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Auf einen Blick
Die Klimakrise ist real. Im Jahr 2024 wurde weltweit die kritische Marke von 1,5 Grad Erwärmung überschritten. Für viele ist deshalb verantwortungsvoller Konsum das Gebot der Stunde. Schaut man sich im Supermarkt, der Kosmetikindustrie oder der Modebranche um, versprechen Werbung, Slogans, Labels und Siegel eine schöne grüne Welt. Doch wie glaubhaft sind die Aussagen über Nachhaltigkeit, Energieeffizienz oder faire Produktion? Ein Wegweiser durch den Werbe-Dschungel.
Versuchen Unternehmen sich selbst oder ihre Produkte in ökologischer Hinsicht als positiver dazustellen, als sie tatsächlich sind, spricht man von Greenwashing.
Die Sonnencreme von Coty ist „ocean friendly“, das Laminat bei Toom „gut für die Umwelt“, Schuhe und Kleidung bei Deichmann und Tchibo „nachhaltig“ und der Kosmetikriese L’Oreal bewirbt sein nicht näher erläutertes „Nachhaltigkeits-Engagement“. Weil diese Aussagen „intransparent oder in nicht nachvollziehbarer Weise mit Umweltvorteilen werben“, hat die Deutsche Umwelthilfe im März gegen die fünf Unternehmen Unterlassungsklagen eingereicht. Allein seit Dezember 24 hat die Umweltorganisation 20 Unternehmen mit „ihren Werbeaussagen zu vermeintlichen Umweltvorteilen ihrer Produkte konfrontiert“. Das zeigt, wie verbreitet Greenwashing heute ist.
Beim Greenwashing handelt es sich um eine Marketingstrategie, die im Wesentlichen mit drei Methoden arbeitet:
Verbale Ebene: Auf der verbalen Ebene werden in der Werbung und auf Verpackungen ungeschützte Begriffe wie nachhaltig, klimaneutral, CO2- oder energieeffizient, natürlich, kompostierbar, aus integrierter oder regenerativer Landwirtschaft verwendet. Oftmals sind diese Schlagwörter in Grafiken integriert, die zudem den Anschein von Siegeln vermitteln. Oder es werden tatsächlich selbst kreierte oder von unseriösen Zertifizierern verliehene Siegel verwendet.
Visuelle Ebene: Subtiler und dabei weniger angreifbar funktioniert die visuelle Beeinflussung. Eine grüne Verpackung, Bilder von kristallklaren Gewässern, friedlich grasenden Nutztieren oder glücklich wirkenden Menschen bei der Ernte auf einer blühenden Obstbaumwiese erwecken den Eindruck eines ökologischen und/oder fair hergestellten Produkts, selbst wenn das nirgends explizit behauptet wird. Aber auch eine besonders schlichte Verpackung aus braunem Karton oder Packpapier soll signalisieren, es handele sich hier auch beim Inhalt um ein umweltfreundliches Produkt.
Leuchtturmprojekt: Die dritte Methode ist das „Leuchtturmprojekt“. Dabei wird ein tatsächlich klimafreundliches Produkt oder Verfahren stark beworben, um in dessen Glanz die Schatten des übrigen Geschäfts vergessen zu lassen. Gerade besonders klimaschädliche Branchen wie Energie oder Fast Fashion setzen auf diesen Effekt. Aber die „Conscious“-Kollektion von H&M oder „Primark cares“ machen aus den Textilriesen keine nachhaltigen Unternehmen.
Umso spürbarer und damit beängstigender der Klimawandel auch hierzulande wird, umso mehr werden Verbraucherinnen und Verbraucher Umweltsünder meiden und Anstrengungen für mehr Klimaschutz honorieren. Laut dem GfK Nachhaltigkeitsindex für 2022 erwarten 65 Prozent der Bevölkerung umweltfreundliches Verhalten von Unternehmen – und dieser Anteil könnte sich in Zukunft weiter erhöhen. Für die Erfolgsaussichten auf dem Markt ist ein grünes Image also von unschätzbarem Wert. Darüber hinaus lassen sich für – vermeintlich – ökologische Produkte höhere Preise erzielen. Und nicht zuletzt hofft so manches Unternehmen, dass das grüne Image auch in der Politik verfängt und vor strengeren Umweltauflagen schützt.
Die Verbrauchertäuschung der Unternehmen kann das Vertrauen in Aussagen zur Nachhaltigkeit von Herstellern und Produkten allgemein schwächen. Mitbewerbern, die tatsächlich in eine klimafreundliche Transformation investieren oder ökologische Lebensmittel produzieren, schaden die Greenwashing-Akteure damit doppelt. Denn zum einen erschleichen sie sich einen Marktvorteil durch höhere Preise bei geringeren Investitionen und zum anderen beeinträchtigen sie deren Glaubwürdigkeit. Das kann durch Frustration sowohl auf Hersteller- als auch Konsumentenseite zu einer allgemeinen Verlangsamung des nötigen Wandels zur Klimaneutralität führen.
Die Shampoo-Linie nennt sich „Hair Biology“ also „Haar Biologie“, was genau genommen gar keinen Sinn ergibt. Dennoch erweckt die kleine Vorsilbe „Bio“ des Procter & Gamble Produkts und die Ähnlichkeit mit dem deutschen „biologisch“ den Eindruck, es handle sich hier um chemiefreie Haarwaschmittel. Bei ÖKO-TEST fiel das „Full & Shining“ aber krachend als ungenügend durch. Selbst einem multinationalen Konzern mit einem Jahresgewinn von zuletzt 14,9 Mrd. US-Dollar sind also keine Tricks zu blöd, um seine Kundinnen und Kunden hinters Licht zu führen.
Tatsächlich lauert Greenwashing in so gut wie allen Konsum-Bereichen vom täglichen Bedarf über Mode und Möbel bis zu Energie, Mobilität, Reisen und Finanzen. Den mal dreisten, mal subtilen Werbelügen auf die Schliche zu kommen, ist dabei nicht leicht.
Glücklicherweise nehmen zahlreiche NGOs wie die Verbraucherzentrale, Deutsche Umwelthilfe oder Foodwatch, die Medien sowie Stiftung Warentest und ÖKO-TEST die Nachhaltigkeits-Versprechen genau unter die Lupe und decken regelmäßig Greenwashing auf. So hat die Deutsche Umwelthilfe im März vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eine Unterlassungsklage gegen Adidas gewonnen, wonach der Sportartikelhersteller mit seiner Aussage „Bis 2050 werden wir klimaneutral sein“ irreführend und unzulässig geworben hat. Neben den rechtlichen Schritten gegen undurchsichtige Umweltaussagen verleiht die Deutsche Umwelthilfe außerdem jährlich auf Basis einer Online-Abstimmung den Goldenen Geier für die dreisteste Umweltlüge. Zu den Siegern der letzten Jahre dürfen sich Nestlé, McDonalds, Shell und RWE zählen.
Sich in Medien und Internet zu informieren, ist ein wichtiger Schritt, um nicht auf Greenwashing hereinzufallen. So können auch die Unternehmens-Webseiten Aufschluss über deren Aktivitäten in Sachen ESG (Environmental, Social and Corporate Governance) geben also für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Darüber hinaus sollte man bei Einkäufen auf die Werbetricks mit unbelegten Nachhaltigkeitsaussagen, phantasievollen Umweltlabeln und viel versprechender Verpackung achten und das Kleingedruckte im Blick haben.
Bei Konsumentscheidungen können Verbraucherinnen und Verbrauchern außerdem vertrauenswürdige Siegel und Produktcheck-Apps helfen, nachhaltige Produkte zu erkennen. Die umfangreichsten Handy-Anwendungen dafür sind:
Codecheck für Lebensmittel und Kosmetik gibt die Art der Inhaltsstoffe, Klima-Score, Gütesiegel und Kundenbewertung an. Die App schwächelte aber bei Tests zuletzt in Sachen Aktualität.
ToxFox vom BUND zeigt über Suchfunktion oder Scanner von über 250.000 Kosmetik- und Körperpflegeprodukten Schadstoffe wie Allergene, Weichmacher oder Duftstoffe an.
Yuka hat rund zwei Millionen Produkte aus den Bereichen Kosmetik und Lebensmittel gelistet und bewertet sie aufgrund von Zusammensetzung und Nährwerten. Bei mangelhaften Produkten schlägt sie zudem bessere Alternativen vor.
Barcoo erkennt EAN- und QR-Codes, allerdings laut einem Test der Verbraucherzentrale nur selten von Eigenmarken. Lebensmittel werden mit einer Nährwertampel bewertet, bei Drogerieartikeln beschränken sich die Informationen meist auf die Herstellerangaben. Außerdem enthält die App Kundenkommentare sowie eine Übersicht über aktuelle Prospekte und Angebote von Händlern in der Nähe. Allerdings finanziert sich die kostenlose App mit viel Werbung.
EcoCheck bewertet Lebensmittel mit Scores zu Nachhaltigkeit und Gesundheit auf einer Scala von eins bis zehn, informiert über Klimastandards wie nachhaltigen Fischfang, empfiehlt Alternativprodukte und ermöglicht die Emissionsbilanz eines gesamten Einkaufs.
Ebenfalls hilfreich beim Einkauf von Konsumgütern sind seriöse Nachhaltigkeits-Siegel, die sich durch klar definierte hohe und öffentlich zugängliche Umweltkriterien und unabhängige Prüfinstitutionen auszeichnen. Die wichtigsten Nachhaltigkeits-Siegel sind:
Allgemeine Siegel:
Lebensmittel:
Haushaltsgeräte und Elektronik:
Kosmetik:
Mode:
Bauen und Wohnen:
Einige bekannte Siegel sind dagegen nur eingeschränkt empfehlenswert, etwa das staatliche Textil-Siegel Grüner Knopf, da es sich bislang nur auf den Produktionsprozess Färben und Nähen bezieht. Das MSC-Siegel steht in der Kritik, da es bisweilen den Fang bedrohter Fischarten wie den Granatbarsch zertifiziert und Grundschleppnetze erlaubt. Ebenfalls umstritten ist das RSPO für nachhaltiges Palmöl, das es nach Meinung vieler Fachleute gar nicht geben kann. Darüber hinaus existiert eine unübersehbare Anzahl an Siegeln und Labeln von Herstellern und Handel.
Prinzipiell sind die Bezeichnungen „Bio“ und „Öko“ in jeglicher Form geschützt. Das heißt: wo Bio draufsteht, muss auch Bio drin sein etwa bei den Eigenmarken „Edeka Bio“, dem bio-Smiley von Aldi oder K-Bio von Kaufland. Gute Wegweiser in diesem Label-Dschungel sind die Datenbanken Siegelklarheit.de und Label-online.de, die über Siegelgeber und Glaubwürdigkeit aufklären.
Mit der am 19. März 2024 in Kraft getretenen EU-Richtlinie „Empowering Consumers for the green transition“, die bis zum 27. März 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss, verschärft die EU das Gesetz gegen unlautere Geschäftspraktiken und stärkt die Verbraucherrechte. Verboten sind danach in Zukunft:
Damit wird der inflationären Verwendung des Begriffes „nachhaltig“ und allen anderen grünfärberischen Klima-Aussagen ein Riegel vorgeschoben. Ob dadurch tatsächlich Greenwashing weitgehend eingedämmt wird, bleibt abzuwarten. Der Phantasie der Werbestrategen sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt.