Ende 2021 wurde berichtet, dass Vivid seinen Kunden das Konto sperrt, wenn sie die Banking-App nicht verwenden. Was steckt für Vivid wirklich dahinter? Schließlich verabschiedet man sich nicht mal so von mehreren Hundert Kunden.
Emeshev: Um die Services in der Form anzubieten, wie wir es gerade machen, sind wir auf die Unterstützung unseres Infrastrukturpartners Solarisbank angewiesen. Jedes Konto und jede erstellte Debitkarte kostet uns dabei monatlich Geld. Nun nutzen nicht alle Kundinnen und Kunden ihr Konto aktiv.
Stellen wir also fest, dass Vivid-Nutzer längere Zeit nicht mit dem Vivid-Konto bezahlt oder auch investiert haben, benachrichtigen wir sie per E-Mail und Push-Mitteilung über die App, dass wir nun längere Zeit keine Aktivität festgestellt haben. Im besten Fall fangen Kundinnen und Kunden dann natürlich wieder an, unsere Services zu nutzen. Hier geht es auch darum zu verstehen, warum Kundinnen und Kunden beispielsweise aufhören unsere Produkte zu verwenden.
Und was sind letztlich die ausschlaggebenden Gründe für eine darauffolgende Kündigung?
Emeshev: Sollten die Kundinnen und Kunden nach einer Vielzahl von Kontaktversuchen unsererseits über Monate verteilt trotzdem keine Aktivität aufweisen, setzen wir sie in einen Stand-by-Modus. Das kann man sich wie beim Computer oder Smartphone vorstellen. Merkt der Computer, dass die Maus schon eine Weile nicht bewegt wurde, schaltet dieser Bildschirm und Co. aus. So bleibt er beispielsweise nicht die ganze Mittagspause an und verbraucht unnötig Strom, da er sowieso nicht genutzt wird.
Genauso versetzen wir auch unsere Produkte in den Schlafmodus. Konkret werden die Debitkarten deaktiviert. Der Rest wie die Pockets genannten Unterkonten mit eigener IBAN oder das in Aktien oder Krypto investierte Geld bleibt normal erhalten. Sobald Kundinnen und Kunden sich nun entschließen, wieder aktiv unsere Dienste zu nutzen, können sie sich jederzeit in die App einloggen und selbständig eine neue virtuelle oder physische Karte ausstellen.
Wie viele inaktive Kunden hat Vivid bis heute durch dieses Vorgehen verloren?
Emeshev: Wir verlieren keine Kundinnen und Kunden, da der Hauptaccount des Kontos bestehen bleibt und nicht deaktiviert wird.
Eine Möglichkeit, um Kunden, die neben anderen Konten Vivid einfach nur ausprobieren, aber nicht nutzen, abzuschrecken: die Schufa-Abfrage. Warum meldet Vivid derzeit nichts an die Schufa?
Emeshev: Die Mission von Vivid ist es, das finanzielle Leben der Kundinnen und Kunden mit unserer Finanzplattform zu vereinfachen und ihnen insbesondere den Eintritt in die Welt des Investierens näher zu bringen. Wir wollen Kundinnen und Kunden nicht abschrecken, unsere Produkte zu nutzen.
Wir kooperieren aktuell nicht mit der Schufa, da es unsere Produkte nicht voraussetzen und wir daher keinen Mehrwert darin sehen. Sollten es künftige Produkte voraussetzen, kann auch eine Kooperation mit der Schufa natürlich möglich sein.
Plant Vivid, seinen Kunden einen Dispo zu ermöglichen? Die Konkurrenz C24 bietet beispielsweise nach positiver Bonitätsprüfung einen Dispo zum aktuellen Zins von 6,99%.
Emeshev: Wir überprüfen regelmäßig, welche neuen Produkte für unsere Kunden interessant sein könnten. Kreditprodukte finden wir daher natürlich auch sehr spannend – aktuell steht jedoch noch nicht fest, in welche Richtung wir gehen wollen.
Wird Vivid sein Online-Banking zukünftig auch für Laptop, Desktop & Co. anbieten?
Emeshev: Aktuell konzentrieren wir uns bei Vivid auf die App-Version des Bankings, da sich diese am besten in den Alltag unsere Kundinnen und Kunden einfügt.
Erhalte ich ein Vivid-Konto auch als Freiberufler? Wenn nicht, ist das in Planung?
Emeshev: Jede Frau und jedermann kann bei Vivid ein privates Konto eröffnen. Es ist nicht an einen regelmäßigen Gehaltseingang gekoppelt.
Lassen Sie uns in die Glaskugel schauen! Wo sieht sich Vivid langfristig am Markt?
Emeshev: Unser Ziel ist es, mit unserer App das Leben aller Europäerinnen und Europäer einfacher zu machen – weit über das Finanzielle hinaus.
Herr Emeshev, vielen Dank für das Gespräch!