


Auf einen Blick
Des einen Freud, des anderen Leid: Zwangsversteigerungen sind eine Möglichkeit für Immobilieninteressenten, jenseits der üblichen Wege günstig Wohnraum zu erwerben. Die Besonderheiten: Der Verkäufer bietet die Immobilie nicht freiwillig an, und der Kauf erfolgt vor Gericht. Der Erwerber oder die Erwerberin kann hier in der Regel günstiger kaufen, muss aber auf einige Risikofaktoren achten.
Ganz simpel gesagt gibt es zwei Arten von Versteigerungen. Die bekannteste Form ist die Zwangsversteigerung. Eine andere Form ist die Teilungsversteigerung. Versteigert werden können Häuser oder Wohnungen, aber auch Grundstücke, Gewerbeimmobilien oder Sondereigentum wie beispielsweise Garagen. Angeboten und vermarktet werden die Objekte von Auktionatoren beim Amtsgericht. Diese fertigen für die zu versteigernde Immobilie Wertgutachten an und schlagen auf dieser Basis ein Mindestgebot vor. Das Mindestgebot eröffnet die Auktion und Bieter können in bestimmten Geldbetrags-Schritten – etwa 200, 1.000 oder 2.500 Euro – jeweils einen höheren Betrag bieten. Die genauen Sprünge legt der Versteigerer fest. Angaben dazu bieten vorab veröffentlichte Unterlagen. Der oder die Höchstbietende erhält den Zuschlag.
Die Ursachen für eine Zwangsversteigerung und für eine Teilungsversteigerung sind unterschiedlich.
Für eine Zwangsversteigerung ist immer der Hauptgrund , dass die Immobilie für den Eigentümer oder die Eigentümerin nicht mehr finanziell tragbar ist. Aber nicht nur das: Auch der Kreditgeber – egal ob Privatperson oder Bank – fürchtet finanzielle Verluste und beantragt deshalb eine Zwangsversteigerung vor dem Amtsgericht.
Bei der Teilungsversteigerung liegen ganz andere Hauptursachen vor. Hier kommt es zu Streitigkeiten unter Immobilienpartnern, sodass die Sache vor Gericht landet. Die Unstimmigkeiten können dabei ganz unterschiedliche Gründe haben. Zum Beispiel kann bei einer Erbengemeinschaft oftmals keine finanzielle Einigung erzielt werden, ohne dass die Immobilie versteigert wird. Ebenso bei einem Ehepaar nach der Scheidung. Hier ist fast immer ein Streit um die Nutzung der Immobilie das Hauptmotiv, mit der Folge, dass einer der Partner den Weg zum Gericht sucht. Jedoch würden einem herkömmlichen Immobilienverkauf alle Partner besser dastehen als durch den nicht vorhersehbaren Ausgang einer Versteigerung.
Wenn Sie sich für Immobilienversteigerungen interessieren, halten zahlreiche Medien Informationen für Sie vor. Zunächst einmal sind Informationen beim Amtsgericht über öffentliche Aushänge einsehbar. Ebenso werden Zwangsversteigerungen im jeweiligen Amtsblatt veröffentlicht. Aber auch der regelmäßig veröffentlichte Versteigerungskalender der Ratinger Argetra GmbH – informiert zu Versteigerungsterminen.
Eine weitere Alternative hierzu sind die Veröffentlichungen praktisch aller Versteigerungen unter der Seite www.zvg-portal.de. Auch unter www.zwangsversteigerung.de oder www.zvg.com finden Sie die Termine und Objektbeschreibungen.
Merken Sie sich das aufgeführte Aktenzeichen – dies ist wichtig, um an die detaillierten Unterlagen beim Amtsgericht zu kommen.
Haben Sie ein für Sie interessantes Objekt gefunden, geht es an die Detailarbeit und Sie sollten sich ausführlich über die Immobilie informieren. Entsprechende Daten zum Objekt enthält im Idealfall die Versteigerungsakte, in welche Sie als Interessent über den Rechtspfleger beim Amtsgericht Einsicht bekommen, wenn Sie das entsprechende Aktenzeichen nennen.
Eine zu versteigernde Immobilie muss zunächst einmal begutachtet werden, um letztendlich auch einen Preisrahmen abzustecken. Hierzu wird beim Amtsgericht für die entsprechende Immobilie eine Fallakte (Exposé) angelegt, die folgende Bestandteile enthält:
Der Akte lässt sich auch entnehmen, ob der bisherige Eigentümer den Gutachter ins Haus gelassen hat. Dieser vergleicht dann die Objektbeschreibung mit der Innen- und Außenausstattung der Immobilie. Das ist wichtig bei der Einschätzung des Verkehrswerts – der Wert, den das Objekt beim freien Verkauf auf dem Markt erzielen würde. Denn wenn der Gutachter oder die Gutachterin die Immobilie nicht besichtigen konnte, ist auf den Verkehrswert nicht immer Verlass. Ohnehin können die geschätzten Werte je nach Gutachter auch unterschiedlich ausfallen. Und: Eine Korrelation zu tatsächlichen Marktwerten vergleichbarer Immobilien weisen die gutachterlich ermittelten Verkehrswerte häufig nicht auf – das ergab eine Erhebung der Universität Regensburg. Das kann auch dadurch verursacht sein, dass zwischen Gutachtertermin und Versteigerung manchmal Jahre liegen.
Aufpassen sollten Interessierte, wenn der Gutachtertermin zu lange zurückliegt. Denn im Umkehrschluss heißt ein jahrelanges Verfahren vor Gericht auch immer, dass sich der Zustand der Immobilie womöglich deutlich verschlechtert hat.
Der Versteigerungsakte liegt in der Regel auch ein Grundbuchauszug bei, aus dem sich ersehen lässt, welche Rechte (Grundschulden oder Hypotheken) und Lasten (zum Beispiel Wohnrechte, Wegerechte oder Ähnliches) auf dem Grundstück liegen.
Es ist eine Fehlannahme, dass Grundschulden automatisch nach der Zwangsversteigerung erlöschen. Sind Grundschulden aufgeführt, stellt sich die Frage, welche nach der Versteigerung noch bestehen, sodass der Käufer oder die Käuferin sie bedienen muss. Ob die Grundschulden bestehen bleiben, hängt davon ab, wer die Versteigerung betreibt. Ist dies nur der erstrangige Grundbuchgläubiger, muss der Ersteher keine Rechte aus dem Grundbuch übernehmen. Hier gilt der Deckungsgrundsatz, dass der Erlös mindestens die Ansprüche des erstrangigen Gläubigers abdecken muss. Betreibt hingegen der zweitrangige Gläubiger das Verfahren, bleibt das erste Recht bestehen, und der Bietende muss die Restschuld dieser Grundschuld bei Zuschlag ablösen. Hat ein Gläubiger das Verfahren aufgrund einer persönlichen Forderung eingeleitet, muss der Ersteher alle eingetragenen Grundbuchbelastungen übernehmen. Beim Versteigerungstermin wird dieser Sachverhalt vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vor Gericht stets ausführlich erläutert.
Kniffliger ist die Situation, wenn ein Wohnrecht eingeräumt ist. In der Regel erlischt dies mit der Zwangsversteigerung, aber nicht immer. Es kommt darauf an, in welchem Rang das Wohnrecht steht. Meistens steht dies im Rang hinter der finanzierenden Bank, dann verfällt das Wohnrecht. Ob ein Wertausgleich hierfür zu zahlen ist, hängt vom Einzelfall ab. Die finanzierende Bank wird diesen Sachverhalt genau überprüfen, da sie kein Darlehen mit einem erhöhten Risiko vergeben möchte.
Haben Sie alle Unterlagen eingesehen und/oder kopiert, so steht vor der Immobilienversteigerung noch ein zentraler Punkt an: ein Besichtigungstermin. Die Möglichkeit zur Besichtigung der Immobilie sollten Sie als Interessent oder Interessentin unbedingt wahrnehmen. Denn: Ist der Zuschlag erteilt, gilt "gekauft, wie es steht und liegt, gesehen oder nicht gesehen".
Bei der Besichtigung sollten Sie das Objekt auf Herz und Nieren überprüfen. Wenn Sie sich mit bautechnischen Mängeln nicht auskennen, sollten Sie einen Architekten oder Bauingenieur zurate ziehen. Vor einer Versteigerung gibt es in der Regel mehrere Besichtigungstermine. Ausnahme: Das Objekt wird noch von einem Mieter bewohnt, dann ist manchmal eine Besichtigung nicht möglich. Ansprechpartner für Besichtigungen sind in diesem Fall die Gläubiger, da diese ein Interesse daran haben, das Objekt gut zu versteigern.
Im nächsten Schritt steht dann der Versteigerungstermin an. Beim Versteigerungstermin kann jeder mitbieten, der sich mit seinem Personalausweis registrieren lässt und eine Sicherheitsleistung in Höhe von zehn Prozent des Verkehrswertes nachweist. Die Sicherheitsleistung kann durch eine Bankbürgschaft, einen Bankscheck oder durch rechtzeitige Überweisung an das Gericht geschehen. Mit dem Aufruf zur Sache beginnt dann der Biettermin. Der Biettermin dauert etwa ein bis zwei Stunden, die reine Bietzeit davon mindestens 30 Minuten. Im Bekanntmachungsteil verliest der Rechtspfleger noch einmal die Versteigerungsakte mit den Versteigerungsbedingungen. Während der Bieterstunde erfahren die Interessenten die Ersteigerungsgrenzen, die 5/10 und 7/10 des Verkehrswerts entsprechen, sowie das geringste Gebot. Dies ist quasi der Ausgangspunkt für das Bieten. Anschließend kann geboten werden.
Fragen Sie beim Amtsgericht ein bis zwei Tage vor dem Versteigerungstermin nach, ob der Termin wirklich stattfindet. Manchmal findet sich noch fünf vor zwölf eine Finanzierungslösung für das Objekt, so dass der Termin aufgehoben wird, oder es geschieht eine Terminverschiebung auf Bestreben des Amtsgerichts.
Die 5/10- beziehungsweise 7/10-Regelung besagt Folgendes: Beim ersten Versteigerungstermin erhält das letzte Gebot keinen Zuschlag, wenn nicht die Summe mindestens 50 Prozent des geschätzten Verkehrswerts der Immobilie erreicht. Eine Versteigerung bis zu 70 Prozent des Verkehrswerts kann der Verkäufer ablehnen. Überschreitet kein Bieter die 70-Prozent-Grenze, so gibt es einen zweiten Termin vor Gericht. Beim zweiten Termin muss die 50-Prozent-Grenze dann nicht mehr eingehalten werden. Wirklich gute Immobilien gehen nicht selten beim ersten Termin schon weg. Bedingt durch das zunehmende Interesse an zwangsversteigerten Immobilien, ist es schwierig, noch an günstige Immobilien zu kommen.
Überschreitet das Höchstgebot die entsprechenden Wertgrenzen, erhält der Bieter vom Gericht den Zuschlag und die Immobilie geht sofort an ihn über. Möglich ist gerade ab dem zweiten Termin, dass der Gläubiger sich noch besprechen muss, ob er das Angebot annimmt. Dies sollte dann kurzfristig möglich sein. Eine Besonderheit bei der Zwangsversteigerung ist, dass der Ersteher sofort Eigentümer oder Eigentümerin wird und nicht erst nach dem Grundbucheintrag.
Eine gute Bietstrategie ist, sich eine krumme Summe als Höchstgrenze zu setzen, also nicht 300.000 Euro, sondern 308.000 Euro. Und: Nicht immer in gleichen Schritten bieten, sondern beispielsweise mal in 1.000 Euro, dann in 3.000 Euro Schritten, dann ist es schwer für Mitbieter Ihre Schmerzgrenze zu erkennen.
Bei einer Zwangsversteigerung fällt keine Maklerprovision an, dafür jedoch eine Gerichtsgebühr. Nach dem Gerichtskostengesetz muss eine halbe Gebühr gezahlt werden, dies ist beispielsweise bei 200.000 Euro ein Betrag von 873 Euro. Außerdem fallen noch vier Prozent Zinsen pro Jahr an, vom Zeitpunkt des Zuschlags bis zur Zahlung des Gebots – maximal acht Wochen nach dem Zuschlag. Allerdings kann die Zinszahlung reduziert werden, wenn die Zinsen sofort nach Zuschlag gezahlt werden. Ansonsten fallen alle Kosten an, die auch bei einem normalen Immobilienkauf gezahlt werden müssen – also die Grunderwerbsteuer und die Gebühren für den Notar und die Eintragungen im Grundbuch. Weitere Kosten können entstehen, wenn der Alteigentümer nicht auszieht – dann fallen noch Kosten für die Räumungsvollstreckung an. Ob Sie diese dann vom Alteigentümer wieder beschaffen können, hängt vom Einzelfall ab. Voraussetzung für die Vorgehensweise ist Eigenbedarf. Einkalkulieren müssen Sie meist auch die Kosten für Bauexperten, selbst dann, wenn bei Ihnen kein Interesse an einer Ersteigerung mehr besteht.
Lesetipp: Immer wieder gibt es Streit zwischen Vermietern und Mietern um die Themen Mieterhöhung, Eigenbedarf und Endrenovierung. In welchem Rahmen ist eine Mieterhöhung erlaubt, wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf möglich und welche Pflichten haben Mietern bei der Wohnungsübergabe? Vermieter und Mieter sollten Ihre Rechte und Pflichten genau kennen.
Ein wichtiger Aspekt bei der Versteigerung ist natürlich die Finanzierung. Diese muss geklärt sein, bevor Sie sich in das Getümmel vor Gericht stürzen. Daher ist der Weg zur Bank unerlässlich. So ist sichergestellt, welche Immobilie über eine Versteigerung für Sie darstellbar ist. Das heißt im Umkehrschluss: Die Beratungen mit dem Kreditinstitut legen auch Ihr persönliches – noch finanzierbares – Kaufpreislimit vor Gericht fest.
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