Beim Thema Erbe hat Halbwissen Hochkonjunktur: Viele meinen zu wissen, wer was von wem erbt – oft ist das ein großer Irrtum. Erbrecht ist komplex und die Erbfolge hält so einige Überraschungen bereit. So erben plötzlich entfernteste Verwandte einen Anteil, zum Teil mit eklatanten Folgen. Immobilien müssen zwangsversteigert werden, um den Hausstand wird erbittert gestritten. Besonders betroffen sind Ehepaare, die keine Kinder haben. Aber auch für Alleinstehende stellt sich die Frage, wer ihr Vermögen eines Tages erbt. Wer nicht vorsorgt, vermacht sein Hab und Gut dem Staat. Mit unserer Checkliste im Todesfall erfahren Sie alle wichtigen Punkte, die Sie bei dem Tod eines Angehörigen beachten sollten.
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Erbfolge ohne Kinder
Stirbt der Ehepartner und es gibt keine Kinder, glauben die meisten, der hinterbliebene Partner wird automatisch Alleinerbe. Das ist ein Irrtum. Er erbt vielmehr nur einen Anteil. Wie viel, hängt davon ab, ob der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt oder ob das Paar Gütertrennung vereinbart hat.
„Gilt die Zugewinngemeinschaft – das ist in 90 Prozent der Ehen der Fall – erbt der hinterbliebene Ehepartner nur Dreiviertel des Vermögens“, sagt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). Ein Viertel erben die Eltern des Verstorbenen. Sollten sie nicht mehr leben, erben seine Geschwister, Halbgeschwister oder sogar die Großeltern. Sie sind Miterben und haben auch ein Mitspracherecht, was mit der Hinterlassenschaft geschehen soll. Gilt die Gütertrennung, erbt der hinterbliebene Ehepartner sogar nur die Hälfte des Vermögens.
„Um Erbnachteile im Todesfall bei der Gütertrennung zu umgehen, können Paare im Ehevertrag für den Fall der Scheidung die Gütertrennung vereinbaren, jedoch festlegen, dass bei Tod eines Partners die Zugewinngemeinschaft gelten soll“, sagt Bittler.
Wenn die gesetzliche Erbfolge greift
Wer erbt, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Diese Regelung gilt, wenn kein Testament und kein Erbvertrag vorliegen. Es erben immer Verwandte des Verstorbenen, sie sind eingeteilt in Ordnungen. Es erbt derjenige zuerst, der dem Verstorbenen am nächsten stand.
1. Ordnung: Zur Verwandtschaft erster Ordnung – also jene, die zuerst erben – gehören Kinder. Sind sie verstorben, erben deren Kinder, also die Enkel.
2. Ordnung: Verwandte zweiter Ordnung sind Eltern. Sind sie verstorben, treten deren Kinder, also die Geschwister beziehungsweise Halbgeschwister des Verstorbenen als Erben ein.
3. Ordnung: Verwandte dritter Ordnung sind unter anderem die Großeltern.
Verwandte zweiter beziehungsweiser dritter Ordnung kommen erst zum Zuge, wenn Verwandte erster respektive zweiter Ordnung nicht vorhanden sind. Neben den Verwandten haben Ehegatten (oder eingetragene Lebenspartner) ein Erbrecht. Die Erbquote – also wie viel dem Ehegatten zusteht – ist durch den Güterstand definiert, die Zugewinngemeinschaft oder die Gütertrennung.
Sind weder Verwandte der ersten Ordnung, der zweiten Ordnung noch Großeltern (dritte Ordnung) vorhanden, so erhält der hinterbliebene Partner die ganze Erbschaft.