Wer sich Geld leiht, muss dafür etwas mehr wieder zurückzahlen. So haben wir das eigentlich mal gelernt. Die Differenz ist der Zins. Doch seit einigen Jahren macht sich eine neue Art der Finanzierung breit: die Null-Prozent-Finanzierung. In der Praxis handelt es sich dabei meist um einen Ratenkredit, den ein Händler gewährt. Das heißt, es gibt eine feste Laufzeit und eine fixe Ratenhöhe. Kreditzinsen – Fehlanzeige. Der Kreditnehmer zahlt also rückwirkend nur den Kaufpreis monatlich ab.
Verbraucherschützer warnen vor der Null-Prozent-Finanzierung
Mit Null-Prozent-Finanzierungen sollten Kaufinteressierte nach Ansicht von Verbraucherschützern vorsichtig sein. So heißt es etwa bei der Verbraucherzentrale Hessen: „Null-Prozent-Finanzierungen sind schnell, unüberlegt und unbürokratisch abgeschlossen: Mitarbeiter des Händlers verfolgen festgelegte Absatzziele und möglicherweise mit der Aussicht auf Provision auch eigene Interessen, wenn sie Verbrauchern den Kauf mit einer Finanzierung erleichtern wollen."
Kritisch sehen Verbraucherschützer auch, dass die Verkäufer nicht als Bankkaufleute ausgebildet sind und daher oft unzureichend in Sachen Kreditaufnahme und Risiken beraten können.
Warum bieten Händler die Null-Prozent-Finanzierung an?
Ganz klar: Es geht Händlern um die Steigerung des Umsatzes. Nach einer GfK-Untersuchung würde mehr als die Hälfte der Verbraucher auf den Kauf verzichten, wenn es nicht die Möglichkeit der Finanzierung gäbe. Besonders praktisch scheint da vielen Kunden die Null-Prozent-Finanzierung zu sein.
Diese Vorteile bietet die Null-Prozent-Finanzierung
Die Vorteile einer Null-Prozent-Finanzierung liegen auf der Hand:
- Für Anschaffungen ist zunächst keine größere Menge an Eigenkapital nötig. Anschaffungen, die eigentlich nicht ins Budget passen – vielleicht aber dringend notwendig sind – sind so möglich.
- Selbst wenn die Ersparnisse ausreichen würden, muss man so diese nicht antasten.
- Häufig ist auch Kapital im Hintergrund, auf das man nicht so schnell zugreifen kann oder will. Etwa ein alter, hoch verzinster Bausparvertrag oder aktives Festgeld, das vor einigen Jahren noch zu einem aus heutiger Sicht sehr hohen Zins abgeschlossen wurde.
- Die Kreditbeschaffung ist unkompliziert.
All das können Gründe sein, lieber auf eine Null-Prozent-Finanzierung zurückzugreifen, als nicht-liquide Mittel zu verwenden. Eine Null-Prozent-Finanzierung kann aber auch dann praktisch sein, wenn vorübergehende finanzielle Engpässe überbrückt werden sollen.
All das sind nachvollziehbare Gründe, sich für eine Finanzierung zu entscheiden. Ob die Null-Prozent-Finanzierung die günstigste Wahl ist, ist von Fall zu Fall individuell zu beurteilen.
Die Nachteile der Null-Prozent-Finanzierung überwiegen
Wie die oben angedeutete Kritik von Verbraucherschützern bereits vermuten lässt, überwiegen aus Verbrauchersicht die negativen Punkte einer Null-Prozent-Finanzierung:
- Null Prozent, aber die Ware ist überteuert. Häufig lässt sich zwar ein Produkt ohne Zinsen finanzieren. Aber was bringt das, wenn der Händler mehr verlangt als die Konkurrenz?
- Wer etwa mit einem Ratenkredit oder Autokredit in der Tasche auf Einkaufstour gehen will, kann in der Regel einen guten Rabatt herausschlagen. Der Clou: Der Kunde tritt als Barzahler auf und stärkt damit seine Verhandlungsposition. Das ist mit einer Null-Prozent-Finanzierung im Normalfall nicht möglich.
- Ein Problem ist auch: Viele Verbraucher gönnen sich Dinge, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Die Folge: Unüberlegte Anschaffungen, die Monat für Monat die Haushaltskasse belasten.
- Verstärkt wird dieser Effekt in vielen Fällen von aggressiver Werbung, die dem Kunden suggerieren soll, er könne problemlos zugreifen.
- Auch die scheinbar kleinen Monatsraten summieren sich zu einem beachtlichen Betrag. Dennoch können die vermeintlich kleinen Beträge dazu verleiten, weitere Produkte über eine Null-Prozent-Finanzierung zu kaufen. Am Ende droht die Schuldenfalle.
Diese Kostenfallen lauern bei der Null-Prozent-Finanzierung
Neben den zuvor genannten Nachteilen gesellen sich noch weitere handfeste Negativargumente dazu.
- Null-Prozent klingt günstig. Das täuscht aber oft. Unter Aufschriften wie "Restschuldversicherung", "Kreditausfallversicherung" oder "Ratenschutzversicherung" entpuppt sich die Null-Prozent-Finanzierung schnell zur teuren Falle.
- Zu einer Verteuerung kann es aber auch kommen, indem andere Zusatzkosten zutage treten. Es können etwa Gebühren für die Kontoführung erhoben werden.
- Eine andere kostspielige Folge durch die Aufnahme einer Null-Prozent-Finanzierung kann die Dispofalle sein. Denn wer durch die monatlichen Raten regelmäßig ins Minus rutscht, muss dafür zahlen. Selbst in der gegenwärtigen Mini- und Negativzinsen-Landschaft gibt es Banken, die dafür mehr als zehn Prozent Zinsen nehmen. Kundenfreundlich zeigen sich hier dagegen sogenannte Direktbanken, wie DKB, Deutsche Skatbank, SWK Bank oder 1822direkt. Aber auch einige Sparkassen und VR-Banken bieten moderate Dispozinsen.
- Aufgrund der oft nicht ausreichenden Beratung schließen Kunden immer wieder Rahmenkredite ab. Für diesen Rahmenkredit gilt dann die Null-Prozent-Finanzierung nicht, stattdessen fallen dann Zinsen in der Größenordnung des Dispos an.
- Ebenfalls ein kritisches Phänomen bei der Null-Prozent-Finanzierung ist die sogenannte Ballonrate, die gerade bei Autofinanzierungen auftritt. Endet die vereinbarte zinsfreie Laufzeit, lauert bereits eine hohe Abschlussrate. Um diese abzulösen, müssen zahlreiche Kunden einen Kredit aufnehmen.
- Kombi-Pakete sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen. Finanzierungen erfolgen dann über einen Rahmenkreditvertrag. Ist die Rückzahlung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt geschehen, greifen die hohen Zinsen des Rahmenkredits.
- Mit einer Null-Prozent-Finanzierung verlieren Verbraucher auch wesentliche Schutzrechte. So hat der Bundesgerichtshof 2014 entschieden, dass solche Kredite nicht als Verbraucherdarlehensverträge zu gelten haben. Da formal keine Zinsen gezahlt werden müssen, haben Kunden keinen Anspruch auf Verbraucherschutzrechte (Az.: XI ZR 168/13).
Ratenkredit (Autokredit) oder Null-Prozent-Finanzierung: Was ist die günstigste Wahl?
Ein Ratenkredit – beim Autokauf entsprechend ein Autokredit – ist grundsätzlich vorzuziehen. Die möglichen Kostenfallen, die bei der Null-Prozent-Finanzierung lauern, zeigen, dass diese Art der Finanzierung für Verbraucher meist nicht geeignet ist. Ratenkredite sind dagegen transparenter. Besonders jene, die bonitätsunabhängig ausgereicht werden und dennoch günstig sind. Das gilt etwa bei DKB oder ING. Aber auch regionale Anbieter wie PSD- und Sparda-Banken überzeugen.
Wenn Sie ein Auto finanzieren möchten, bietet sich ein Autokredit an. Viele Banken unterscheiden nicht zwischen Raten- und Autokredit, doch einige verlangen für den Autokredit niedrigere Zinsen. Das Risiko für Banken ist geringer, denn das Auto kann notfalls verkauft werden und damit Geld einspielen. Das ist beispielsweise bei ING und Bank of Scotland der Fall.
- Vorsicht: Bei der Bank of Scotland sind die Zinsen von der Bonität abhängig. Allerdings ist die Zinsspanne mit 1,58 bis 3,57 Prozent effektiv pro Jahr vergleichsweise gering.
Keinen Unterschied zwischen Raten- und Autokredit machen dagegen etwa Deutsche Skatbank (ab 0,97 Prozent), Sberbank Direct (ab 1,57 Prozent) und 1822 Direkt (ab 1,74 Prozent). Auch hier richtet sich die Zinshöhe nach der Bonität des Kreditnehmers.
Rechenbeispiele
Finden Sie im Ratenkredit-Vergleich von biallo.de in der Spalte "eff. Zins p.a." eine Zinsspanne, so wird der Zinssatz je nach Bonität angeboten. Mit dem Reiter "Bonität" können Sie solche Angebote ausblenden oder eben, falls Sie eine gute Bonität haben, gezielt anzeigen lassen. Bei der Deutschen Skatbank sinkt der Zins etwa bei bester Bonität auf 0,97 Prozent. Maximal werden lediglich 2,43 Prozent fällig. Bonitätsabhänig ist auch der Ratenkredit der Targobank. Der repräsentative Zins liegt bei 3,45 Prozent. Das ist jener Zins, den zwei Drittel der Kunden erhalten würden. Im ungünstigsten Fall geht es hoch auf 9,49 Prozent.
Wird ein Auto für 11.000 Euro angeboten, können Sie den Händler jedoch als Barzahler unter Umständen auf 10.000 Euro herunterhandeln. Das geht bei der Null-Prozent-Finanzierung höchstwahrscheinlich nicht. Die gut 400 Euro Zusatzkosten hätten sich dann gelohnt. Ziemlich die gleiche monatliche Rate würden Autokredite von Targobank und Deutsche Skatbank auf den Plan rufen. Überdurchschnittliche Bonität honorieren die beiden Anbieter sogar mit noch attraktiveren Konditionen.
Darauf sollten sie bei der Null-Prozent-Finanzierung achten
Mehrere Angebote einholen
Wichtig ist, dass der Händler nicht überteuert verkauft und sich damit über die Hintertür doch noch seine Zinsen holt. Prüfen Sie also die Angebote und Preise am Markt und holen Sie mehrere Angebote ein, bevor Sie sich für eine vermeintlich günstige Null-Prozent-Finanzierung entscheiden.
Vertrag genau prüfen & nachrechnen
Auch auf das Kleingedruckte kommt es an. Fallen etwa Kontoführungsgebühren an, ist Vorsicht geboten. Gleiches gilt bei angeblich notwendigen zusätzlichen Versicherungen oder Konstellationen, bei denen über Umwege doch noch saftige Zinsen fällig werden.
Selbst-Test vor Kauf
Leben Sie aber auch nicht über Ihre Verhältnisse. Denn selbst bei einer einwandfreien Null-Prozent-Finanzierung müssen Sie irgendwann den Kaufpreis vollständig gezahlt haben. Daher gilt vor jeder Finanzierung, sich ehrlich selbst zu beantworten, wie hoch die monatliche Belastung wirklich sein darf. Lassen Sie bewusst noch etwas Spielräume und planen Sie nicht zu knapp, denn Sie brauchen noch Reserven. Achten Sie außerdem darauf, dass Widerruf möglich ist. Oft ist das nämlich nicht vorgesehen.