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Baufinanzierung

Selbstständige und Freiberufler haben es etwas schwerer

Horst Biallo
Redakteur & Gründer
Veröffentlicht am: 06.09.2019

Auf einen Blick

  • Selbstständige oder Freiberufler, die über kein regelmäßiges oder ein schwankendes Einkommen verfügen, kommen schwerer an einen Baukredit.
  • Wir haben mit Experten gesprochen und zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen, damit es mit der Baufinanzierung klappt.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Welche Voraussetzungen muss ein Selbstständiger mitbringen?
  2. Was prüfen Banken bei Selbstständigen?
  3. Höherer Prüfungsaufwand – höherer Zins?
  4. Festzins oder doch lieber flexible Finanzierung?
  5. Hohes Eigenkapital - niedrigerer Zins?
  6. Worauf sollten Sie bei der Finanzierung sonst achten?

Sie Beamtin. Er Beamter. Jede Menge Geld auf der hohen Kante. Und die Immobilie ein wirkliches Schnäppchen. Gelegen in Düsseldorf-Oberkassel oder München-Schwabing. So stellt sich jeder Banker die idealen Kunden vor. Denen wird die Baufinanzierung praktisch nachgeworfen. Zu niedrigsten Zinsen und Sondertilgungsmöglichkeiten.
Fast 1,4 Millionen Selbstständige gibt es in Deutschland. Darunter gut verdienende Ärzte, Notare und Rechtsanwälte. Aber auch Leute, die sich als freiberufliche Kellner oder Fliesenleger bei verschiedenen Kneipen oder Unternehmen verdingen. Ihnen ist gemeinsam, dass das monatliche Einkommen von Monat zu Monat schwankt. Je nachdem, wie viele Rechnungen sie stellen können und ob das Geld dafür wirklich kommt. Oder eben nicht.

Auch diese Menschen leben lieber in den eigenen vier Wänden als zur Miete. Doch es stellt sich die Frage: Bekommen sie bei einer Bank oder Sparkasse überhaupt einen Kredit, um ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu finanzieren. Dazu haben wir vier angesehene Baufinanzierungs-Experten befragt: 

  • Eva Grunwald, verantwortlich für das Immobiliengeschäft für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank,
  • Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING*,
  • Ralf Gebhardt, Baufinanzierungs-Experte bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg*
  • Paul Reitzle, Teamleiter Baugeld Beratung bei der PSD Bank München.

 

Welche Voraussetzungen muss ein Selbstständiger mitbringen?

Reitzle (PSD BANK): "Er muss drei Jahre durchgehend selbstständig sein und die Einkünfte sollten nicht zu stark schwanken."
Die gleiche Anzahl von Jahren wie der PSD-Banker nennt sein Kollege von der Sparda-Bank Baden-Württemberg, Ralf Gebhardt.

Bei einer Neufinanzierung entscheiden wir nach einer Positivliste. Diese Personen aus Berufsgruppen wie einem Heilberuf oder aus wirtschaftswissenschaftlichen und juristischen Berufen müssen dann mindestens zwei Jahre selbstständig oder freiberuflich tätig sein. Die Dauer der Tätigkeit hängt davon ab, wie zeitnah und komplett der Antragsteller seine steuerlichen Einkommensunterlagen vorlegen kann", so Hein.

Anders sieht das Eva Grunwald von der Deutschen Bank : "Wir verlangen oder erwarten keine bestimmte Anzahl von Jahren, die ein Selbstständiger oder Freiberufler vorweisen muss. Basis ist immer die Prüfung des Einzelfalls. Die entscheidende Frage ist immer, ob ein Kunde ein Bauprojekt nachhaltig finanzieren kann."

 

Was prüfen Banken bei Selbstständigen?

Bei Angestellten und Beamten haben es die Banker relativ einfach. Das monatliche Einkommen ist schnell überprüft. Und der Blick in die letzten drei Einkommens-Bescheide zeigt schnell, wie es um die persönlichen Finanzen bestellt ist. Aber beim Selbstständigen und Freiberufler? In der Praxis geht das so:

"Wir werten die Bilanzen der letzten drei Jahre aus und sehen uns die Steuerbescheide genau an. Das ist ein höherer Aufwand von mindestens vier Stunden im Vergleich zu den Finanzierungen von Angestellten oder Beamten", sagt Reitzle. Normalerweise gibt die PSD Bank München Angestellten eine Zusage innerhalb von drei Tagen, bei Selbstständigen dauert das drei bis fünf Tage länger.

Und sein Kollege aus Stuttgart ergänzt: "Diese Prüfung ist deutlich aufwändiger und komplizierter als bei Anstellten oder Beamten und erfordert ein speziell geschultes Personal, das wir in diesem Jahr gründlich auf diese Aufgaben vorbereitet haben", so Gebhardt.

"Einen fundamentalen Unterschied gibt es", sagt Eva Grunwald von der Deutschen Bank. "Unsere Berater müssen eine finanzwirtschaftliche Analyse durchführen und das Geschäftsmodell auf seine Nachhaltigkeit hin prüfen. Das ist bei einer etablierten Arztpraxis oder Rechtsanwaltskanzlei natürlich einfacher als bei einem Start-up, das noch am Anfang steht und bei dem die zukünftige Geschäftsentwicklung abgeschätzt werden muss. Da brauchen Sie Kompetenzen im Vertrieb, um das beurteilen zu können."

Das Thema Negativzinsen ist aktuell in aller Munde. In einem ausführlichen Artikel erklären wir, wie Handwerker und Selbstständige das Verwahrentgelt vermeiden können.

 

Höherer Prüfungsaufwand – höherer Zins?

Während der PSD-Banker einen geringen Aufschlag von 0,1 Prozentpunkte auf die normalen Baufinanzierungskonditionen nennt, wollen die beiden anderen das so nicht gelten lassen.
Grunwald: "Der Preis einer Baufinanzierung, also der Zinssatz, berücksichtigt neben den allgemeinen Kreditbedingungen, wie Darlehensbetrag, Laufzeit, Tilgungssatz und Zinsfestschreibung, vorrangig die Einschätzung des individuellen Kundenrisikos. Das Risiko liegt bei Selbstständigen oder Freiberuflern nicht automatisch höher als bei einem Angestellten oder Beamten. Einen pauschalen Preisaufschlag berechnen wir daher nicht."

Auch bei der ING gibt es keinen Preisaufschlag: "Die Bearbeitung macht keinen großen Unterschied, da die Dokumentenprüfung zum Großteil voll automatisiert abläuft", erklärt Hein. "Egal, ob der Kunde fest angestellt oder eben selbstständig beziehungsweise freiberuflich tätig ist. Deshalb gibt es auch keine Auswirkungen auf den Zins. Alle unsere Kunden erhalten die gleichen Zinsangebote."

 

Festzins oder doch lieber flexible Finanzierung?

Freiberufler und Selbstständige haben oft stark schwankende Einnahmen. Sollten sie daher den Zins nicht festschreiben, um höhere Geldzuflüsse zur schnelleren Tilgung einsetzen zu können? Eher nicht, sind sich alle drei Experten einig. Darlehen ohne Zinsfestschreibung sollte man nur für eine kurzzeitige Zwischenfinanzierung nutzen.

 

Hohes Eigenkapital - niedrigerer Zins?

Je mehr Geld ein Freiberufler oder Selbstständiger mitbringt, desto geringer ist das Risiko für die finanzierende Bank oder Sparkasse. Das belohnen Geldhäuser mit einem besonders günstigen Baufinanzierungszins. In der Regel sollten 20 Prozent Eigenkapital vorhanden sein. Zudem erwartet man von ihnen, dass sie die Kaufnebenkosten von gut zehn Prozent des Kaufpreises des Hauses oder der Eigentumswohnung aus der eigenen Tasche bezahlen. Das sind:

  • Maklercourtage von bis zu sechs Prozent je nach Bundesland,
  • Grunderwerbsteuer,
  • Notarkosten und Grundbuchkosten.

Wer gut verdient und sich für ein Volltilgerdarlehen entscheidet, bei dem der Kredit in zehn, 15 oder 20 Jahren komplett getilgt ist, erhält auch bessere Konditionen als bei einem normalen Annuitätendarlehen. Und wer schließlich einen gut verdienenden Partner der Bank als zweiten Kreditnehmer präsentieren kann, verbessert weiter seine Verhandlungsposition um einen möglichst niedrigeren Zins.

 

Worauf sollten Sie bei der Finanzierung sonst achten?

Wichtigstes Kriterium bei der Immobilienfinanzierung ist natürlich die Höhe des Zinses. Müssen Selbstständige oder Freiberufler das Darlehen bei einem Neubau in Raten und nicht auf einen Schlag abrufen, sollten Bereitstellungszinsen erst nach neun oder zwölf Monaten fällig werden.
Bei Annuitätendarlehen sollte es gerade für Freiberufler und Selbstständige eine großzügige Regelung bei den Sondertilgungsmöglichkeiten geben. Fünf Prozent des Darlehensbetrages wie es die ING* ohne Zinsaufschlag anbietet, sollte das Mindeste sein. Bei der Deutschen Bank geht man noch weiter. Eva Grunwald: "Bei stärker schwankendem Einkommen kommt allen unseren Kunden entgegen, dass wir eine Sondertilgungvon bis zu zehn Prozent anbieten, um das Darlehen schneller zurückzuführen."

Über den Redakteur & Gründer Horst Biallo

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Jahrgang 1954, studierte Wirtschaft und absolvierte eine Ausbildung zum Wirtschaftsjournalisten bei der Tageszeitung Die Welt. Später machte er sich selbstständig, schrieb für Wirtschaftswoche, Stern und zahlreiche Tageszeitungen. Er ist Autor mehrerer Fachbücher, u.a. "Die geheimen deutschen Weltmeister" und "Die Doktormacher". Im Jahr 1999 gründete er das Verbraucherportal www.biallo.de, vier Jahre später www.geldsparen.de und 2009 www.biallo.at. Horst Biallo ist verheiratet und hat drei Kinder.

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