Wie wird das Erbe aufgeteilt?
Bei einer gütlichen Einigung schließen die Miterben einen Auseinandersetzungsvertrag, dem alle Miterben zustimmen müssen. „Es ist ratsam, diese Auseinandersetzung des Nachlasses so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass Mitglieder der Erbengemeinschaft ihrerseits versterben, deren Erbteil wiederum weitervererbt und die ursprüngliche Erbengemeinschaft so mit immer mehr und neuen Mitgliedern konfrontiert wird“, sagt Rechtsanwalt Wacher.
Wie regelt man eine Auseinandersetzung unter der Erbengemeinschaft?
Ist allerdings eine friedliche Einigung unter den Miterben nicht möglich, steht nicht selten der ganze oder ein Großteil des Nachlasses auf dem Spiel. Bei juristischen Auseinandersetzungen ist jedoch immer zu bedenken, dass Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren jeder Miterbe zunächst aus seiner eigenen Tasche bezahlen muss, da ja das Erbe noch nicht realisiert ist. Und wie viel hinterher tatsächlich übrig bleibt, lässt sich zu Anfang einer gerichtlichen Erbauseinandersetzung oft schwer abschätzen.
Maßgebend für die Teilung des Nachlasses unter den Miterben sind in erster Linie die Anordnungen des Verstorbenen (§ 2048 BGB). Hat der Erblasser in seinem Testament keine Teilungsanordnung verfügt, müssen sich die Erben selbst einigen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, gelten die gesetzlichen Regelungen. Danach sind zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu bereinigen. Zu diesem Zweck ist der Nachlass, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass der Verkauf einer Immobilie unvermeidlich ist. Der Überschuss aus dem Verkauf ist dann im Verhältnis der Erbquoten zu teilen.
Was ist eine Teilungsanordnung?
Der Erblasser kann in seiner Verfügung auch Teilungsanordnungen vorgeben, zum Beispiel wie das Immobilienvermögen zu trennen ist oder dass die Auseinandersetzung des Nachlasses auf einen späteren von ihm auch genau genannten Zeitpunkt verschoben wird. Allerdings höchstens für 30 Jahre (§ 2044 Abs. 2 BGB). Das Teilungsverbot wird nämlich unwirksam, wenn 30 Jahre nach Eintritt des Erbfalls verstrichen sind. „Teilungsanordnungen des Erblassers sind jedoch für die Erbengemeinschaft nicht zwingend bindend“, sagt Rechtsanwalt Wacher. „Wenn sich alle einig sind, dürfen sie sich auch darüber hinwegsetzen.“
Grundsätzlich darf jeder Miterbe zu jeder Zeit die Auseinandersetzung – also die Teilung des Nachlasses – verlangen (§§ 2042 – 2045 BGB). Dieses Recht kann für eine bestimmte Zeit auch ausgeschlossen sein, wenn
- die Erbteile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben unbestimmt sind
- der Erblasser durch letztwillige Verfügung sie ganz oder hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände ausgeschlossen hat
- ein Miterbe es wegen eines Aufgebotsverfahrens zur Ermittlung unbekannter Nachlassgläubiger verlangt.
Die beste Vorbeugemaßnahme, Streit um die Immobilienverwertung zu vermeiden, liegt mit einem Testament in der Hand des Erblassers.
Nachträglicher Ausgleich von früheren Zuwendungen
Hat der Verstorbene zu Lebzeiten einem der Abkömmlinge – zum Beispiel einem seiner beiden Kinder – bereits Geld oder ein Grundstück zukommen lassen, etwa anlässlich einer Hochzeit oder eines Hausbaus, so kann es sich rechtlich gesehen um eine „Ausstattung“ handeln. Diese muss später bei der Erbteilung ausgeglichen werden. Dabei ist auch der durch Inflation bis zum Todesfall eingetretene Kaufkraftschwund zu berücksichtigen. Einfaches Rechenbeispiel bei zwei gleichen Erben: Beträgt der aktuelle Nachlass 100.000 Euro und hat eines der Kinder wegen der früheren Hausausstattung einen (inflationsbereinigten) Betrag von 50.000 Euro auszugleichen, so wird ein sogenannter Ausgleichungsnachlass aus dem Nachlasswert und dem Ausgleichungswert gebildet. Die Ausgleichung berechnet sich dann wie folgt: Der Nachlass in Höhe von 100.000 Euro plus die Ausstattung in Höhe von 50.000 Euro ergeben einen Ausgleichungsnachlass in Höhe von 150.000 Euro. Hiervon würde eigentlich jedes Kind die Hälfte erhalten, also 75.000 Euro. Da nun das mit der Ausstattung bedachte Kind bereits 50.000 Euro bekommen hatte, bleiben für ihn statt 75.000 nur 25.000 Euro. Der andere Erbe erhält hingegen 75.000 Euro. Unter dem Strich haben dann beide Erben vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten und von Todes wegen genau dasselbe bekommen.
Nachträglicher Ausgleich für frühere Pflege des Erblassers
Kinder oder Enkel, die ihre Eltern beziehungsweise Großeltern gepflegt haben, können mehr erben als andere Verwandte, denn Pflege bringt Erbansprüche. Hat einer der Miterben den Erblasser gepflegt, so erhält er dafür aber nur dann einen Ausgleich, wenn diese Pflege unter Verzicht auf eigenes berufliches Einkommen erfolgte. Erforderlich ist weiter, dass er durch die Pflege in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann ist für die Pflegeleistungen eine Ausgleichung festzulegen. Nach dem Gesetz sind hierbei die Dauer der Pflege, der Umfang der Pflege und der Wert des Nachlasses nach Billigkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen.
Einfaches Rechenbeispiel: Angenommen, der Nachlass hätte einen Wert von 100.000 Euro und der Wert der Pflegeleistungen würde 75.000 Euro betragen. Sind zwei gesetzliche Miterben zu je einem halben Erbanteil vorhanden, erhält der pflegende Erbe vorab 75.000 Euro und von den verbleibenden 25.000 die Hälfte, also 12.500 Euro. Der „pflegende“ Erbe erhält dann insgesamt 87.500 Euro, während für den Erben, der nicht gepflegt hat, nur 12.500 Euro bleiben.
- Übrigens: Eine Ausgleichungssumme kann auch festgelegt werden für die Mitarbeit eines Kindes im Haushalt oder im Geschäft des Verstorbenen.
Unbekannter Erbe
Ist einer der Miterben momentan nicht auffindbar, verzögert das die Erbauseinandersetzung. Bis der fehlende Erbe ausfindig gemacht wird, können die anderen Erben beim Amtsgericht per Antrag einen Abwesenheitspfleger bestellen lassen, der bei der Auseinandersetzung mitwirkt und die Interessen dieses Miterben wahrnimmt (§ 1911 BGB).
Auflösung der Erbengemeinschaft?
Grundsätzlich sind die Erben nicht gezwungen, die Erbengemeinschaft aufzulösen. Sie können als Gesamthandsgemeinschaft auch am gemeinschaftlichen Eigentum und der gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses festhalten. Stirbt einer der Miterben, so geht sein Miterbenanteil auf seine Erben über, die dann gemeinsam seine Miterbenstellung in der Erbengemeinschaft übernehmen und gleichzeitig untereinander eine neue andere Erbengemeinschaft bilden.
Wie komme ich schneller an meinen Erbteil?
Will ein Erbe das Ende der Auseinandersetzung nicht abwarten, hat er grundsätzlich drei Möglichkeiten, rascher an sein Geld zu kommen:
- Den Erbteil von den Miterben auszahlen lassen
- Den Erbteil an einen Außenstehenden verkaufen
- Der Erbengemeinschaft die Versteigerung des Nachlasses androhen
Auszahlung des Erbteils
Möchte ein Erbe das gemeinsam geerbte Haus behalten, während die anderen nicht an der Immobilie selbst, sondern lediglich an deren Wert interessiert sind, so gibt es die Möglichkeit eines Auseinandersetzungsvertrags. In dieser gemeinsamen Vereinbarung werden die Nachlassgegenstände jedem einzelnen Miterben zugewiesen. Der Auseinandersetzungsvertrag stellt den Regelfall der Teilung des Nachlasses dar.
Ein Beispiel: Die drei Kinder Adam, Bertha und Chris haben gemeinsam ein Haus mit Grundstück im Wert von 500.000 Euro geerbt. Die Immobilie ist noch mit einer Hypothek von 200.000 Euro belastet. Bertha möchte gerne das Haus behalten und dort einziehen, die beiden Brüder möchten es lieber verkaufen und den Erlös anderweitig für ihr Leben nutzen. In dem Auseinandersetzungsvertrag wird nun festgelegt, dass Bertha das Haus bekommt und sich im Gegenzug dazu verpflichtet, die Hypothek in Höhe von 200.000 Euro zu übernehmen und gleichzeitig Adam und Chris den Rest ihres Anteils von je 100.000 Euro auszuzahlen.
Normalerweise ist so ein Auseinandersetzungsvertrag nicht an eine bestimmte Form gebunden, außer er beinhaltet Vereinbarungen, die zwingend eine entsprechende Form vorschreiben, wie zum Beispiel im Falle von Grundstücken (§ 313 BGB) oder bei der Übertragung von GmbH-Anteilen. Im Beispielfall muss der Auseinandersetzungsvertrag insgesamt vor dem Notar abgeschlossen und beurkundet werden.
Wird unter den Miterben kein Kompromiss erzielt, beispielsweise über die Höhe des Abfindungsbetrages, kann jeder Miterbe das Nachlassgericht anrufen und um Vermittlung bitten. Verbindlich ist der Auseinandersetzungsplan aber nur dann, wenn alle Beteiligten dem Vermittlungsversuch des Nachlassgerichts zustimmen. Tun sie das, erhält der Auseinandersetzungsplan Rechtskraft und ist für alle verbindlich. Die Kosten des Verfahrens tragen die Erben gemeinsam. Schlägt die Vermittlungsaktion des Gerichts fehl, schaukelt sich die Angelegenheit immer höher und verschlingt weitere Gerichts- und Anwaltskosten. Unabhängig von diesem Vermittlungsverfahren können ein oder mehrere Erben, die den Auseinandersetzungsplan bejahen, Klage vor dem Zivilgericht auf Zustimmung gegen einen oder mehrere Miterben erheben. Gemäß Paragraf 894 Zivilprozessordnung ersetzt das Urteil dann die fehlende Zustimmung des Erben.