Gutachter beauftragen: Wann ist das sinnvoll und was sind die Kosten?
Nun stellt sich schnell die Frage, ob es bei den unterschiedlichen Berechnungsmethoden und den daraus resultierenden Unsicherheiten nicht gleich besser ist, einen Gutachter zu beauftragen. Doch das ist nicht immer notwendig, in einigen Fällen aber sinnvoll – beispielsweise bei:
- fehlenden oder ungenauen Bauplänen
- nachträglichen Umbauten, Anbauten oder Ausbau des Dachs in Eigenregie ohne Aufmaßermittlung
- sehr verwinkelten Räumen mit Dachschrägen
- sehr teuren Häusern.
Manchmal sind auch Immobilienmakler als Gutachter tätig, dann werden die korrekten Daten schon bei der Begehung von Haus oder Wohnung ermittelt. Bei Vermietung kommt hinzu, dass auch die Nebenkostenabrechnung auf Basis der Wohnfläche ermittelt wird. Das heißt, ist die Wohnfläche deutlich falsch berechnet, so fällt nicht nur eine höhere Miete, sondern auch eine höhere Nebenkostenabrechnung an.
Gutachter zur exakten Wohnflächenberechnung
Daher sollte bei der Inaugenscheinnahme der Wohnung durch den Vermieter bei Erstvermietung genau gemessen werden. In Zweifelsfällen sollte zur exakten Ermittlung der Wohnfläche ein Gutachter eingeschaltet werden. Wurde aber das Aufmaß korrekt – beispielsweise mit einem Laserentfernungsmesser – ermittelt, ist dies nicht notwendig. Es kommt also auf den Einzelfall an, ob ein Gutachten sinnvoll ist oder nicht.
Die Kosten für einen Gutachter, der die Wohnfläche berechnet, liegen normalerweise zwischen 200 Euro und etwa 500 Euro.
Erkennbar ist, dass eine Berechnung nach DIN 277 bei gleicher Fläche die größte Wohnfläche bedeutet. Zur Verdeutlichung im Folgenden einmal beispielhaft die Berechnung der Wohnfläche nach WoFIV und einmal nach DIN 277.
Was passiert bei Abweichungen bei der angegebenen Wohnfläche?
Bei Ungereimtheiten über die Wohnfläche kommt es durchaus zu Gerichtsverhandlungen. Eine zu geringe Wohnfläche ist ein Mangel, stellte das Landgericht Bautzen (AZ.: 1S91 / 07) fest. Weicht die Wohnfläche einer Wohnung um mehr als zehn Prozent ab, so steht dem Mieter eine Rückforderung zu.
Beispiel-Gerichtsurteil bei Miete
Das Landgericht Berlin urteilte ebenfalls zugunsten von Mietern (17.1.2018, Az.: 18 S 308/13). In dem vorliegenden Fall ging es um die Fläche von Balkonen – ob diese zur Hälfte oder nur zu einem Viertel angerechnet werden dürfen. Das Landgericht entschied: Zu einem Viertel, da dies der ortsüblichen Verkehrssitte entspreche. Das bedeutet dann auch: Legt die ortsübliche Verkehrssitte den Wert auf die Hälfte fest, so gilt dieser Wert. Die weitere Besonderheit des Urteils: Obwohl es sich um eine frei finanzierte Wohnung handelt, wurde die Wohnflächenverordnung für öffentliche geförderte Finanzierung als Maßstab genommen.
Gewährleistunsansprüche auch bei Kaufobjekten
Bei Kaufobjekten gibt es ebenfalls eine Reihe von Urteilen. Die meisten gehen dabei von einer Abweichung von ungefähr zehn Prozent aus, die zu Gewährleistungsansprüchen führt. Der Bundesgerichtshof entschied aber im Zusammenhang mit einem Bauträgervertrag schon strenger (BGH 2004; AZ.: VII ZR 181/2), dass eine Abweichung von mehr als drei Prozent bei der Wohnfläche nicht mehr als geringfügig einzustufen ist.
Ob auch ein Wert von beispielsweise acht Prozent schon als wesentlicher Mangel eingeschätzt wird, hängt vom Einzelfall ab. Wo genau die Grenze liegt, um Schadenersatzansprüche wie eine Kaufpreisminderung geltend machen zu können, ist damit nicht ganz klar.
Was gilt für die Angabe der Wohnfläche bei Wohngebäude- und Hausratversicherung?
Auch in anderen Fällen ist die Wohnfläche von Bedeutung: Bei Wohngebäudeversicherungen und Hausratversicherungen. Die Entschädigungssummen beruhen dort jeweils auf der Wohnfläche. Ist diese zu niedrig, kürzt der Versicherer im Schadenfall seine Leistungen – ist sie zu hoch, hat man zu viel Prämie gezahlt. Welche Werte sollte man nun für die Versicherungen ansetzen?
Wohngebäudeversicherung
Neuere Wohngebäudeversicherungstarife berechnen den Wert nicht mehr unbedingt nach der "Wert 1914 Methode mit Reichsmark". Vielmehr dient die tatsächliche Wohnfläche als der entscheidende Faktor. Eine klare Regelung fehlt aber. Es bleibt nichts anderes übrig, als in die Vertragsbedingungen zu schauen, was der Versicherer zur Wohnfläche rechnet und mit welchem Anteil.
Hausratversicherung
Bei der Hausratversicherung ist in vielen Fällen ebenfalls die Wohnfläche entscheidend, um eine Unterversicherung zu vermeiden. Mieter haben es hier einfacher – sie übernehmen die Wohnfläche aus dem Mietvertrag. Eigentümer entnehmen die Wohnfläche aus dem Kaufvertrag oder dem Bauplan.
Doch kann das manchmal nicht ausreichen, wenn beispielsweise noch in Eigenregie Veränderungen an der Wohnfläche vorgenommen wurden. Dann muss auch hier mit Zollstock, Maßband oder Laserentfernungsmesser nachgerechnet werden, sonst ist die Gefahr einer Falschangabe groß.