Es geht zum Beispiel um erneuerbare Energien oder Künstliche Intelligenz (KI), Ernährung oder Batterietechnik: Fonds, die sich auf bestimmte Zukunftstrends konzentrieren, sind bei Anlegerinnen und Anlegern in Deutschland sehr beliebt. Was groß in Mode ist, steht aber nicht automatisch für eine gute Geldanlage: Wer mit gemanagten Themenfonds oder börsennotierten Indexfonds (ETFs) auf bestimmte Themen setzt und so Geld zum Beispiel für den Ruhestand sparen oder sein Vermögen vermehren will, trifft damit fast nie eine gute Wahl. Das zeigt eine neue Untersuchung des VZ Vermögenszentrums.
So wiesen in den vergangenen zehn Jahren gerade einmal elf Prozent der Themenfonds eine bessere Wertentwicklung auf als der bei ETF-Anlegern sehr beliebte Weltindex MSCI World, der die Kursentwicklung von etwa 1.400 Aktien von Unternehmen aus 23 Industrieländern abbildet. Wir haben für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie zusammengefasst. Hoffentlich helfen sie Ihnen, womöglich teure Fehler beim Anlegen zu vermeiden.
Wie sieht das Angebot aus?
Themenfonds boomen. Die Vermögensverwalter des VZ Vermögenszentrums zählten im Juni 2024 genau 2.694 Themenfonds, die weltweit ein Vermögen von 618 Milliarden Euro verwahrten. In Deutschland ist der Markt besonders groß: Allein 570 der gezählten Fonds mit einem Vermögen von fast 300 Milliarden Euro wurden hierzulande zugelassen, also rund jeder Fünfte. Zum Vergleich: Vor mehr als 20 Jahren gab es in Deutschland gerade einmal 45 Themenfonds. Vier von fünf der Themenfonds berücksichtigen inzwischen nach eigenen Angaben nachhaltige Kriterien bei ihrer Investmentstrategie.
Warum sind Themenfonds ein Verkaufsschlager?
Wer träumt nicht davon, quasi im Schlaf reich zu werden? Die Hoffnung auf hohe Kursgewinne, vielleicht sogar binnen weniger Monate, ist sicherlich ein Grund, weshalb Themenfonds so begehrt sind. Dies gilt vor allem für unerfahrene Anleger und Anlegerinnen, wie internationale Untersuchungen zeigen.
Es liegt aber auch an einem typischen Anlegerfehler. "Viele Privatanleger handeln intuitiv. Sie glauben, bei diesem oder jenem Thema müssten hohe Kursgewinne drin sein, weil das Thema unsere Zukunft mitprägen wird", sagt Werner Hedrich, Deutschlandchef des Vermögensverwalters Globalance Invest, der sich auf nachhaltige Anlagen spezialisiert hat. Dabei spiele häufig Selbstüberschätzung eine Rolle, "erst recht, wenn so ein Investment einmal gutgegangen ist".
In der neuen Studie heißt es dazu: Dass die Fonds vor allem auf nachhaltige Themen wie Wasser, Kreislaufwirtschaft, Ressourcenmanagement, Energie oder die Batterietechnologie setzen, "dürfte letztlich auf deren Vermarktungsstrategie zurückzuführen sein". Themenfonds übten "eine starke emotionale Anziehungskraft auf Anleger aus, denn sie haben den Vorteil, dass sie vermeintlich leicht verständlich sind und eine spannende Story erzählen. Diese Stories sind den Anlegern bekannt, wie etwa die Überalterung der Bevölkerung, der Übergang zu einer digitalen Wirtschaft oder der Siegeszug von Elektrofahrzeugen". Und weiter: "Zukunftsträume und Visionen lassen sich gut verkaufen."
Auch Vermögensverwalter Hedrich sagt: "Für das Marketing der Banken und der Anbieter sind Modethemen ideal. Wenn Themenfonds zusätzlich mit dem Label nachhaltig versehen werden, ist das für viele Menschen ein weiterer Kaufauslöser."
Biallo-Tipp: Wenn Sie mehr darüber wissen möchten, welche typischen Fehler Privatanleger oft begehen, lesen Sie unseren Ratgeber: "Zehn typische Anlagefehler, die Sie viel Geld kosten können".
Was sind die fünf größten Risiken bei Investments in Themenfonds?
- Teure Fondsschließungen: "Prognosen sind äußerst schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen." Dieses Bonmot, das schon Mark Twain, Winston Churchill und Kurt Tucholsky zugeschrieben wurde, zeigt in einem Satz das Kernproblem von Themenfonds. An der Börse wird zwar immer die Zukunft gehandelt. Jede Investition in einen Themenfonds ist aber eine besonders riskante Wette auf das, was noch in fünf oder zehn Jahren bevorsteht. Denn aus heutiger Sicht ist es überhaupt nicht absehbar, ob ein Thema wie Kryptowährungen, Wasserstoff oder sogar Künstliche Intelligenz ein Megatrend wird, der auch noch in zehn Jahren wirtschaftliche Relevanz hat.
"Die häufigen Schließungen von Themenfonds deuten jedoch darauf hin, dass viele Themen den vermeintlich sicher geglaubten Durchbruch zu einem Metatrend nicht erreichen", warnen die Autoren der Studie des Vermögenszentrums.
Tatsächlich sind die Fondschließungen ein weithin unterschätztes Risiko: So entwickelten sich viele Fonds so schlecht, dass sie schnell wieder liquidiert werden. "Über die Hälfte verschwinden innerhalb von zehn Jahren wieder vom Markt", heißt es in der Untersuchung. Das aber ist für die Anleger mit unnötigen Kosten verbunden, weil der Fonds ohnehin eine Rendite weit unter der Marktentwicklung erzielt haben (sonst würde die Fondsgesellschaft den Fonds ja nicht schließen).
Hinzu kommt: "Wenn die Fondspositionen wegen der Schließung verkauft werden müssen, sind die investierten Gelder während des Prozesses oft nicht verfügbar. Die Anleger müssen ein neues Produkt auswählen, und es fallen Transaktionskosten für den Kauf an", kritisieren die Fachleute des VZ.
- Gefährliche Auswahl: Es gibt keine Standards für Themenfonds, weder für die Definition eines Themas, noch für die Auswahl der Aktien, die zu dem gewählten Thema passen sollen. Das erschwert Anlegenden die Suche nach passenden Themenfonds. Es besteht auch das Risiko, "dass Themenfonds aufgrund deren Umsetzung nur einen schwachen Themenbezug aufweisen", heißt es in der Studie. Und weiter: "Viele Themenfonds sind zu wenig diversifiziert, weil das Anlageuniversum für spezifische Themen begrenzt ist."
Wenn aber in einem Themen-ETF nur 15 Aktien stecken, von denen fünf schon die Hälfte des Fondsvolumens ausmachen, wird der Fondsgedanke konterkariert, nämlich breit gestreut über verschiedene Länder, Branchen, Kontinente hinweg in verschiedene, attraktiv erscheinende Unternehmen anzulegen, um das Risiko zu begrenzen. Diese Begrenzung kann dazu führen, dass die Wertentwicklung eines Fonds von zwei, drei Unternehmen dominiert wird. "Dadurch haben Anleger ein Klumpenrisiko. Sie sind vom Wohl und Wehe einiger weniger Firmen abhängig", sagt Finanzexperte Hedrich. Diese Unternehmen wiederum seien bei der Auflegung des Fonds "oft viel zu hoch bewertet. Da ist viel heiße Luft drin".
- Höhere Kursschwankungen: Wegen der begrenzten Diversifizierung sind auch die Kursschwankungen größer. So wies der MSCI World über die vergangenen fünf Jahre (Stand: Juni 2024) eine Volatilität, also Schwankungsbreite, von 15,3 Prozent aus. Bei den 254 Fonds, die das VZ für den Vergleichszeitraum heranziehen konnte, schwankten die Kurse allerdings bei 209 der Fonds (82 Prozent) stärker.
- Schlechtes Timing: Fondsgesellschaften und ETF-Anbieter beobachten den Markt. Sie sehen, welche Aktien die Privatanleger gerne kaufen und was die Lieblingsthemen der Medien sind. Auf dieser Basis legen sie neue Fonds auf. Bis die neuen Produkte auf dem Markt platziert sind, ist aber meist schon das Ende des Kurshöhenflugs erreicht. Die fatale Folge: Anlegerinnen und Anleger können mit den neuen Fonds erst spät von den Trendthemen profitieren, oft erst dann, wenn der erste Hype um das Thema schon wieder abgeflaut ist. Sie kaufen ihre Fondsanteile zu hohen Kursen ein und müssen dann schlimmstenfalls zusehen, wie ihre Fonds erst einmal stetig an Wert verlieren, weil die Nachfrage nach den Fonds nachlässt. Dies bestätigt eine Studie der amerikanischen Ohio State University. Demnach büßten Themen-ETFs in den ersten fünf Jahren im Durchschnitt 30 Prozent an Wert ein.
Langfristig deutliche höhere Kurse könnte es nur dann geben, wenn das Thema wirtschaftlicher ein noch größerer Erfolg wird, als zunächst erwartet.
Beispiel Wasserstoff: Viele der Aktien, die dem Markt zugeordnet sind, verzeichneten 2020 teilweise exorbitante Kurssprünge. In den beiden Folgejahren kamen Wasserstofffonds beziehungsweise entsprechende ETFs auf den Markt, die nun eine äußerst schlechte Wertentwicklung aufweisen, weil die Aktienkurse der Unternehmen in der Wasserstoffbranche nach dem ersten Hype abgestürzt sind und teilweise nicht einmal mehr ein Zehntel ihres ursprünglichen Wertes haben.
Damit nicht genug: Viele der Trendfirmen, die an der Börse vorübergehend beliebt sind, können zwar ein paar Jahre lang rasant wachsen. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Andere Unternehmen nehmen den Newcomern Kunden weg. Und damit verlieren sie an Attraktivität an der Börse. "Bei etablierten Themen steigt das Risiko, dass einzelne Marktführer den Wettbewerb verzerren", ist dazu in der Studie zu lesen.
- Viele Dopplungen: Viele Aktien aus Themenfonds sind auch in klassischen, weltweit aufgestellten Indizes enthalten. Entwickeln sie sich gut, würden davon auch die herkömmlichen Weltindizes profitieren. Beispiel MSCI World: Die Chipaktie Nvidia steckt in dem Index bereits mit einem Anteil von mehr als vier Prozent. In Chip-Themen-ETFs kann der Anteil hingegen mit mehr als 20 Prozent völlig überdimensioniert sein. So raten die Autoren der Studie den Anlegern: "Es ist daher unbedingt zu prüfen, dass sich im Gesamtportfolio keine andere Kumulierung von einzelnen Aktien ergibt."
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Auch die Verwaltungskosten der Themenfonds sind höher als bei klassischen Fonds und ETFs. So kosten laut der Untersuchung aktiv gemanagte Themenfonds pro Jahr im Durchschnitt 1,83 Prozent an laufenden Gebühren. Bei den passiven Themen-ETFs, die einem speziellen Aktienindex folgen, sind es immerhin noch im Durchschnitt jährlich 0,51 Prozent der Anlagesumme. Hinzu kommen die Kaufkosten. Zum Vergleich: "ETFs auf den MSCI World weisen Kosten ab 0,10 Prozent aus und sind damit deutlich günstiger", schreiben die Experten.
Wie wirken sich die Kosten auf die Rendite aus?
Die oben genannten Risiken – man könnte auch von Konstruktionsfehlern sprechen – tragen dazu bei, dass Themenfonds oft schlechter abschneiden als Fonds, die weltweit quer über verschiedene Branchen und Länder investieren. Das Vermögenszentrum hat dazu erschreckend schlechte Zahlen vorgelegt: So liegen für 136 Themenfonds für die vergangenen zehn Jahre Renditezahlen vor. Ergebnis: 121 oder 89 Prozent konnten den Vergleichsindex nicht übertreffen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wiesen 84 Prozent aller Themenfonds eine Minderrendite auf und über drei Jahre sogar 99 Prozent (!!!). Nicht berücksichtigt wurde dabei, dass während der untersuchten Perioden etliche Fonds geschlossen wurden. "Der tatsächliche Anteil an Themenfonds, welche den Vergleichsindex nicht übertreffen konnten, liegt entsprechend höher", so die VZ-Vermögensverwalter.
Besser als der MSCI World schnitten über 20 Jahre hinweg nur die Fonds ab, die das Thema "Künstliche Intelligenz und Big Data" favorisierten. Eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung der Themenfonds hatten bereits andere Analysehäuser festgestellt, so die Ratingagentur Scope und das Finanzportal extra-ETF.
Fazit und Biallo-Tipp
Themenfonds eignen sich nicht für die langfristige Kapitalanlage. Wer es trotzdem riskieren will, sollte nicht mehr als fünf, höchstens zehn Prozent seines Anlagevolumens in die Nischenfonds stecken und die Themen möglichst breit auswählen. Je spezieller das Thema, desto höher das Risiko – also lieber erneuerbare Energie als nur Wasserstoff. Außerdem sollten Sie nur in Themenfonds investieren, wenn Sie trotz starker Kursschwankungen ruhig schlafen und einen Verlust des Großteils Ihres investierten Gelds verkraften können. Und bedenken Sie: Bei Themen, die bereits eine starke Renditeentwicklung hinter sich haben, sind Sie mit Ihrem Investment fast immer zu spät dran.