Wie funktionieren Zertifikate?
Anleger können sich auf den Internetseiten der Emittenten online oder über deren Servicehotline telefonisch über die Auszahlungsprofile von Zertifikaten informieren. Das Prinzip ist bei den jeweiligen Teilschutz-Papieren immer das gleiche. Etwa bei einem Bonus-Zertifikat auf eine Aktie: Eine wichtige Kennziffer dieser Papiere ist die Barriere, die bei Emission unter dem aktuellen Kurs der unterlegten Aktie liegt. Erreicht der Basiswert (hier also die Aktie) während der Laufzeit zu keinem Zeitpunkt diese vorab festgelegte Kursmarke, erhalten Anleger eine zuvor festgelegte Bonuszahlung. Dies geschieht also auch dann, wenn der Basiswert seitwärts oder abwärts läuft – ohne die Barriere zu reißen.
Ein Beispiel: Der Wert einer Aktie liegt bei 50 Euro, das zugehörige Bonuszertifikat kostet ebenfalls 50 Euro. Die Barriere, die der Wert nicht unterschreiten darf, beträgt 45 Euro. Der Bonus beträgt zehn Prozent – das Bonuslevel liegt also bei 55 Euro. Berührt oder unterschreitet die Aktie während der Laufzeit des Zertifikats die Barriere nicht, wird der Bonus fällig. Folgende Fälle für das Laufzeitende des Zertifikats lassen sich unterscheiden:
Fall 1
Die Grenze wird nicht berührt oder unterschritten und das Papier steht bei einem Kurs von 48 Euro. Dann bekommt der Anleger 55 Euro ausgezahlt. Er hat zehn Prozent Gewinn gemacht. Mit der Aktie hätte er dagegen einen Verlust von vier Prozent eingefahren.
Fall 2
Die Grenze wird nicht berührt oder unterschritten und der Kurs der Aktie beträgt 60 Euro. Dann bekommt der Anleger am Ende der Laufzeit 60 Euro. Er macht also 20 Prozent Gewinn – genau so wie mit der Aktie.
Fall 3
Die Grenze wird berührt oder unterschritten und der Kurs der Aktie steht bei 48 Euro. Dann bekommt der Anleger auch 48 Euro für sein Zertifikat. Er macht einen Verlust von vier Prozent – genau so wie mit der Aktie. Steigt die Aktie bis zum Laufzeitende dagegen auf 60 Euro, dann bekommt er auch in diesem Fall am Ende 60 Euro.
Mit Bonus-Zertifikaten machen Anlegerinnen und Anleger daher dann bessere Geschäfte als etwa mit einem Direktinvestment in eine Aktie, wenn es an den Aktienmärkten nicht ganz so rund läuft. Im Beispiel ist das der Fall, wenn der Kurs der Aktie über der Barriere von 45 Euro und unter dem Bonuslevel von 55 Euro bleibt. Für den möglichen Bonus verzichten sie jedoch auf etwaige Dividendenzahlungen der Aktiengesellschaften. Diese verwenden die Emittenten für Finanzierung der Zertifikate. Aufgabe der Banken ist es dabei, ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Anleger an den Kassa- und Terminmärkten abzusichern. Im Jargon wird dies "Hedgen" (absichern) genannt.
Hintergrund: An der Börse gibt es Kassa- und Terminmärkte. Beim Kassamarkt kommen die Marktteilnehmer umgehend ihren Verpflichtungen nach. Dies passiert beispielsweise bei Aktiengeschäften. Bei Termingeschäften hingegen erfolgt die Erfüllung eines Geschäfts zu einem späteren Zeitpunkt. Dies gilt etwa beim Handel von Rohstoffen wie Rohöl, die gelagert werden müssen beziehungsweise beim Handel mit sogenannten Futures, also bei Terminkontrakten, bei dem sich Käufer und Verkäufer verpflichten, eine bestimmte Menge eines Basiswerts künftig zu einem festgelegten Preis zu liefern oder abzunehmen. Da es nur zugelassenen Händlern möglich ist, an den Terminmärkten auf künftige Preise von Aktien, Rohstoffen oder Währungen zu spekulieren, übernimmt dies bei Zertifikaten im Hintergrund der Zertifikate-Emittent – dies ist ein klares Privileg für Zertifikate-Anleger.
Für wen sind Zertifikate interessant?
Zertifikate eignen sich für Strategien, die mit herkömmlichen Investmentvehikeln wie Aktien, Anleihen oder Fonds nicht so einfach oder gar nicht möglich sind. Wer zum Beispiel davon ausgeht, dass eine Aktie oder ein Index künftig seitwärts tendiert, kann mit Teilschutz-Zertifikaten in solchen Szenarien Geld verdienen. Teilschutz-Zertifikate werden häufig auch als „Aktie mit Airbag“ bezeichnet. Während nämlich Aktienanleger 1:1 an Kursverlusten teilnehmen, können Anleger mit Bonus-, Discount- und Express-Zertifikaten moderate Kurseinbrüche der Bezugsaktien verlustfrei überstehen und sogar dabei Gewinne erzielen. Kostenfreies Infomaterial zu Zertifikaten gibt es en masse. Etwa von Emittenten (Banken) oder vom Deutschen Derivate Verband (DDV), dem Branchenvertreter der führenden Zertifikate-Emittenten in Deutschland.
So können Privatanleger in Zertifikate investieren
Anleger benötigen wie beim herkömmlichen Börsenhandel ein Wertpapierdepot und ein Handelskonto bei ihrer Bank oder ihrem Onlinebroker, um Zertifikate kaufen und verkaufen zu können. Anleger können die Derivate über die Börse oder direkt mit dem Emittenten (außerbörslich) handeln. Um ein Zertifikat über die Börse zu ordern, gibt man der Hausbank oder dem Broker einen Auftrag. Dies erfolgt in der Regel online. Die Bank (Broker) leitet die Order weiter an die Börse, die den Auftrag unmittelbar danach ausführt. Beim außerbörslichen Handel wird im Auftrag des Anlegers direkt beim Emittenten ein Preis angefragt. Anleger können das Angebot per Mausklick oder per Eingabe im Display annehmen oder ablehnen. Anleger können Zertifikate während der Laufzeit jederzeit kaufen und verkaufen.
Diese Chancen und Risiken gibt es für Anleger
Anleger stehen mit Zertifikaten vielfältigere Strategien offen als mit klassischen Investments. So gibt es neben Teilschutz-Papieren auch Zertifikate, mit denen Anleger auf fallende Kurse setzen oder überproportional von Kursbewegungen profitieren können (Hebelprodukte). Wichtig ist in jedem Fall, dass man die Funktionsweise der Zertifikate versteht. Wer ein Papier interessant findet, sollte sich die Wertpapierkennnummer notieren und im Internet beim Emittenten des Zertifikats Informationen zur Funktionsweise sowie zu den Chancen und Risiken des Investments ansehen und herunterladen. Neben dem Marktrisiko sollten Anleger – wie eingangs beschrieben – auch das Emittentenrisiko beachten. Zum einen sollte die Bank, welche die Papiere begibt, eine gute Bonität haben. Zum anderen können Anleger ihr Kapital in Zertifikate von verschiedenen Banken anlegen, um das Ausfallrisiko auf verschiedenen Emittenten zu verteilen.
Fazit: Worauf Anleger bei Zertifikaten achten sollten
Das Anlegen mit Zertifikaten ist kein Hexenwerk. Mit ihnen können Anleger vielfältige Strategien verfolgen. Besonders für Einsteiger empfiehlt es sich, Papiere mit leicht nachvollziehbaren Auszahlungsprofilen zu wählen. Wer die vom Emittenten angebotene Struktur eines Zertifikats nicht versteht oder zu komplex findet, sollte die entsprechenden Papiere lieber von seiner Liste streichen.