihen-ETF werden Sie auf verschiedene Kennzahlen stoßen. Folgende sollten Sie kennen:
- Endfälligkeitsrendite: Das ist die durchschnittliche Rendite der Anleihen im Fonds, wenn diese bis zur Fälligkeit gehalten werden. Sie spiegelt das aktuelle Zinsniveau des Marktes wider, in den der Fonds investiert.
- Laufende Rendite: Sie berechnet sich aus dem Verhältnis der jährlichen Zinsen zum Anleihekurs. Bei ausschüttenden ETFs gibt sie Hinweise auf die jährliche Auszahlung.
- Bonität: Die Bonität ist eine Bewertung der Kreditwürdigkeit des Herausgebers einer Anleihe. Sie gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass der Herausgeber seine Schulden zurückzahlt. Die Bonität reicht von sehr hoher Qualität (z.B. AAA) bis hin zu sehr niedriger Qualität (z.B. D für zahlungsunfähig).
- Durchschnittliche Restlaufzeit: Dieser Wert zeigt die durchschnittliche verbleibende Laufzeit der Anleihen im ETF. Eine längere Restlaufzeit ist in der Regel mit größeren Kursbewegungen bei Zinsänderungen verbunden.
- Effektive Duration: Angegeben in Jahren, zeigt sie, wie lange es dauert, bis das in eine Anleihe investierte Kapital inklusive Zinsen zurückgezahlt ist. Die Duration heißt daher auch Kapitalbindungsdauer. Bei Anleihen-ETFs entspricht sie dem gewichteten Durchschnitt der Duration aller gehaltenen Anleihen. Der Wert gibt Aufschluss darüber, wie der ETF-Kurs auf Zinsänderungen reagiert. Konkret bedeutet eine Duration von fünf Jahren, dass bei einer Änderung der Zinssätze um einen Prozentpunkt der Preis des ETFs sich voraussichtlich um etwa fünf Prozent in die entgegengesetzte Richtung verändert.
Wie hoch sind Rendite und Kosten bei Anleihen-ETFs?
Die Renditen von Anleihen-ETFs variieren stark, abhängig von der Art der Anleihen im Portfolio und den Marktbedingungen. Generell liegen die Renditen oft niedriger als bei Aktien-ETFs, bieten aber mehr Stabilität und ein geringeres Risiko. ETFs, die in Staatsanleihen mit hoher Bonität investieren, können Renditen im Bereich von ein bis drei Prozent jährlich bieten. Unternehmensanleihen-ETFs, insbesondere solche, die in Papiere mit höherem Risiko investieren, erzielen Renditen von drei bis fünf Prozent im Jahr oder mehr. Natürlich sind solche Renditen nie garantiert und variieren je nach Marktlage und Zinsniveau. Die Gesamtkostenquote (TER) von Anleihen-ETFs liegt meist zwischen 0,10 und 0,50 Prozent.
Fazit: Für wen sind Anleihen-ETFs sinnvoll?
Anleihen-ETFs eignen sich aufgrund ihrer Struktur vor allem als Teil der mittel- und langfristigen Vermögensplanung. Anleihenkurse können schwanken, wenn auch in der Regel nicht so stark wie Aktienkurse. Ähnlich wie bei Aktien-ETFs müssen Anleger daher auch bei Anleihen-ETFs einmal Zeiten aussitzen können, in denen die Anleihekurse im Keller sind.
Etwas anders sieht es bei den sogenannten Fälligkeits-Anleihen-ETFs aus. Sie sind etwas für Anleger, die eine vorhersehbare Rendite bis zu einem bestimmten Zeitpunkt suchen. Sie eignen sich daher für Investitionsziele mit einem festen Zeithorizont – etwa die Finanzierung eines zukünftigen Projekts wie einen Hausbau. Der persönliche Zeithorizont muss dabei aber zu den Laufzeiten im Anleihen-ETF passt.
Generell gilt: Anlegerinnen und Anleger sollten stets die Rendite, die sich mit Anleihen-ETFs erzielen lässt, mit der einer Festgeldanlage vergleichen. Derzeit sind die Festgeldzinsen häufig kaum geringer als die Renditen von Anleihen. Wollen Anlegerinnen und Anleger mit Anleihen-ETFs höhere Renditen erzielen, müssen sie auch ein höheres Risiko eingehen. Wer dieses Risiko scheut, ist daher oft mit einem Festgeldkonto besser bedient.