400 Milliarden Euro. So viel erben die Deutschen Jahr für Jahr. Von dieser Zahl geht eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Hans-Böckler-Stiftung aus. In der Untersuchung rechnen die Autoren dies für 70-Jährige durch.
Diese hatten 2012 etwa 1,31 Billionen Euro. Durch weiteres Sparen soll das Vermögen weiter wachsen. 2027 hätte diese Gruppe demnach bereits knapp 1,7 Billionen Euro. Wie viele jedoch davon ihren Verwandten nichts zukommen lassen möchten, steht nicht drin. Klar ist aber: enterben ist nicht so einfach möglich.
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Hinterlässt beispielsweise der verstorbene Witwer zwei Kinder, so beträgt der gesetzliche Erbteil der Sprösslinge jeweils 50 Prozent. Daraus ergäbe sich ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 25 Prozent. Trotz eines möglichen Enterbens erhielte ein Kind über den Pflichtteil noch immer ein Viertel des Vermögens. Bei einem Gesamtnachlass von 200.000 Euro beträgt der gesetzliche Erbteil für jedes Kind somit 100.000 Euro und der Pflichtteil demnach 50.000 Euro.
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Wann Sie den Pflichtteil stunden dürfen
So sehen sich häufig Erben einer Immobilie oder eines Unternehmens damit konfrontiert, dieses Vermögen veräußern zu müssen, um Ansprüche eines Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. "Der Erbe kann jedoch eine Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für ihn wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte wäre", rät Klinger. Die Entscheidung über Gewährung und Dauer einer Stundung trifft das Nachlassgericht.
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Auskunftspflicht und Verjährung des Pflichtteilsanspruchs
Grundsätzlich brauchen weder die Erben, noch der Testamentsvollstrecker oder das Nachlassgericht einen Pflichtteilberechtigten darüber zu informieren, dass er einen Anspruch auf den Pflichtteil hat. Nach Paragraf 2314 BGB hat dieser jedoch einen Auskunftsanspruch über die exakte Höhe des gesamten Nachlasses. Er kann auch fordern, bei der Aufstellung des Vermögensverzeichnisses dabei zu sein oder dass das Verzeichnis durch einen Notar erstellt wird - was bei größerem Vermögen immer sinnvoll ist.
Wichtig: Der Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren (Paragraf 199 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall und Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, dass er per Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Aber: Spätestens 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers können Sie keinerlei erbrechtlichen Ansprüche mehr geltend machen.
Den Pflichtteil können Sie nur schwer entziehen
Verschenken statt enterben
Nach neuem Recht findet eine Schenkung für die Berechnung des sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruchs immer weniger Berücksichtigung, je länger diese zeitlich zurückliegt. Hat eine Schenkung nur ein Jahr vor dem Erbfall stattgefunden, wird sie zu 100 Prozent bei der Berechnung mit berücksichtigt.
Im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 90 Prozent, im dritten Jahr zu 80 Prozent usw. Sind seit der Schenkung mehr als zehn Jahre verstrichen, bleibt sie komplett außen vor. In der Realität sieht es dann so aus: Ein Vater schenkt seinem Sohn ein Haus im Wert von 400.000 Euro, die Tochter soll leer ausgehen. Ihr Pflichtteilsergänzungsanspruch schmilzt nun Jahr für Jahr gegen null, je nachdem, wann der Vater stirbt.
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