


Auf einen Blick
Wohnen ist teuer. Vor allem in den Ballungsgebieten – den großen Städten und ihrem Umland – ist Wohnen für viele zum Luxusgut geworden. Der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum hallt durch die ganze Republik. Doch die Städte und Kommunen schaffen es kaum, genügend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Ein Grund dafür sind mangelnde Grundstücke. Viele Kommunen oder Städte haben schlicht gar nicht genug Bauland im Eigentum, um darauf günstigen Wohnraum erstellen zu können. Und Bauland zu kaufen – das erleben auch private Bauherren – ist mal abgesehen von der geringen Verfügbarkeit in den Ballungsgebieten oft nur zu horrenden Preisen möglich.
Diese Marktlage lenkt den Blick auf neue Wohnkonzepte: Während das Einfamilienhaus zum Luxusgut geworden ist, lebt der Geschosswohnungsbau auf und mit ihm neue Wohnformen wie gemeinschaftliches Wohnen, Mehrgenerationenwohnen, Inklusionsprojekte und ökologisches Wohnen. Zu verwirklichen sind solche Konzepte durch das Bauen in Gemeinschaft: Wo sich Bauwillige zusammentun, wird Wohnen günstiger.
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Hinter der Baugemeinschaft steht die Idee, nicht zu warten, bis günstiger Wohnraum auf dem Markt angeboten wird, sondern selbst aktiv zu werden und in Eigeninitiative bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Für das Bauen in Gemeinschaft gibt es mehrere Bezeichnungen: neben der Baugemeinschaft auch Bauherrengemeinschaft oder Baugruppe. Gemeint ist immer der Zusammenschluss von Privatleuten, die gemeinsam eine Immobilie bauen wollen – Doppel-, Reihen- oder Mehrfamilienhäuser.
Schon zwei Familien können sich zu einer Baugemeinschaft zusammenschließen. Doch nicht immer sind es Familie, Freunde und Bekannte, die eine Baugemeinschaft bilden. Häufiger steht dahinter eine Zweckgemeinschaft aus Bauwilligen, die ähnliche Wohnideen verfolgt.
Das Grundstück wird in der Regel gemeinsam gekauft, während die darauf entstehenden Wohnungen jeweils den einzelnen Mitgliedern der Baugemeinschaft gehören. Jeder erwirbt möglicherweise unterschiedlich große Flächen, außerdem gibt es Gemeinschaftsflächen, die allen gemeinsam gehören. Die Besitzverhältnisse werden vertraglich von einem Notar festgelegt.
Baugemeinschaften haben den Vorteil, dass die Bauwilligen Wohnen nach ihren Vorstellungen verwirklichen können: zum Beispiel Mehrgenerationenwohnen, Seniorenwohnen, ökologisch-nachhaltiges Bauen und Wohnen, Inklusionswohnen.
Die Gruppe erstellt ein Konzept, erwirbt ein Grundstück und baut nach den eigenen Vorstellungen. Zur Umsetzung holt sie sich Partner an die Seite.
Das Bauen in Gemeinschaft hat Vorteile:
Eine Baugemeinschaft bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich: Sie erfordert neben sehr viel Eigeninitiative auch viel Geduld, Kompromiss- und Risikobereitschaft. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, was einen hohen Abstimmungsbedarf mit sich bringt.
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind – von geeigneten Interessenten über ein Konzept bis zum Grundstück – kann Wohnen völlig neu gedacht werden. So können zum Beispiel durch intelligente Grundrisse kompakte – und damit für den einzelnen günstige – Wohneinheiten entstehen und zusätzlich werden selten genutzte, aber erwünschte Räumlichkeiten von allen Eigentümern gemeinsam genutzt: Gästezimmer, Arbeitszimmer, ein Yoga- oder Musikübungsraum und vieles mehr. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, solange sich die Mitstreiter einig werden. Neben Wohnen können auch soziale Aspekte – zum Beispiel Mehrgenerationenkonzepte – hier ein Zuhause finden.
Eine Baugemeinschaft findet sich Schritt für Schritt zusammen.
Oftmals stoßen auch Architekten selbst solche Projekte an. Kommunen reservieren unter anderem einen Teil eines Grundstücks für ein Wohnkonzept einer Baugemeinschaft. Die Größe des Grundstücks und der Bebauungsplan geben vor, wie viele Wohnungen beziehungsweise wie viel Wohnfläche auf dem Areal entstehen kann.
Der Bebauungsplan regelt durch bestimmte einzuhaltende Kennzahlen, wie massiv das Grundstück überbaut werden darf. Daraus ergibt sich dann wiederum eine sinnvolle Anzahl an Bauwilligen, die zur Realisierung nötig sind. Nicht selten werden solche Grundstücke über Architektenwettbewerbe vergeben, die ein Konzept für das Grundstück entwickeln. Das Büro, dessen Konzept den Zuschlag erhalten hat, sucht dann seinerseits Interessenten, die die Baugemeinschaft bilden.
Natürlich kann die Baugemeinschaft wie ein privater Bauherr auftreten und alles selbst regeln: ein Grundstück kaufen, einen Architekten beauftragen, Bauleistungen ausschreiben, den Bau organisieren und abwickeln. In der Regel ist von diesem Modell aber abzuraten. Hilfreich ist es, sich frühzeitig Experten an die Seite zu holen:
In Gemeinschaft zu bauen, ist in der Regel günstiger. Die Kosten reduzieren sich, zum Beispiel weil
Schätzungen zufolge reduzieren sich die Kosten beim gemeinschaftlichen Bauen gegenüber dem Erwerb einer Immobilie von einem Bauträger um zehn bis 15 Prozent. Andere gehen sogar von 25 oder gar 30 Prozent aus, je nach Region.
In einer Baugemeinschaft ist jedes Mitglied für die Finanzierung seines Anteils selbst verantwortlich. Zu einem möglichst frühen Zeitpunkt sollten deshalb die Finanzierungskonditionen in einem Gespräch mit einem Bankberater ausgelotet werden. Jedes Mitglied einer Baugemeinschaft kann die Finanzierung über die eigene Bank regeln, oder aber die Baugemeinschaft wendet sich gemeinsam an eine Bank. Wünschenswert ist dann, dass das Geldhaus schon Erfahrung mitbringt im Umgang mit Baugemeinschaften.
Wer mit einer Baugemeinschaft bauen möchte, muss einen langen Atem haben. In der Regel dauert es zwei bis drei Jahre, bis ein Wohnprojekt umgesetzt ist, von der ersten Idee bis zum Einzug, vorausgesetzt es ist ein Grundstück vorhanden. Ein Projektsteuerer hilft dabei, dass der Zeitplan eingehalten wird. Als schwierig und zeitaufwendig gestaltet sich oft die Grundstückssuche. Ansprechpartner können Kommunen oder Städte sein, die Grundstücke, wenn vorhanden, zum Teil bevorzugt an Baugemeinschaften vergeben.
Bauwillige können entweder zu bereits bestehenden Baugemeinschaften hinzustoßen oder aber Interessenten suchen, die mit ihnen eine neue Baugemeinschaft gründen. In beiden Fällen steht zuerst eine Internetrecherche an, denn eine zentrale Datenbank, in der bundesweit Baugemeinschaften oder Interessengruppen zu finden sind, gibt es nicht.
Da Baugemeinschaften in der Regel daran interessiert sind, ein Bauvorhaben in ihrer unmittelbaren Region zu verwirklichen, lohnt es sich, lokal zu suchen – nach Architekten, die sich auf solche Vorhaben spezialisiert haben, nach Vereinen und Initiativen, die Baugruppen beraten oder koordinieren, aber auch nach Projektbörsen. Ebenso können Städte und Kommunen Anlaufstellen sein, weil sie selbst Projekte von Baugemeinschaften unterstützen.
So gibt es zum Beispiel in München die Beratungsinitiative Stattbau München, ein Zusammenschluss aus Architekten, Soziologen und Stadtplanern, die unter anderem Bürgerinnen und Bürger bei der Umsetzung solcher Modelle berät. In Hamburg gibt es die Agentur für Baugemeinschaften, ferner bietet die Stadt Mainz Beratungen für Baugemeinschaften an, in Berlin berät die Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Wohnen zu Baugemeinschaften und in Tübingen berät das Regionalbüro des Verbands Privater Bauherren (vpb) zum Thema – um nur einige Beispiel zu nennen.
Weiterführende Beratung und Informationen gibt es beispielsweise auch hier:
Es lohnt sich auch, lokale Informationsveranstaltungen zum Thema zu besuchen, dort kann man durchaus weitere Kontakte und Anlaufstellen finden.