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Auf einen Blick
Viele Experten haben schon länger damit gerechnet, nun ist sie da: Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal 2023 in eine Rezession gerutscht. Die Wirtschaftsleistung – das sogenannte Bruttoinlandsprodukt (BIP) – schrumpfte in den ersten drei Monaten des Jahres laut statistischem Bundesamt um 0,3 Prozent. Es ist das zweite Mal in Folge, dass das passiert: Schon im letzten Quartal 2022 war das BIP zurückgegangen. Experten sprechen in einem solchen Fall von einer "technischen Rezession".
Gleichzeitig bleibt die Inflation in Deutschland hoch. Zwar ging die Teuerung zuletzt etwas zurück. Im April 2023 war sie aber mit 7,2 Prozent noch immer ungewöhnlich stark. Als momentanen Haupttreiber für die Inflation machen Experten die gestiegenen Material- und Lohnkosten aus, aber auch der Energiepreis-Schock vom vergangenen Jahr macht den Unternehmen weiter zu schaffen, auch wenn sich die Preise für Strom, Öl und Gas im laufenden Jahr wieder entspannt haben.
Hohe Preise, schrumpfende Wirtschaft: Diese gefährliche Kombination hat einen Namen: Stagflation. Das gab es in Deutschland bereits während der Ölkrise in den 70er Jahren. Die Situation heute weist dazu einige Parallelen auf. Doch was genau ist Stagflation? Was bedeutet sie für Unternehmen und Verbraucher? Und was sollten Sparer Anleger in einer solchen Situation tun? Biallo.de beantwortet wichtige Fragen.
Das Wort Stagflation ist eine Kombination aus den beiden Begriffen Stagnation und Inflation. Es beschreibt eine Situation, in der die Preise deutlich steigen (Inflation) und die Wirtschaft gleichzeitig nicht wächst (Stagnation) – oder sogar schrumpft. Längerfristig kann es dabei auch zu Entlassungen und steigender Arbeitslosigkeit kommen.
In den westlichen Industrieländern gab es das etwa in den 70er Jahren. Damals löste die Ölkrise – also die extreme Verteuerung von Rohöl aus dem Nahen Osten – in vielen Staaten eine Stagflation aus. In den Jahren 1973 bis 1975 lag die Inflationsrate in der damaligen Bundesrepublik mit Werten zwischen sechs und sieben Prozent auf ähnlichem Niveau wie zurzeit. Gleichzeitig ging das Wachstum in diesem Zeitraum um mehr als die Hälfte zurück, die Arbeitslosenquote vervierfachte sich. Der Rückgang der Wirtschaftsleistung war damals deutlich gravierender als heute. Die Parallelen sind aber offensichtlich – insbesondere der Hauptgrund für die wirtschaftliche Schwäche: die teure Energie.
Auslöser einer Stagflation ist in der Regel ein Angebotsschock. Das bedeutet: Das Angebot eines oder mehrerer, für die Wirtschaft wichtiger Produkte, verknappt sich plötzlich. Häufig sind es Energierohstoffe wie Öl oder Gas. In den 70er Jahren führte der Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und einigen arabischen Staaten zu einem Rückgang der Öllieferungen aus dem Nahen Osten. Heute sind es die eingeschränkten Lieferungen vor allem von Gas aus Russland.
Durch die Verknappung werden die Energierohstoffe teurer. Weil Energie jedoch ein wichtiger Einsatzfaktor für die Wirtschaft ist, müssen auch die Hersteller weiterer Produkte die Preise erhöhen. Das verstärkt die Inflation. Um die Teuerung auszugleichen, fordern Arbeitnehmer und Gewerkschaften höhere Löhne. Das treibt die Kosten für die Firmen weiter in die Höhe. Ihr Spielraum für Investitionen sinkt, für einige Produkte lohnt sich die Herstellung nicht mehr – die Produktion geht zurück. Gleichzeitig schränken Verbraucherinnen und Verbraucher wegen der hohen Preise ihren Konsum ein. Die Folge: Bei hohen Preissteigerungen stagniert oder schrumpft die Wirtschaft. Es herrscht Stagflation.
Da gehen die Meinungen der Ökonomen auseinander. Da eine Stagflation durch einen Angebotsschock ausgelöst wird, liegt es für einige Experten nahe, an der Angebotsseite der Wirtschaft anzusetzen, also bei den Unternehmen. Die Idee: Eine Entlastung der Firmen – etwa durch Steuererleichterungen – mindert den Kostendruck. Dadurch können sie auf größere Preiserhöhungen verzichten. So lässt sich die zuvor beschriebene „Lohn-Preis-Spirale“ verhindern. Die Stagflationsgefahr wäre gebannt – vorausgesetzt, die Entlastungen reichen aus, um die Firmen von Preiserhöhungen abzuhalten.
Andere Experten plädieren dafür, eine drohende Stagflation frühzeitig mit steigenden Zinsen zu bekämpfen. Eine Erhöhung der Leitzinsen durch die Notenbanken ist das gängige Mittel, um die Teuerung in den Griff zu bekommen. Das Problem: Steigen die Zinsen, schränken die Verbraucher ihren Konsum ein und sparen mehr. Gleichzeitig verteuern sich Kredite für Unternehmen. Investitionen werden schwieriger. Beides bremst die Wirtschaft in einer Phase, in der sie ohnehin schon schwächelt. Das zeichnet sich auch in Deutschland ab. Der jüngste Rückgang der Wirtschaftsleistung ist dabei vor allem auf den sinkenden Konsum zurückzuführen: Die Verbraucher gaben zuletzt weniger für Essen, Kleidung oder Autos aus.
Nimmt man die schrumpfende Wirtschaft und die steigenden Preise zusammen, dann lautet die Antwort: ja. Tatsächlich muss die Wirtschaft nach wie vor mit zwei Angebotsschocks fertig werden. Zum einen ist Energie wegen des Ukraine-Kriegs weiter teuer. Zum anderen ruckeln auch nach der Corona-Krise noch immer viele Lieferketten, die für die Produktion wichtig sind. Einige Vorprodukte und Einsatzstoffe sind deshalb weiter knapp. Das hat die Inflation schon vor dem Ukraine-Krieg angeheizt. Zuletzt waren die Teuerungsraten aber rückläufig.
Die Entwicklung der Energiepreise dürfte letztlich entscheidend dafür sein, wie es mit der Wirtschaft weiter geht. Kommt es an den Energiemärkten zu einer nachhaltigen Entspannung, sinken die Preise. Die Notenbanken müssen die Zinsen nicht weiter erhöhen. Die Gefahr einer anhaltenden Stagflation wird geringer. Umso wichtiger ist es daher für die EU-Staaten, die Abhängigkeit von Energielieferungen aus Russland zu verringern.
Eine Stagflation ist auch für Anleger und Anlegerinnen eine schwierige Situation. Wenn Sie auf Zinsprodukte wie Tages- oder Festgeld setzen, müssen Sie mit der Unsicherheit leben, dass die Notenbanken die Zinsen doch noch einmal erhöhen, um die Inflation zu bekämpfen. Im Moment deutet allerdings vieles darauf hin, dass der Zinsanstieg bald sein Ende finden könnte. Biallo.de rechnet derzeit noch mit zwei weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni und Juli. Damit könnten die Tagesgeldzinsen im Sommer in der Spitze bis zu 4,00 Prozent erreichen. Bei Festgeld mit längeren Laufzeiten könnten sogar 5,00 Prozent drin sein.
Tages- und Festgeld-Sparer sollten daher zunächst noch flexibel bleiben und einen Teil ihres Geldes auf einem gut verzinsten Tagesgeld-Konto parken. So können sie später eventuell noch höhere Zinsen mitnehmen. Das beste deutsche Tagesgeld bietet derzeit die Raiffeisenbank im Hochtaunus* (Meine Bank) mit einem Zins von 3,20 Prozent für die ersten vier Monate. Wer längerfristig auf Festgeld setzen will, sollte damit möglicherweise noch zwei, drei Monate warten. Dann könnte das Ende des Zinsanstiegs erreicht sein. Die höheren Zinsen dürften danach noch eine ganze Weile Bestand haben. Denn die EZB hat angekündigt, die Zinsen hoch zu halten, bis die Inflation wieder auf ein normales Maß geschrumpft ist.
Auch als Aktienanleger stehen Sie bei Stagflation vor einer besonderen Situation. Generell sind Aktien bei Inflation eine gute Wahl: Die Anteilsscheine sind Sachwerte, denn Sie beteiligen sich damit an einem Unternehmen, an dessen Produktionsanlagen und der Belegschaft. Das schützt normalerweise gut vor der Teuerung. Ist das wirtschaftliche Wachstum jedoch schwach oder sogar negativ, drückt das auf die Gewinne der Firmen – und diese sind entscheidend für die Höhe des Aktienkurses.
Am ehesten behaupten können sich in einer solchen Situation Firmen, die trotz schwacher Nachfrage Preissteigerungen bei den Konsumenten durchsetzen können. Experten empfehlen daher, auf Unternehmen mit „Preissetzungsmacht“ und soliden Bilanzen zu setzen. Um das Risiko dabei zu streuen, empfiehlt sich ein börsennotierter Indexfonds (ETF) mit solchen Qualitätsaktien. So investiert etwa der Xtrackers MSCI World Consumer Discretionary in rund 170 Aktien weltweiter Markenunternehmen wie McDonald’s, Nike, Sony oder Starbucks. Der iShares Dow Jones Global Titans enthält die 50 größten börsennotierten Firmen der Welt. Die beiden ETFs können in der jetzigen Phase eine gute Ergänzung für das Depot sein – als Zusatz zu ihrem Basisinvestment.
Generell jedoch sollten ETF-Anleger, die als Basis für ihr Portfolio einen weltweiten Aktien-ETF wie den MSCI World besitzen, auch in schwierigen Phasen wie einer Stagflation dabei bleiben. Wegen der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas droht eine Stagflation derzeit am ehesten den europäischen Volkswirtschaften. Weltweit dürften die Auswirkungen weniger stark sein. Eine weltweite Streuung der Aktienanlage auf 1.500 oder gar 3.000 Firmen – etwa mit einem ETF auf den weltweiten Index MSCI World oder den noch breiter aufgestellten MSCI All Country World – ist daher auch bei einer Stagflation eine gute Wahl.
Hat als Redakteur in mehreren (Wirtschafts-) Redaktionen gearbeitet – unter anderem beim Anlegermagazin Börse Online, bei der Münchner Abendzeitung, der Schwäbischen Zeitung und der Nachrichtenagentur epd. Der promovierte Ökonom schreibt vor allem über Anleger- und Verbraucherthemen. Vor seinem Wechsel zu Biallo.de war er für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung tätig.