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Ein Mietvertrag mit Familienangehörigen bietet enormes Steuersparpotential. Allerdings muss er in der Form richtig ausgestaltet sein um von allen Vorteilen profitieren zu können. Verträge unter nahen Angehörigen sind, im Gegensatz zu Verträgen unter fremden Dritten, in erster Linie nicht auf den wirtschaftlichen Austausch von Leistungen ausgerichtet, sondern auf die Erlangung steuerlicher Vorteile.
Wer zählt laut Steuerrecht zu nahen Angehörigen?
Folgende Personen gelten steuerrechtlich als nahe Angehörige (Paragraf 15 Abgabenordnung):
- Verlobte, auch im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes
- Ehegatten oder Lebenspartner (übrigens hier auch, wenn die Ehe nicht mehr besteht)
- Verwandte und Verschwägerte gerader Linie (das sind vor allem die Eltern, Kinder, Großeltern und Urgroßeltern)
- Geschwister, Kinder der Geschwister
- Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten
- Geschwister der Eltern
- Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
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Was sind die Besonderheiten von Verträgen zwischen nahen Angehörigen?
Verwandte dürfen ihre Rechtsverhältnisse untereinander derart gestalten, dass diese steuerlich möglichst günstig sind. Das Finanzamt prüft solche Verträge jedoch besonders kritisch.
Was sind die grundsätzlichen Anforderungen an Verträge mit nahen Angehörigen?
Damit die Steuervorteile anerkannt werden, müssen die Vereinbarungen laut Rechtsprechung und Finanzverwaltung einige wichtige Kriterien erfüllen:
- „Die Verträge sollten so abgeschlossen sein, wie es unter Fremden üblich ist und in schriftlicher Form“, sagt Rechtsanwalt Matthias Knörr aus Nürnberg. Nur so kann ein Prüfer feststellen, ob ein Vertrag ernsthaft gewollt und vereinbart ist. Zwar ist ein schriftlicher Vertrag in vielen Fällen keine Pflicht, aber aus Beweisgründen dringend empfehlenswert, da der Steuerpflichtige bei einem Streit mit dem Finanzamt wegen des Inhalts des Vertrags die Feststellungslast trägt. Hier ist auch daran zu denken, dass der Abschluss lediglich eines mündlichen Vertrags bereits vom Fiskus als ein Indiz gewertet werden kann, das gegen den Fremdvergleich spricht, da zwischen Fremden schriftliche Verträge als quasi obligatorisch anzusehen sind.
- Zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Vertrags unter nahen Angehörigen gehört auch, dass die tatsächliche Handhabung des Vertrags mit seinem Inhalt übereinstimmt. Im Klartext: „Die Vereinbarungen müssen in die Realität umgesetzt werden. Bei einer Vermietung sind das beispielsweise laufende Mietüberweisungen, bei einem Arbeitsverhältnis die üblichen Lohn- und Sozialabgabenzahlungen oder bei einem Darlehensnehmer die tatsächliche Tilgung und die Zinszahlungen für den Kredit“, sagt Anwalt Knörr. Gerade bei der finanziellen Abwicklung prüfen die Finanzbehörden sehr genau, dass die Abläufe wie mit einem Fremden stattfinden.
- Da es sich hier um eine wirtschaftliche Betätigung handelt, verlangt der Fiskus außerdem, dass beispielsweise bei einer Mietsache nicht nur Steuervorteile, sondern unterm Strich irgendwann auch schwarze Zahlen heraus kommen.
- Zu berücksichtigen ist zudem: Insbesondere bei Verträgen mit minderjährigen Kindern oder Enkelkindern bedarf es in einigen Fällen eines Ergänzungspflegers (vom Familiengericht), damit solche Vereinbarungen Anerkennung finden können.
Die Beachtung gesetzlicher Formvorschriften muss sein!
Ebenfalls dazu gehört in besonderem Maße die Beachtung gesetzlicher Formvorschriften. Bei unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Verträgen spricht daher bereits die Formunwirksamkeit gegen die steuerrechtliche Anerkennung (Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.02.2007, Az.: IX R 45/06). So ist eine Vereinbarung beispielsweise nicht wirksam, wenn ein zivilrechtlich vorgeschriebenes Formerfordernis nicht beachtet worden ist – eventuell die notarielle Beurkundung eines Schenkungsversprechens oder eines Grundstückskaufs.
Biallo-Lesetipp: Steuersparmodell Angehörigen-Verträge
Welche Regelungen gelten für die Vermietung an Angehörige?
Das vergünstigte Vermieten von Wohnraum an Angehörige kann sich doppelt lohnen – man spart auf der einen Seite Mietkosten und auf der anderen Seite Steuern.
Entscheidend für eine steuerliche Anerkennung ist auch hier, dass der Mietvertrag so abgeschlossen wird, wie man es auch mit einer fremden Person tun würde. So muss der Vertrag die üblichen Angaben enthalten wie Mietobjekt, Dauer des Mietverhältnisses, Mietzins und Betriebskosten, Kündigungsfristen. Am besten nimmt man sich hier einen im Handel erhältlichen offiziellen Mustermietvertrag. Das Mietverhältnis muss wie vereinbart umgesetzt werden, und Mietzins sowie Nebenkosten müssen auch tatsächlich aus den Mitteln des Mieters fließen. Grundsätzlich gilt dabei: Je mehr Abweichungen vom Üblichen zusammenkommen, desto größer ist die Gefahr, dass das Finanzamt das Mietverhältnis im Gesamten nicht anerkennt. Trotzdem darf der Fiskus nicht zu kleinlich sein.
Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil entschieden, dass nicht jede unklare und fehlende Vereinbarung im Mietvertrag automatisch zu einer Nichtanerkennung des Mietverhältnisses führt. Der Mietvertrag ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn sowohl der Angehörigen-Vertrag, als auch Fremdverträge desselben Vermieters gleichartige Mängel aufweisen.
Mietverträge mit Angehörigen: Unterschiedliche Mietpreisstufen beachten
Um als Vermieter den vollen Werbungskostenabzug (Abschreibungen, Schuldzinsen, Renovierungs- und Nebenkosten) sicher zu erhalten, gilt es regelmäßig genau die Höhe des Mietzinses im Auge zu behalten. Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Miethöhe ist übrigens die Warm- und nicht die Kaltmiete, hat der Bundesfinanzhof entschieden (Az.: IX R 44/15). Bei der Ermittlung hilft der Mietspiegel, falls vorhanden. Die Warmmiete ist die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten. Seit dem Jahr 2021 gilt die folgende Regelung:
- Beträgt die vereinbarte Miete 66 Prozent oder mehr des ortsüblichen Preisniveaus für vergleichbaren Wohnraum, so erkennt das Finanzamt ohne großes Prozedere alle Werbungskosten voll an. Eine umständliche Überschussprognose entfällt grundsätzlich.
- Neu seit 1. Januar 2021: Bei Vereinbarung einer Miete von mindestens 50 Prozent und bis zu 65 Prozent des ortsüblichen Preisniveaus ist eine volle Anerkennung der Werbungskosten möglich, wenn eine positive Totalüberschussprognose vorliegt. Die Totalüberschussprognose ist positiv, wenn bei einer Betrachtung im Vorhinein (Prognose) mit der Vermietungstätigkeit insgesamt ein Überschuss (mehr Einnahmen als Werbungskosten) zu erwarten ist. (BMF-Schreiben vom 8. Oktober 2004, BStBl 2004 I S. 933). Trifft dies jedoch nicht zu, so sind nur anteilig Werbungskosten abziehbar.
- Erst wenn die vereinbarte Miete künftig weniger als 50 Prozent der Marktmiete beträgt, geht das Finanzamt generell von einer teilentgeltlichen Vermietung aus und kürzt die Werbungskosten. Dann können Zinsen, Kosten und Abschreibungen nur anteilig zum Abzug gebracht werden.
- Auch das ist natürlich möglich: Wird die Wohnung einem Verwandten komplett unentgeltlich überlassen, kann der Vermieter auch keinerlei Werbungskosten absetzen. Das betrachtet das Finanzamt dann als reine Liebhaberei. Aber hier lauert eine Falle: „Dies könnte unter Umständen sogar dazu führen, dass eine Schenkungssteuer fällig wird“, warnt Steuerberaterin Erika Wacher.
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- Biallo-Tipp: Wenn der Mieter seine Miete nicht zahlen kann oder will, bringt das private Vermieter mit Kreditverpflichtungen schnell in finanzielle Bedrängnis. Eine Mietausfallversicherung kann hier Abhilfe schaffen.
Was ist eine Totalüberschussprognose?
Beim Erstellen einer Totalüberschussprognose muss der Vermieter theoretisch über einen Zeitraum von 30 Jahren insgesamt einen Einnahmenüberschuss erzielen – bei befristeten Mietverträgen gilt die Befristung als Zeitspanne. Fällt die Überschussprognose positiv aus, bleibt der volle Werbungskostenabzug von 100 Prozent erhalten. Führt die Prognose-Rechnung hingegen zu einem negativen Ergebnis, sind die Werbungskosten entsprechend anteilig zu kürzen.
Vermietung an Angehörige: Neue Steuerregelungen gültig ab 01. Januar 2021
Vereinbarte Miete in Höhe des ortsüblichen Niveaus |
unter 50 % |
zwischen 50 % und 65 % |
ab 66 % |
Werbungskostenabzug |
nur anteiliger Abzug möglich |
voller Abzug bei positiver Einnahmen-Überschussprognose, ansonsten nur anteilig |
immer ohne Prognose voller Abzug möglich
|
Quelle: Bundesfinanzministerium/Jahressteuergesetz 2020.
Rechenbeispiele für die Vermietung an Angehörige
Beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete für ein Appartement 700 Euro, können bei einem Mietzins von über 462 Euro die Ausgaben steuerlich immer voll geltend gemacht werden. Würde der Mietzins nur 420 Euro betragen, so würden sich bei fehlender positiver Überschussprognose die Kosten nur anteilig mit 60 Prozent steuerlich ansetzen lassen. Beträgt die Miete sogar nur 280 Euro, also nur 40 Prozent der Vergleichsmiete, dann sind die Werbungskosten auch lediglich im Verhältnis der gezahlten Miete zur ortsüblichen Marktmiete (hier nur zu 40 Prozent) berücksichtigungsfähig.
Erika Wacher rät: „Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte man derzeit die Miete so festlegen, dass sie mehr als 66 Prozent der ortsüblichen Miete beträgt. Gerade bei steigenden Mietpreisen ist darauf zu achten, die zu zahlende Miete anzupassen. Auch die rechtzeitige Mieterhöhung sollte schriftlich festgehalten werden.“
Unbedingt beachten: Der Fiskus nimmt eine anteilige Kürzung der Werbungskosten auch dann vor, wenn es aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, die vereinbarte Miete zu erhöhen, um die oben genannte Grenze (mindestens 50 Prozent) einzuhalten. Ein rechtlicher Grund für eine Mieterhöhung ist beispielsweise nicht gegeben, wenn in den vergangenen 15 Monaten bereits eine Mieterhöhung erfolgt ist (§ 558 BGB).
Eine Besonderheit müssen Vermieter berücksichtigen, die ihren Wohnraum möbliert an Verwandte überlassen. Nach einem rechtskräftigen Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom 07. Dezember 2010 (Az. 3 K 251/08) ist die ortsübliche Marktmiete um einen Möblierungszuschlag zu erhöhen. Dieser kann auf der Grundlage einer vom Zeitwert des Mobiliars und der restlichen Lebensdauer ausgehenden Abschreibung und einer vier-prozentigen Verzinsung berechnet werden.
- Biallo-Tipp: Der Abschluss eines Mietvertrages zwischen Eltern und ihrem unterhaltsberechtigten Kind über eine den Eltern gehörende Wohnung ist nach einem Urteil des BFH vom 17. Dezember 2002 (Az. IX R 58/00) kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, selbst wenn das Kind die Miete (ganz oder teilweise) aus dem von den Eltern gewährten Barunterhalt zahlt.
Biallo-Lesetipp: Weitere Vertragsformen von Angehörigen-Verträgen