Steigende Zinsen , der Krieg in der Ukraine , hohe Energiepreise , eine drohende Rezession – und dazu womöglich noch ein Aufflammen der Corona-Pandemie : Für die Aktienmärkte ist das eine giftige Mischung. Nicht zuletzt hat der Deutsche Aktienindex seit Jahresanfang fast 15 Prozent verloren. Zwischenzeitlich lag das Minus sogar schon bei mehr als 20 Prozent. Zuletzt ging es aber wieder aufwärts.
Doch wie lange hält dieser Aufschwung an? Viele Anleger fragen sich, wie es in den kommenden Wochen an den Aktienmärkten weitergeht – und ob bereits der richtige Zeitpunkt erreicht ist, um einzusteigen. Biallo.de hat zusammen mit der Münchner V-Bank bei Vermögensverwaltern nachgefragt. Ergebnis: Die Anlageexperten behaupten, die Risiken, die es derzeit noch an den Börsen gibt, gelassen zu haben. Sie sind aber zum Teil auch sehr optimistisch für die weitere Entwicklung. Ihr Rat: Anleger sollten jetzt über einen schrittweisen Einstieg in die Strategie nachdenken. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wo steht der Dax am Jahresende?
Zu einer Prognose für den Deutschen Aktienindex lassen sich nur wenige Experten hinreißen. Zu groß sind die Zuverlässigkeitsfaktoren, die derzeit die Kursentwicklung beeinflussen. Einen konkreten Stand vorauszusagen sei wegen „diverser aktueller Belastungsfaktoren de facto unmöglich“, sagt etwa Nicolas Pilz, Geschäftsführer der Düsseldorfer Vermögensverwaltung Societas. Dennoch ist er optimistisch für die Entwicklung bis zum Jahresende. Er sieht „den Dax wie auch andere bekannte Indizes am Jahresende deutlich höher stehen als aktuell“.
Dax-Stände von mehr als 15.000 Punkten seien „nicht unrealistisch“, meint Pilz. Voraussetzung: Die Inflation schwächt sich ab. Damit würde auch der Druck auf die Notenbanken nachlassen, die Zinsen weiter zu erhöhen. Steigende Zinsen sind schlecht für die Aktienmärkte, weil sie alternative Anlagen wie etwa Anleihen attraktiver machen.
Ähnlich sieht es Daniel Weiß von der Vermögensbutler AG in Ditzingen. Er schätzt den Dax -Stand am Jahresende auf 13.500 bis 15.000 Punkte. Im vorliegenden Fall würde der Index demnach vom heutigen Stand aus schnell zehn Prozent zulegen, im schlimmsten Fall nur leicht fallen. Ob dies so kommt, hängt auch von der Entwicklung der Risikofaktoren ab. Ähnliches gilt für das kommende Jahr.
Wie geht es 2023 an den Aktienmärkten weiter?
Die Börsen dürften im nächsten Jahr „holprig“ werden, meint Vermögensverwalter Weiß: „Die Liste der Störfaktoren ist lang.“ So könnte sich der Ukraine-Konflikt weiter ausweiten, die Gaslieferungen aus Russland könnten völlig versiegen und die gestörten Lieferketten wegen der Corona- Die Pandemie bleibt weiterhin bestehen. Das „Zünglein an der Waage“ für den Aktienmarkt seien aber die Notenbanken, sagt der Experte.
Die Zentralbanken bekämpfen mit höheren Zinsen die Inflation. Drehen sie jedoch zu stark an der Zinsschraube, riskieren sie einen wirtschaftlichen Abschwung. Dann „wäre die Gefahr einer vorläufigen Rezession in der Eurozone durchaus gegeben“, sagt Nicolas Pilz. Für die Aktienmärkte wären dies denkbar schlechte Aussichten.
Vorstellbar ist aber auch das Gegenteil: Gelingt es, die Inflation einzudämmen, können die Notenbanken die Zinsschraube wieder lockern. Käme dann noch eine Lösung des Ukraine-Konflikts dazu, würde das den Aktienkurs „viel Auftrieb“ verschaffen, sagt Experte Pilz.
Er ist mit dieser Meinung nicht alleine: 2023 kann „wieder besser werden, wenn nicht sogar ein gutes Aktienjahr“, meint Marian Henn von der Bad Homburger Vermögensverwaltung Allington Investors. Voraussetzung sei jedoch, dass die G7-Länder eine „konsequente Wirtschaftspolitik gegen die Gefahr einer drohenden Stagflation betreiben“. Von einer Stagflation spricht man, wenn die Wirtschaft nicht wächst und gleichzeitig Inflation herrscht.