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Ratgeber der Woche

Rente und Hinzuverdienst: Chancen und Risiken der Teilrente

Rolf Winkel
Autor
Veröffentlicht am: 31.08.2018

Auf einen Blick

  • Frührentner dürfen 6.300 Euro brutto in einem Kalenderjahr hinzuverdienen, ohne dass die laufende Frührente sinkt. Doch dann fallen Sozialversicherungsbeiträge und vor allem Steuern an.
  • Wer dagegen gleitend aus dem Job aussteigen möchte, sollte in seinem Betrieb rechtzeitig seinen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverkürzung geltend machen (Paragraf 6 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes).
  • Die Teilrente kann man zu einem beliebigen Prozentsatz ab zehn Prozent (bis 99 Prozent) in Anspruch nehmen.
  • Wer neben der gesetzlichen Teilrente hinzuverdienen will, sollte seine Betriebsrente im Blick haben. In Paragraf 6 des Betriebsrentengesetzes ist geregelt, dass die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eingestellt werden können, "wenn die Altersrente auf einen Teilbetrag beschränkt wird".
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Die neuen Regeln zu Hinzuverdienst und Teilrente
  2. Verschiedene Kombinationen von Arbeitseinkommen und Rente
  3. Auswirkungen des Teilrentenbezugs auf die Betriebsrente

Seit dem 1. Juli 2017 gelten aufgrund des sogenannten Flexirentengesetzes neue Regeln zum Hinzuverdienst bei einer Frührente sowie zu Teilrenten. Die Regeln sind weniger starr als die vorher geltenden Bestimmungen und geben älteren Versicherten zwischen 61 und 65 Jahren eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten. In diesem Ratgeber finden Sie zunächst die neuen Regeln kompakt dargestellt. Je nachdem, welche Interessen Sie als Versicherte haben, gibt es unterschiedliche Varianten. Darüber hinaus behandelt dieser Ratgeber auch das Verhältnis von Betriebsrente und Teilrente; denn die Nutzung einer Teilrente birgt gegebenenfalls Risiken für die Betriebsrente.

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Die neuen Regeln zu Hinzuverdienst und Teilrente

Wer vor der Regelaltersgrenze eine Altersrente beansprucht, kann nicht unbegrenzt hinzuverdienen. Um den vollen Rentenanspruch zu erhalten, sind Hinzuverdienstgrenzen zu beachten. Andernfalls wird die Rente nur noch als Teilrente gewährt. Mit Hinzuverdienst bezeichnet das Gesetz Arbeitsentgelt von Arbeitnehmern (§14 SGB IV) und Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit (§15 SGB IV). Zinseinnahmen und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung spielen keine Rolle. Die Regelungen zur Anrechnung des Hinzuverdienstes gelten nur so lange, bis das reguläre Rentenalter erreicht wird. Ab diesem Zeitpunkt wird aus dem vorgezogenen Altersruhegeld automatisch (und ohne Antrag) die reguläre Altersrente. Hierbei spielt der Hinzuverdienst keine Rolle. Allerdings kann auch dann noch eine Teilrente gewählt werden (statt einer Vollrente).

Hinzuverdienstgrenzen

Die bis zum 30. Juni 2017 geltenden starren Hinzuverdienstregelungen wurden durch das Flexirentengesetz zum 1. Juli 2017 aufgehoben. Bis zu diesem Zeitpunkt galt: Wer ein vorgezogenes Altersruhegeld bezog, durfte nur bis zu 450 Euro im Monat verdienen und zweimal im Jahr das Doppelte - also 900 Euro. Gab es einen Cent mehr, so erhielten Rentner nur noch zwei Drittel der Rente ausgezahlt. Bei höheren Zuverdiensten reduzierte sich die Rente in Stufen auf die Hälfte bzw. ein Drittel des vollen Betrags oder es wurde gar keine Rente mehr gezahlt. Statt dieses Stufenmodells gilt nun ein gleitendes Anrechnungsverfahren. Zudem kommt es nicht mehr auf das monatliche Arbeitseinkommen an, es zählt vielmehr das Einkommen innerhalb eines Kalenderjahres. Die jährliche Hinzuverdienstgrenze liegt nun bei 6.300 Euro brutto. So viel kann man auf jeden Fall zu einem vorgezogenen Altersruhegeld hinzuverdienen, ohne dass es zu einer Rentenkürzung kommt. Ob man die 6.300 Euro in einem oder zwei Kalendermonaten oder verteilt über ein ganzes Kalenderjahr verdient, spielt keine Rolle. Da es sich hier um eine Jahresgrenze handelt, gilt diese auch, wenn jemand innerhalb eines Kalenderjahres nur noch kurze Zeit ein vorgezogenes Altersruhegeld bezieht, weil er dann die reguläre Altersgrenze erreicht. Die 6.300-Euro-Grenze wird auch in diesem Fall nicht auf Monate heruntergerechnet. Das über 6.300 Euro hinausgehende Brutto-Einkommen wird zu 40 Prozent auf die Brutto-Jahresrente angerechnet.

  • Beispiel: Ein 63-jähriger Rentner verdient innerhalb eines Jahres zusätzlich zu seiner Rente 12.000 Euro brutto. Dies sind (12.000 - 6.300 =) 5.700 Euro mehr als anrechnungsfrei erlaubt ist. 40 Prozent dieses Betrags werden auf die Rente angerechnet. Dies sind 2.280 Euro. Pro Monat macht dies (2.280 : 12 =) 190 Euro. Um diesen Betrag wird seine Rente gekürzt. Er bezieht also nur eine Teilrente.

In Einzelfällen kappt zudem ein sogenannter Hinzuverdienstdeckel die Rente. Dieser spielt allerdings nur bei sehr hohen Arbeitseinkünften neben der Rente eine Rolle.

Spitzabrechnung zum 1. Juli des Folgejahres

Ob überhaupt und wie viel vom Zuverdienst die Rentenversicherung auf die Rente anrechnet, wird zunächst auf Grundlage einer Prognose errechnet. Auch beim Einkommen stimmen Prognosen fast nie hundertprozentig - etwa wegen Überstunden oder weil es zwischenzeitlich zu tariflichen Lohnerhöhungen gekommen ist. Deshalb folgt auf Basis der kompletten Gehaltsabrechnung(en) eines Kalenderjahrs zum 1. Juli des Folgejahrs eine spitze Abrechnung – auf den Cent genau. Stellt sich bei dieser Spitzabrechnung heraus, dass das Arbeitseinkommen höher war als prognostiziert, so kommt es nachträglich zu einer Rentenkürzung -und umgekehrt. Dabei kann es nachträglich auch zu einem Wegfall der Rente kommen. Die Betroffenen werden in diesem Fall rückwirkend so gestellt, als ob sie keine Rente bezogen hätten. Später müssen die Betroffenen dann erneut Rente beantragen. Diesen neuen Antrag behandelt die Rentenversicherung dann genauso wie einen Erstantrag.

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Verschiedene Kombinationen von Arbeitseinkommen und Rente

Abhängig von den Zielen der Versicherten, ergeben sich durch das Teilrentenmodell unterschiedliche Optionen. In diesem Ratgeber spielen wir drei Varianten durch:

  • Variante 1: nur Interesse an einer (temporären) Aufbesserung der Rente
  • Variante 2: Interesse an einem gleitenden Übergang in den Ruhestand und zugleich an einer Rentenoptimierung
  • Variante 3: reines Interesse an einer vorteilhaften steuerlichen Gestaltung

Variante 1: Interesse an kleinem temporären Hinzuverdienst

Für Frührentner sind nach wie vor nur gering bezahlte Jobs bei der Rente völlig anrechnungsfrei. Die Regelung hat sich allerdings geändert. Früher durften Bezieher eines vorgezogenen Altersruhegeldes 450 Euro monatlich ohne Probleme hinzuverdienen. Dann waren weder Abzüge von der Rente noch vom Arbeitsentgelt zu befürchten. Nun sind innerhalb eines Jahres 6.300 Euro Hinzuverdienst erlaubt, ohne dass die Rente niedriger ausfällt. Auf einen Monat umgerechnet sind das 525 Euro. Das sieht aber nur auf den ersten Blick erheblich günstiger aus. Denn wer heute die neue Freigrenze ausschöpft und jeden Monat 525 Euro brutto zu seiner Frührente hinzuverdient, muss auf jeden Fall Abgaben zahlen. Bei der Minijob-Regelung hat sich nämlich nichts geändert. Hier gilt weiterhin die niedrigere 450-Euro-Grenze, bis zu der keine Sozialabgaben und Steuern gezahlt werden müssen.

Bei einem 525-Euro-Job fallen aber Sozialbeiträge an – allerdings verminderte, da es sich um eine Beschäftigung in der sogenannten "Gleitzone" handelt. Zudem ist die Beschäftigung steuerpflichtig. Ob überhaupt und wie viel Steuer anfällt, hängt natürlich von der Konstellation des Einzelfalles ab.

Bei einem Frührentner-Ehepaar mit Rentenbezügen von monatlich insgesamt 3.000 Euro kann die Steuer bei einem zusätzlichen Brutto-Hinzuverdienst in Höhe von jährlich 6.300 Euro schon mit 1.000 Euro zu Buche schlagen.

Dabei sollte man wissen: Bei einem Minijob muss es nicht bei 450 Euro im Monat bleiben. Es gibt eine Reihe von steuer- und sozialversicherungsfreien Zuschlägen und Sonderleistungen, die der Arbeitgeber zahlen kann. Dies gilt etwa für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Soweit die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Betrieb diese Leistungen erhalten, haben auch Minijobber hierauf einen Rechtsanspruch. Bei der Rente werden diese Zuschläge, da sie nicht sozialversicherungspflichtig sind, nicht angerechnet.

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Variante 2: Halber Job und Teilrente

Manchen Frührentnern geht es nicht um einen temporären kleinen Nebenverdienst, sie haben vielmehr Interesse an einem gleitenden Übergang in den Ruhestand und zugleich an einer Rentenoptimierung. Für sie kommt beispielsweise die Kombination von einer halben Stelle und der Altersrente in Frage. Damit kommen arbeitsrechtliche und finanzielle (rentenrechtliche und steuerliche) Aspekte ins Spiel.

Zunächst zum Arbeitsrecht: Wer nicht mehr Vollzeit arbeiten kann oder will, kann bei seiner Firma den Wechsel auf eine Teilzeitstelle beantragen. Viele Arbeitgeber werden dies älteren Mitarbeitern mehr oder weniger gern ermöglichen. Dennoch ist ein Blick auf die Rechtslage wichtig. Hierzu regelt Paragraf 6 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes: "Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern, auch in leitenden Positionen, Teilzeitarbeit nach Maßgabe dieses Gesetzes zu ermöglichen". Dieser Rechtsanspruch gilt für jeden, der länger als sechs Monate bei einem Arbeitgeber arbeitet. Diese Voraussetzung dürften ältere Arbeitnehmer in aller Regel erfüllen.

Wichtig ist allerdings weiter: Der Rechtsanspruch besteht nur, wenn der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Nur wenn betriebliche Gründe dem Teilzeitwunsch entgegenstehen, darf der Arbeitgeber bei Vorliegen dieser Voraussetzungen "Nein" zur beantragten Teilzeit sagen. Doch in vielen Fällen muss er den Wunsch akzeptieren – selbst dann, wenn er zum Ausgleich eine Ersatzkraft einstellen muss und diese tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits am 14. Oktober 2003 (Az.: 9 AZR 636/02).

Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Beschäftigte haben einen noch deutlich härteren "Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig ist". Das bestimmt Paragraf 81 des Sozialgesetzbuches IX.

Finanzielle Aspekte: Wie sich die Kombination von Teilzeitbeschäftigung und Teilrente unterm Strich finanziell auswirkt, lässt sich am besten an einem Beispiel zeigen:

  • Beispiel: Nehmen wir an, Sie sind 63 Jahre alt und würden als Vollrente monatlich brutto 1.500 Euro erhalten. Sie üben jedoch weiterhin eine Teilzeitbeschäftigung aus (halbe Stelle) und verdienen dabei statt vorher monatlich 3.550 Euro nur noch brutto 1.775 Euro. Damit verdienen Sie so viel, dass Ihre Rente deutlich gekürzt wird. Was das jeweils "netto" bedeutet, können Sie unten stehender Tabelle entnehmen.

Dabei nimmt die Rentenversicherung folgende Rechnung vor: Das Bruttojahreseinkommen (hier unterstellt: in einem vollen Kalenderjahr) beträgt (12 x 1.775 = ) 21.300 Euro. Die bei Frührenten geltende Hinzuverdienstgrenze von 6.300 Euro ist damit um 15.000 Euro überschritten. 40 Prozent dieses Betrags werden auf die Rente angerechnet. Dies sind 6.000 Euro. Pro Monat macht dies (6.000 : 12 =) 500 Euro. Um diesen Betrag wird Ihre monatliche Rente gekürzt. Statt 1.500 Euro brutto erhalten Sie brutto nur noch 1.000 Euro Rente. Davon gehen noch die Beiträge zur Kranken- und Sozialversicherung ab, es bleiben etwa 890 Euro.

Wie die folgende Übersicht zeigt, haben Sie in diesem Fall durch die Kombination von Job und Rente bei Steuerklasse III rund 200 Euro netto im Monat weniger zur Verfügung als bei der früheren Arbeit mit voller Stelle. Während Sie vorher als Vollzeitbeschäftigter monatlich 2.509 Euro netto zur Verfügung hatten, haben Sie durch die Kombination von Teilzeitlohn und Rente noch 2.299 Euro zur Verfügung. Bei Steuerklasse IV oder I ist der Einkommensunterschied deutlich geringer.

Wichtig ist allerdings: Wer sich für eine solche Variante entscheidet, sollte darüber hinaus einen gewissen Betrag (im Beispielfall dürften es etwa 200 Euro monatlich sein) fürs Finanzamt zurücklegen. Denn Sie müssen wegen des Rentenbezugs mit einer ordentlichen Steuernachforderung rechnen.

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Vollzeitverdienst und Teilzeitlohn + Teilrente im Vergleich

Lohnart brutto (in Euro) Steuerklasse III - netto*
(in Euro)
 Steuerklasse IV - netto*
(in Euro)
vorheriger Verdienst 3.550 2.506  2.217
Einkommen als Teilrentner
Teilzeitlohn 1.775 1.409 1.265
 + (Teil-)Rente 1.000 890** 890**
 Insgesamt 2.775  2.299 2.155

  *Annahmen: Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung: 1,0 Prozent, keine Kirchensteuer**vor Abzug von Steuern; dieser hängt vom Einzelfall (u.a. Jahr des Renteneintritts) ab

Wie wirkt sich die Weiterarbeit auf die spätere Rente aus?

Es gibt zwei Auswirkungen: Zum einen nehmen Sie nicht die volle Rente in Anspruch – im Beispiel oben sind es nur zwei Drittel der Vollrente. Das bedeutet: Rentenabschläge fallen nur auf diesen Teil der Rente an. Zum anderen zahlen Sie bei sozialversicherter Tätigkeit weiter Versicherungsbeiträge. Dadurch erhöht sich Ihre spätere Vollrente nochmals. Beide Effekte zusammengenommen würden nach den Werten im Beispielfall pro Beschäftigungsjahr später ein Rentenplus von monatlich rund 35 Euro bringen. Wer allerdings die Altersrente für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nehmen kann (möglich erst bei 45 nachgewiesenen Versicherungsjahren), erwirtschaftet ein kleineres Rentenplus, da hierbei ohnehin keine Abschläge anfallen. Wie viel auf die Rente angerechnet wird, wird erst im Folgejahr zum 1. Juli genau abgerechnet. Stellt sich dann heraus, dass der Hinzuverdienst im Vorjahr höher oder niedriger war als ursprünglich angenommen, zahlt die Rentenversicherung Ihnen entweder Rente nach oder Sie müssen etwas zurückzahlen.

Wer sich über seine Möglichkeiten orientieren möchte, kann zwei neue Internet-Rechner der Deutschen Rentenversicherung nutzen. Zum einen gibt es dabei einen "Hinzuverdienstrechner". Mit diesem kann man errechnen, wie viel Rente bei einem bestimmten Hinzuverdienst noch bleibt. Der Hinzuverdienst wird als sozusagen fix gestellt, während die Rente die Variable ist. Man kann auch umgekehrt vorgehen und sich zunächst für eine bestimmte Teilrente entscheiden, also beispielsweise für die "50-Prozent-Rente". Wer so vorgeht, wird wahrscheinlich wissen wollen, welcher Hinzuverdienst mit dieser Vorgabe möglich ist. Dies kann mit Hilfe des "Flexirentenrechners" der Deutschen Rentenversicherung ermittelt werden. Bei diesem Rechner wird also die Teilrente fix gestellt, der Hinzuverdienst ist die Variable.

Variante 3: Zehn Prozent Frührente beziehen – und später Steuern sparen

Auch für ältere Arbeitnehmer, die eigentlich überhaupt noch kein Interesse an einem Renteneintritt haben, kann die Flexirente interessant sein. Denn nun kann man alle Altersrenten mit einem beliebig hohen Anteil ab zehn Prozent in Anspruch nehmen. Das kann sich aus steuerlichen Gründen lohnen Ob und wie viel Steuer von der Rente zu entrichten ist, hängt nämlich davon ab, in welchem Jahr man in Rente geht. Denn im Jahr 2005 begann der Umstellungsprozess auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung von Renten. Das bedeutet, dass Vorsorgeaufwendungen während des Berufslebens zunehmend steuerbefreit und im Gegenzug dazu die Renteneinkünfte besteuert werden. Dieser Umstellungsprozess zieht sich über einige Jahrzehnte hin. Für diejenigen, die 2018 in Rente gehen, sind 76 Prozent der Brutto-Rente steuerpflichtig und 24 Prozent steuerfrei. 2020 sind dann schon 80 Prozent der Rente steuerpflichtig. Von da an wird es jedes Jahr ein Prozent mehr. 2023 sind es für Neurentner also beispielsweise 83 Prozent. Welcher Prozentsatz dabei zählt, richtet sich – so das Bundesfinanzministerium – "nach dem Jahr des Rentenbeginns".

Soll man nun wegen einer möglichen späteren Steuerersparnis vorzeitig in Rente gehen? Wohl kaum. Das kann sich allein wegen der hohen Abschläge von derzeit bis zu 9,9 Prozent nicht lohnen. Bei der Schwerbehindertenrente kann der Abzug sogar bei 10,8 Prozent liegen. Lohnenswert kann es dagegen sein, nur einen kleinen Teil der Rente zu beziehen. Interessant ist dabei die zum 1. Juli 2017 eingeführte Neuregelung von Paragraf 42 Absatz 2 SGB VI. Danach kann seit 1. Juli 2017 auch "unabhängig vom Hinzuverdienst" eine Teilrente gewählt werden. Diese muss "mindestens zehn Prozent der Vollrente" betragen.

Damit kann beispielsweise ein 61-jähriger Schwerbehinderter zehn Prozent seiner Rente beziehen – und weiterarbeiten, gegebenenfalls unverändert oder auch mit einer geringfügig verkürzten Arbeitszeit. Der Bezug der Minirente bringt einen mehrfachen Vorteil: Rentenabschläge gibt es dann nur auf die bereits bezogene Minirente, auf die 90 Prozent der noch nicht bezogenen Rente jedoch nicht. Zudem steigt die spätere Voll-Rente durch die weiter gezahlten Versicherungsbeiträge noch deutlich an.

Wichtig ist dazu aber der Steuervorteil. Nehmen wir beispielsweise einen Schwerbehinderten, Jahrgang 1957. Im Januar dieses Jahres ist er 60 Jahre und elf Monate alt geworden. Damit könnte er seit Februar 2018 das vorgezogene Altersruhegeld für Schwerbehinderte beziehen. Er hat sich dagegen entschieden, weil er erst Anfang 2023 ganz regulär in Rente gehen will. Nimmt er jetzt jedoch wenigstens eine Zehn-Prozent-Teilrente in Anspruch – also ein Zehntel seiner Rente –, so bleibt er auf der "Steuertreppe" im Jahr 2018 stehen. Bei der Rentenbesteuerung ist nämlich "der ursprünglich ermittelte Prozentsatz maßgebend", heißt es im Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums "Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen" (Geschäftszeichen: IV C 3 - S 2221/12/1001 0:004). Mehr noch: Am ursprünglichen Rentenbeginnjahr ändert sich selbst dann nichts, wenn "die bewilligte Rente bis auf null Euro gekürzt (wird), z.B. weil eigene Einkünfte anzurechnen sind". Diese Kürzung der Rente "unterbricht die Laufzeit der Rente nicht", ist dort zu lesen.

Lebenslanger Steuervorteil

Was bedeutet das für den Schwerbehinderten aus unserem Beispiel? Nach der letzten Renteninformation, die ihm die Deutsche Rentenversicherung zugeschickt hat, kann er 2023 mit einer Monatsrente von brutto 1.800 Euro rechnen. Seine zu erwartende Jahresrente wird damit brutto etwa 21.600 Euro betragen. Wenn er sich bereits 2018 für eine Zehn-Prozent-Teilrente entscheidet, wird 2023 folgendermaßen gerechnet: Steuerfrei sind dann – nach dem "Treppenstand" von 2018 – 24 Prozent.

Das sind (24 Prozent x 21.600 Euro=) 5.184 Euro. Würde er dagegen jetzt keine Teilrente beziehen, so stünde ihm 2023 nur ein Steuerfreibetrag von 17 Prozent von 21.600 Euro zu, das wären 3.672 Euro. Die Beantragung der Zehn-Prozent-Teilrente im Jahr 2018 bringt ihm also ab 2023 einen um gut 1.500 Euro höheren Steuerfreibetrag – und zwar lebenslang. Bei einem Steuersatz von 25 Prozent macht das immerhin ein Plus von etwa 375 Euro im Jahr. Auf Dauer kommen da einige 1.000 Euro zusammen.

 

Auswirkungen des Teilrentenbezugs auf die Betriebsrente

Erhalten Sie neben Ihrer gesetzlichen Rente zusätzlich noch eine Betriebsrente? Oder haben Sie Anspruch auf diese? Dann sollten Sie vor dem Wechsel in eine Teilrente prüfen, ob dies Folgen für Ihre Betriebsrente hat. Denn insgesamt gilt: Die Teilrente ist in der Welt der Betriebsrenten noch nicht richtig angekommen. Die Teilrentenregeln der gesetzlichen Rente sind mit den Regelungen bei der Betriebsrente nämlich nicht unbedingt kompatibel.

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In Paragraf 6 des Betriebsrentengesetzes heißt es, dass die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eingestellt werden können, "wenn die Altersrente auf einen Teilbetrag beschränkt wird". Gleiches gilt beim Wegfall der Altersrente wegen eines zu hohen Hinzuverdienstes. Diese Konsequenzen "können" eintreten, müssen jedoch nicht. Manches ist im Betriebsrentengesetz ganz klar geregelt. Bei anderen Punkten gibt es große Spielräume für die einzelnen Betriebe bzw. Träger der betrieblichen Altersvorsorge – zum Beispiel beim Thema "Rentenbeginn". So kann in einer Satzung oder Versorgungsordnung geregelt sein, dass die Betriebsrente erst ab dem Zeitpunkt gezahlt wird, an dem die gesetzliche Rente als Vollrente gezahlt wird. Es kann aber auch geregelt sein, dass die Rente ab dem regulären Rentenalter oder ab 65 Jahren gezahlt wird.

Betriebsrente erst beim Bezug einer gesetzlichen Vollrente?

Etwa bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Das ist ein Big Player bei der Betriebsrente. Sie sichert den Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes eine zusätzliche Rente. In Paragraf 33 der aktuellen VBL-Satzung wird erklärt, wann die Rente beginnt: "Der Versicherungsfall tritt am Ersten des Monats ein, von dem an der Anspruch auf gesetzliche Rente wegen Alters als Vollrente bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung besteht. Der Anspruch ist durch Bescheid des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuweisen." Das heißt: Wer die gesetzliche Rente nicht als Vollrente erhält, bekommt erst gar keine VBL-Rente.

Auch etliche private Versorgungsträger haben ähnliche Regelungen. So heißt es etwa in den Antworten zu den "Frequently Asked Questions" (FAQ) des Chemiepensionsfonds: "Eine vorgezogene Altersleistung wird gewährt, wenn und solange eine Altersrente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen wird." Doch die Regelungen bei den über 1.200 Trägern der betrieblichen Altersversorgung sind höchst unterschiedlich. Theoretisch könnte sogar geregelt sein, dass die Betriebsrente beim Wechsel von der Voll- in die Teilrente nachträglich wegfällt. Hierzu regelt zum Beispiel Paragraf 41 der VBL-Satzung: "Wird die Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Eintritt des Versicherungsfalls (§ 33) als Teilrente gezahlt, wird die Betriebsrente nur in Höhe eines entsprechenden Anteils gezahlt."

Die Regelung ist insbesondere für den Fall, dass wegen des Hinzuverdienstes die Altersrente nachträglich wegfällt, also auf "Null" gestellt wird, für die Betroffenen höchst problematisch. Denn dann wird nach der VBL-Satzung auch die Betriebsrente auf "Null" gestellt. Sie wird erst wieder voll gezahlt, wenn die Rente als Vollrente gezahlt wird.

Ist unser Spezialist für alles, was mit Sozialversicherungen und Sozialleistungen zu tun hat. Er ist gelernter Sozialwissenschaftler und schreibt seit 40 Jahren Sozialratgeber, unter anderem den„Kleinen Rentengeber“. Bis Anfang 2020 hat er die Monatszeitschrift „Soziale Sicherheit“ betreut. Für biallo.de arbeitet er seit 2005.

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