Erneut sorgt ein Urteil eines Landgerichts für Wirbel am Finanzmarkt. Das Landgericht Düsseldorf ist nach dem Landgericht Berlin bereits das zweite Gericht, welches sogenannten Verwahrentgelten, auch Negativzinsen genannt, per Urteil eine Absage erteilt. Mittlerweile berechnen über 550 Banken Minuszinsen für die Einlagen ihrer Kunden.
Die Verbraucherzentrale ist der Meinung, dass die Berechnung von Negativzinsen durch die Banken generell unzulässig sei. Angesichts dessen hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) zur grundsätzlichen Klärung der Rechtsfrage an unterschiedlichen Standorten Klagen gegen Kreditinstitute erhoben. Insgesamt stehen noch zwei Klagen auf Landgerichtsebene aus.
Landgericht Düsseldorf urteilt als zweites Gericht zu Verwahrentgelten
Nachdem sich bereits das Landgericht Berlin in einem Urteil gegen die Negativzinsender Sparda-Bank Berlin geäußert hat, zieht ein weiteres Gericht nach. In der Verhandlung des Landgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 34/21) ging es speziell um die Preisklauseln der Volksbank Rhein-Lippe. Diese berechnet bei Girokonten Negativzinsen von 0,5 Prozent pro Jahr auf Einlagen über 10.000 Euro.
Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Kreditinstitut neben Kontoführungsgebühren keine Negativzinsen berechnen darf. Zusatzkosten sind mit den gesetzlichen Regelungen zum Girovertrag nicht vereinbar, da die Geldverwahrung Voraussetzung für die vereinbarten Zahlungsdienstleistungen sei. Es handle sich nicht um eine Sonderleistung der Bank.
David Bode von der Verbraucherzentrale erklärt „Wir sehen das Verwahrentgelt nicht als sogenannte Preishauptabrede, sondern als Entgelt für eine vertragliche Nebenleistungspflicht. Das bedeutet: Die unregelmäßige Verwahrung von Einlagen ist überhaupt eine Bedingung dafür, dass das Kreditinstitut die vertragliche Hauptleistung der Zahlungsdienste erbringen kann. Und das gilt nach unserer Auffassung unabhängig davon, ob daneben eine Kontoführungsgebühr erhoben wird oder nicht.”
Die Volksbank Rhein-Lippe wurde dazu verurteilt, Namen und Anschriften der betroffenen Kunden und die Höhe der Entgelte dem VZBV oder einem Angehörigen eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufs zu übermitteln. Diese können dann die Erstattung der rechtswidrig erhobenen Entgelte durchsetzen. In den Augen des Gerichts würden Verbraucherinnen und Verbraucher mit den Verwahrentgelten eine doppelte Gegenleistung für eine einheitliche Leistung erbringen und wären damit benachteiligt.
Auch wenn das aktuelle Urteil noch nicht rechtskräftig ist, ist dieses ein erneuter Etappensieg für die Verbraucherzentrale. Der Zwischenerfolg kommt sowohl bei den Verbraucherschützern als auch bei den Bankkunden gut an. Allerdings geht die Volksbank Rhein-Lippe gegen das Urteil vor, indem sie Berufung eingelegt hat.
Sparkasse Köln-Bonn ändert strittige Klauseln vor Verhandlung
In der Klage gegen die Sparkasse Köln-Bonn gab es dagegen nur einen kleinen Teilerfolg für die Verbraucherschützer. Die Bank wurde wegen mehrerer Gebührenklauseln im Preisverzeichnis abgemahnt und verklagt, darunter auch eine Klausel über ein Verwahrentgelt bei Girokonten. Das Landgericht Köln wies die Klage ab. Allerdings nur, weil die Sparkasse eingesehen hat, dass die Klauseln rechtlich problematisch waren. Die Sparkasse akzeptierte die Abmahnkosten des VZBV und änderte die strittigen Klauseln noch vor der Gerichtsverhandlung.
Wie geht es mit den Negativzinsen weiter?
Selbst nach dem zweiten Urteil gegen die Verwahrentgelte einzelner Sparkassen und Banken kann dieses nicht verallgemeinert werden, wenngleich eine leichte Tendenz der Gerichte deutlich wird. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Rechtsstreitigkeiten in die nächste Instanz gehen und letztlich auch beim Bundesgerichtshof (BGH) entschieden werden. Davon ist auch der Bankenrechtsexperte Claus Steiner im Interview mit biallo.de überzeugt. Möglicherweise wird auf dem Weg der Instanzen auch der Europäische Gerichtshof einbezogen. Bis es hier also absolute Rechtssicherheit gibt, wird noch einige Zeit ins Land gehen, möglicherweise mehrere Jahre.
David Bode von der Verbraucherzentrale Bundesverband sagt: „Vielleicht wird es noch in diesem Jahr eine Entscheidung auf Oberlandesgerichtsebene geben. Je schneller die Rechtsfrage beim BGH landet, umso besser! Schließlich kommt nicht nur Verbraucherinnen und Verbrauchern Rechtssicherheit zugute, sondern auch der Kreditwirtschaft."
Was sollten Kunden mit höheren Guthaben jetzt tun?
Aufgrund der weiterhin unsicheren Rechtslage raten wir auch weiterhin allen Bankkunden, dass sich diese nach lukrativeren Geldanlagen umsehen. Sie können sich etwa am Erfolg der Volksbanken beteiligen, indem Sie Geld in Genossenschaftsanteile investieren. 2020 schütteten die Volks- und Raiffeisenbanken durchschnittlich zwei Prozent Dividende aus.
Bei der Raiffeisenbank Hochtaunus* können Sie zum Beispiel aktuell bis zu 50.000 Euro pro Person investieren. Ein Paar mit zwei Kindern bringt also 200.000 Euro unter, wenn jeder Genosse oder Genossin wird. Fürs vergangene Geschäftsjahr schüttete diese Genossenschaftsbank im Frühjahr 2,5 Prozent Dividende aus. Ähnlich ist das bei der Volksbank Dortmund-Nordwest*. Lesen Sie in unserem Ratgeber, was es in Bezug auf die Sicherheit und Verfügbarkeit zu beachten gibt.