Die Immobilienpreise steigen und steigen. Laut einer Studie von Immowelt.de werden sich zum Beispiel Eigentumswohnungen in Bremen und München bis 2020 um rund 15 Prozent verteuern. In Berlin soll es 13 Prozent herauf gehen und in Düsseldorf zwölf Prozent.
Das Problem: Die Immobilienpreise steigen schneller als die Einkommen. Dadurch müssen Immobilienkäufer immer höhere Hypothekendarlehen aufnehmen, um eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu finanzieren. Die durchschnittliche Summe der Baudarlehen in Deutschland stieg laut Baukreditvermittler Dr. Klein zuletzt deutlich an: Im April 2019 nahmen die Deutschen im Schnitt 248.000 Euro auf, um ihre Immobilie zu finanzieren – ein neues Rekordhoch. Möglich wird das für viele überhaupt erst durch die extrem niedrigen Bauzinsen. 15-jährige Baukredite sind bei günstigen Anbietern derzeit schon für wenig mehr als ein Prozent Zinsen zu haben.
Eigenkapital wird immer wichtiger
Preiswerte Baudarlehen begünstigen zwar die Finanzierung, doch die hohen Kreditsummen bergen Risiken für Immobilienkäufer. Hohe Finanzierungsbeträge verteuern die Zins- und Finanzierungskosten und ziehen die Entschuldung in die Länge. Es besteht die Gefahr, dass sich bonitätsschwache Haushalte überschulden. Nicht nur deshalb sehen Banken hohe Darlehensbeträge kritisch. Um Finanzierungsrisiken zu mindern, fordern die Kreditinstitute ein gewisses Maß an Eigenkapital.
Was ist Eigenkapital?
Als Eigenkapital werden alle Finanzmittel bezeichnet, die aus dem eigenen Vermögen des Immobilienkäufers stammen und die dieser in die Finanzierung einbringt. Demgegenüber steht das Fremdkapital – also der Geldbetrag, der dem Käufer oder Bauherrn in Form eines Immobiliendarlehens zur Verfügung steht. Eine bestimmte Menge an Eigenkapital ist meist Bedingung, um überhaupt ein Darlehen vom Kreditgeber zu erhalten. Banken sehen es gern, wenn die Eigenkapitalquote der Finanzierung mindestens 20 oder 30 Prozent beträgt.
Achtung
Bei der Vergabe von Krediten orientieren sich Banken am Kaufpreis und Marktwert des zu finanzierenden Objekts. Das Haus oder die Wohnung dient als Sicherheit für die Beleihung. Nicht darin enthalten sind die Nebenkosten für Makler, Notar, Grundbuch und so weiter, sowie die Grunderwerbsteuer.
Diese machen je nach Bundesland bis zu zehn Prozent und mehr des Kaufpreises aus. Der Kreditnehmer muss die Nebenkosten bei seinen Kalkulationen berücksichtigen, da ihm entsprechend weniger Eigenkapital für die Finanzierung zur Verfügung steht.
Lesen Sie auch: Baunebenkosten - böse Fallen für Bauherren
Was zählt zum Eigenkapital?
Zum Eigenkapital zählen verschiedenste Werte, wie
- Bargeld
- Gelder auf Konten
- Aktien, Investmentfonds, Wertpapiere
- Bausparguthaben
- Schmuck, Sammlungen und Wertgegenstände
- Stille Beteiligungen
- Unternehmensbeteiligungen eigene Immobilien bereits bezahltes Baugrundstück Abtretungen und Verpfändungen
So wirkt sich das Eigenkapital auf die Finanzierung aus
Die Menge des Eigenkapitals wirkt sich auf die Zinskonditionen für das Immobiliendarlehen aus. Banken erwarten, dass der Kreditnehmer über eine bestimmte Menge an Eigenkapital verfügt. Finanziert der Kunde mit dem Darlehen nur einen Teil der Kosten, geht der Kreditgeber ein kleineres Risiko ein.
Die günstigsten Konditionen gewähren Baken deshalb, wenn das Darlehen eines Kunden nicht mehr als 60 Prozent des Beleihungswertes der Immobilie ausmacht. Bringt der Bauherr nur 20 Prozent Eigenkapital ein, liegen die Zinsen schon höher. Deutlich teurer sind Immobilienfinanzierungen mit einem Fremdkapitalanteil von 90, 100 oder – falls auch die Nebenkosten finanziert werden – mehr als 100 Prozent.
Beispiel
Die Beispielrechnung zeigt, in welchem Maße sich die Höhe des Eigenkapitals auf die Zinskosten, die Monatsrate und die Restschuld nach Zinsbindungsende auswirkt. Grundannahme ist ein Darlehen für ein Objekt, das 300.000 Euro kostet. Die Laufzeit für das Darlehen beträgt 15 Jahre, die Anfangstilgung drei Prozent.
Kaufsumme |
300.000 Euro |
300.000 Euro |
300.000 Euro |
300.000 Euro |
---|---|---|---|---|
Eigenkapitalquote |
40 % |
20 % |
10 % |
0 % |
Kreditsumme |
180.000 Euro |
240.000 Euro |
270.000 Euro |
300.000 Euro |
Eigenkapital |
120.000 Euro |
60.000 Euro |
30.000 Euro |
0 |
Sollzinssatz |
1,45 % |
1,57 % |
1,85 % |
2,22 % |
Zinsen während der Laufzeit |
29.727,10 Euro |
42.832,39 Euro |
56.516,49 Euro |
74.879,13 Euro |
Anfangstilgung |
3 % |
3% |
3% |
3% |
Monatsrate |
667,50 Euro |
914 Euro |
1.091,25 Euro |
1.305 Euro |
Restschuld nach 15 Jahren |
89.577,10 Euro |
118.312,99 Euro |
130.091,49 Euro |
139.979,13 Euro |
Vorteile einer Finanzierung mit Eigenkapital
Die Tabelle zeigt: Je höher das Eigenkapital, desto niedriger fallen der Zinssatz und die Monatsrate aus. Daraus ergibt sich wiederum die Möglichkeit, von Beginn an eine höhere Tilgung vorzunehmen, um die Restschuld schneller zurückzuzahlen und damit die Zinskosten insgesamt zu verringern.
Weiterer Vorteil:
Für den Kreditnehmer besteht das Finanzierungsrisiko über einen kürzeren Zeitraum hinweg als für jemanden, der weniger oder keine eigenen Finanzmittel einbringen kann. Sollte es für ihn einmal nicht mehr möglich sein, seine Raten weiter zu leisten und der Kreditgeber veranlasst eine Zwangsversteigerung, liegen seine Chancen, schuldenfrei aus der Finanzierung herauszukommen, höher.
Worauf Sie beim Eigenkapital achten sollten
Wichtig zu wissen: Die Zinsen vergünstigen sich mit steigendem Eigenkapital nicht geradlinig, sondern – je nach Anbieter – in Stufen. Bei welchem Prozentsatz die nächste Zinserhöhung in welcher Höhe greift, legt jeder Kreditgeber anders fest. Während bei einem Anbieter einige Tausend Euro mehr Eigenkapital eine deutliche Zinsverringerung bedeuten können, wirken sie sich eventuell bei einem anderen Kapitalgeber kaum aus.
Biallo-Tipp
Reichen die eigenen Mittel aus den verschiedenen Quellen für eine bezahlbare Baufinanzierung nicht aus, stehen Kreditinteressenten verschiedene Wege offen, diese zu erhöhen.
Möglichkeiten, um Eigenkapital zu erhöhen
Bauspar- und Kapitallebensversicherungsbeiträge
Eine alte Kapitallebensversicherung oder ein Bausparvertrag können aufgelöst und als Eigenkapital verwendet werden. Die Höhe des Sparguthabens kann man bei noch nicht zuteilungsreifen Bausparverträgen dem Kontoauszug entnehmen.
Länger bestehende Kapitallebensversicherungsverträge lassen sich zu Geld machen und die eingesparten Beiträge für die Tilgung des Immobilienkredits einsetzen. Dabei gilt, dass sich durch einen Verkauf der Police eine höhere Auszahlungssumme erzielen lässt als durch eine Kündigung. Bei Verträgen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, sind die Erträge nach einer Laufzeit von 12 Jahren steuerfrei.Erbbaugrundstücke
Wer über ein Erbbaugrundstück verfügt, kauft dieses nicht, sondern pachtet es. Er kann bis zu 99 Jahre darüber verfügen und ein Haus darauf errichten, wird aber nicht Eigentümer. Da der Bauherr das Stück Land nicht kauft, braucht er auch weniger Fremdkapital für die Immobilie und somit erhöht sich seine Eigenkapitalquote.Familiendarlehen/Verwandtendarlehen
Verleiht ein Angehöriger einem anderen Geld für den Kauf oder Bau einer Immobilie, nennt man dies Familiendarlehen. Es dient bei der Finanzierung als Eigenkapitalersatz.Achtung
Beim Familiendarlehen müssen gegebenenfalls steuerliche Aspekte beachtet werden. Nehmen es die Verwandten mit der Rückzahlung des Kredits nicht so genau oder verzichten sogar darauf, kann das Finanzamt dies als eine Schenkung bewerten.
Dann fallen unter Umständen Schenkungs- oder Erbschaftssteuer für den Kreditnehmer an. Das ist jedoch nur bei größeren Summen gegeben, da für die Vermögensübertragung innerhalb der Familie hohe Freibeträge gelten. Diese betragen beispielsweise für Kinder 400.000 Euro, für Enkel 200.000 Euro und für Nichten und Neffen 20.000 Euro.Schenkungen
Auch durch eine Schenkung lässt sich das Eigenkapital aufstocken. Dabei schließt der Schenkende zu Lebzeiten einen Vertrag mit dem Beschenkten, um ihm Vermögen oder Gegenstände zu übertragen. Bei Geldgeschenken ist keine notarielle Beurkundung notwendig und die Freibeträge sind, je näher das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Beteiligten ist, hoch.
Ein Vertrag über die Schenkung kann dann sinnvoll sein, wenn der Schenkende das Geschenk mit einem Schenkungszweck belegen will oder den Beschenkten Verpflichtungen auferlegen möchte.Eigenleistungen
Durch Eigenleistungen am Bau lassen sich die Bau- oder Renovierungskosten senken und damit erhöht sich die Eigenkapitalquote. Wenn der Bauherr selbst Arbeiten übernimmt, werden diese wie vergleichbare Leistungen eines Handwerkers bewertet. Dieser Wert fließt als Eigenkapitalersatz in die Berechnung der Eigenkapitalquote ein.
- Biallo-Tipp: Eigenleistungen empfehlen sich nur für Personen, die über handwerkliches Geschick und entsprechende Erfahrungen verfügen. Zu groß ist sonst die Gefahr, dass es zu Bauverzögerungen und damit verbundenen Kosten kommt oder letztendlich doch ein Profihandwerker beauftragt werden muss, um die durch Eigenleistungen entstandenen Mängel zu beheben.
-
Eigenkapital ansparen
Wer den Immobilienerwerb langfristig plant, kann vorab einen hohen Eigenkapitalanteil selbst ansparen. Sind bis zum Kaufzeitpunkt noch etwa zehn Jahre Zeit, empfehlen sich dafür chancenreiche Aktienfonds und Aktien-ETFs. Vor allem global anlegende Fonds mit breiter Kapitalstreuung überzeugen langfristig mit überdurchschnittlichen Renditen. Laut der jüngsten Auswertung des Fondsverband BVI erzielten global anlegende Aktienfonds in den vergangenen zehn Jahren 10,3 Prozent Rendite. Noch bessere Resultate sind unter Umständen mit Aktien-ETFs zu erzielen. Hier profitieren Anleger von sehr geringen Kaufkosten und Fondsgebühren, was die Gewinnchance erhöht.Muss das Eigenkapital peu á peu aufgebaut werden, sollten Sie auf Fondssparpläne setzen. Insbesondere ETF-Sparpläne sind eine ideale Anlageform für den langfristigen Kapitalaufbau. Viele Banken ermöglichen, dank langfristiger Rabatt-Aktionen, jede Menge Ordergeld zu sparen. Sparplan-Sparer genießen darüber hinaus den Vorteil des Cost-Average-Effekts.Dass Sie mit ETF-Sparplänen einen hohen Eigenkapitalbetrag ansparen können, zeigt folgende Beispielrechnung: Zahlen Sie zehn Jahre lang jeden Monat 500 Euro in einen ETF auf den MSCI-World ein, besitzen Sie bei einer Durchschnittsrendite von sieben Prozent am Ende rund 86.000 Euro Eigenkapital. Damit dürfte der Grundstein für Ihre Immobilie gelegt sein.
Finanzierung ohne Eigenkapital
Viele Banken ermöglichen auch eine Finanzierung bis zu 100 Prozent des Kaufpreises. Und aufgrund des allgemein niedrigen Zinsniveaus könnten sich auch mehr Kreditinteressenten eine solche leisten als in Zeiten höherer Zinsen.
Trotzdem ist zu beachten: Wer noch kein Eigenkapital für die Immobilie ansammeln konnte, finanziert riskanter, denn die Rückzahlung des Darlehens dauert länger. Nach Ablauf der Zinsbindungszeit liegt die Restschuld noch vergleichsweise hoch und der Darlehensnehmer muss, bei dann eventuell gestiegenen Zinsen, die Monatsrate der Anschlussfinanzierung stemmen können.
Diese Gefahr lässt sich nur verringern, indem die Tilgungsrate beim Ursprungsdarlehen entsprechend erhöht wird. Dadurch steigt jedoch wiederum die Monatsrate an. Aufgrund dieser Risiken vergeben Banken Vollfinanzierungen nur an Kunden mit sehr sicherem und gutem Einkommen sowie tadellosem Schufa-Score.
Achtung
Nimmt der Kreditnehmer ein Immobiliendarlehen über 100 Prozent des Objekts auf, benötigt er trotzdem genügend Eigenkapital für die Kaufnebenkosten. Zwar finanzieren manche Banken auch noch diese Kosten, indem sie eine sogenannte 110-Prozent-Finanzierung vergeben. Dann liegen die Zinsen jedoch auch entsprechend höher und die Anforderungen an die Bonität des Kunden und die Werthaltigkeit der Immobilie steigen noch einmal.