Midijob: Warum er die bessere Alternative zum Minijob sein kann
Rolf Winkel
Autor
Aktualisiert am: 08.09.2022
Auf einen Blick
Sowohl für Minijobs als auch für Midijobs gelten ab Oktober 2022 neue Regeln. Midijobber profitieren von zum Teil deutlichen Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen – bei gleichzeitig vollem Versicherungsschutz in der Sozialversicherung.
Die Grenze für Midijobs liegt künftig bei 1.600 Euro (bislang: 1.300 Euro). Die Sozialversicherungsbeiträge steigen im Übergangsbereich schrittweise von null Euro bis auf den „Normalsatz“ von rund 20 Prozent. Im Rahmen des am 4. September 2022 vorgelegten Entlastungspakets Nummer drei ist vorgesehen, die Obergrenze des Midijob-Bereichs weiter zu erhöhen.
Was genau einen Midijob ausmacht und welche Vor- und Nachteile er mit sich bringt, lesen Sie in unserem Ratgeber.
Midijob und Sozialversicherungsbeiträge: Deutliche Entlastung ab Oktober 2022
Vorteile für Arbeitnehmer beim Midijob: Volle Sozialversicherungsansprüche
Nachteil: Midijob und Steuer
Minijob oder Midijob – was lohnt sich mehr?
Das erwartet Sie in diesem Artikel
Sie sind hier:
Was ist ein Midijob?
Midijob und arbeitsrechtliche Regelungen
Midijob und Sozialversicherungsbeiträge: Deutliche Entlastung ab Oktober 2022
Vorteile für Arbeitnehmer beim Midijob: Volle Sozialversicherungsansprüche
Nachteil: Midijob und Steuer
Minijob oder Midijob – was lohnt sich mehr?
Zum Anfang
Minijobs kennt wohl jeder. Für die geringfügige Beschäftigung gilt ab Oktober 2022 eine neue Obergrenze von 520 Euro. Wer nur ein wenig mehr Lohn erhält, profitiert von vollem Sozialversicherungsschutz bei sehr geringen Beiträgen. Die sogenannten Midijobs werden ab Oktober 2022 noch attraktiver.
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Was ist ein Midijob?
Überschreitet Ihr Arbeitsentgelt die Minijob-Grenze, so wird aus dem Minijob ein Midijob. Es gelten für Ihre Beschäftigung die Regeln des sogenannten Übergangsbereichs. Sie sind dann sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wobei im Midijob-Bereich zum Teil deutlich niedrigere Sozialversicherungsbeiträge fällig werden.
Midijob Grenze 2022
Da die
Minijob-Grenze zum 1. Oktober erhöht wird, beginnt der Übergangsbereich nun bei 520,01 Euro und wird erstmals zum 1. Januar 2024 wieder angepasst. Die Obergrenze für einen Midijob liegt künftig bei 1.600 Euro statt bislang 1.300 Euro. Die Sozialversicherungsbeiträge steigen im Übergangsbereich schrittweise von null Euro bei einem Bruttoentgelt von 520,01 Euro bis auf den „Normalsatz“ von rund 20 Prozent bei 1.600 Euro.
Bei der Steuer gelten keine Sonderregelungen, die Einkünfte sind also ganz normal steuerpflichtig. Midijobs können mit einem (einzigen)
Minijob kombiniert werden. Dieser darf also neben dem Midijob ausgeübt werden. Im Rahmen des am 4. September 2022 vorgelegten Entlastungspakets Nummer drei ist vorgesehen, die Obergrenze des Midijob-Bereichs noch einmal auf 2.000 Euro zu erhöhen.
Wichtig: Was gilt generell bei Midijobs?
Für Arbeitnehmer sind bei Midijobs folgende Punkte wichtig:
Die Vorteile von Midijobs treten automatisch ein, wenn sozialversicherungspflichtig Beschäftigte weniger als 1.600 Euro monatlich verdienen. Mehrere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen werden dabei zusammengerechnet.
Die Vorteile von Midijobs treten immer ein, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Es gibt keinerlei Wahlrecht und es muss nichts beantragt werden.
Zumindest nach oben hin gibt es keine “Abbruchkanten”, auf die zu achten ist. Arbeitnehmer müssen also keine Nachteile hinnehmen, wenn Ihr Gehalt knapp oberhalb der Grenze des Übergangsbereichs liegt und der Job damit nicht mehr als Midijob gilt. Betrüge Ihr Gehalt 1.601 Euro statt 1.600 Euro, so würden Ihre Sozialversicherungsbeiträge durch die dann nicht mehr greifende Midijob-Regel nur um ein paar Cent erhöht. Mit anderen Worten: Es lohnt sich niemals, den Lohn unter die 1.600-Euro-Grenze zu senken, um sich irgendwelche Vorteile zu sichern.
Nach unten hin gibt es allerdings sehr wohl eine Art von ”Abbruchkante”. Ein Job mit einem monatlichen Entgelt von 520 Euro gilt in der Regel noch als Minijob – und ist meist sozialversicherungs- und für Arbeitnehmer steuerfrei. Das ändert sich, wenn der Lohn auf 520,01 Euro steigt. Dann gilt die Beschäftigung durch den Mehrverdienst von einem Cent als Midijob und ist sozialversicherungs- und steuerpflichtig.
Arbeitsrechtlich gelten für Minijobber und Midijobber die gleichen Regeln wie für Arbeitnehmer mit einem Bruttolohn oberhalb der Midijob-Grenze. Das betrifft zum Beispiel Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigung, Überstunden und Arbeit auf Abruf.Doch faktisch stehen diese Rechte bei Minijobbern häufig nur auf dem Papier. Wird der Job dagegen sozialversicherungspflichtig, so gelten diese Rechte oft eher als Selbstverständlichkeit.
Biallo-Lesetipp: Auch Studenten können einen Midijob vereinbaren, allerdings gelten hier ein paar Sonderregelungen. Welche das sind, erfahren Sie in unserem Ratgeber zu Studentenjobs.
Midijob und Sozialversicherungsbeiträge: Deutliche Entlastung ab Oktober 2022
Durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den
gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung hat der Gesetzgeber im Midilohn-Bereich zum Teil erhebliche Entlastungen für Arbeitnehmer auf den Weg gebracht. Als Beschäftigter müssen Sie in diesem Einkommensbereich zwar Abgaben an die Sozialversicherungen zahlen, jedoch weit weniger als bei besser bezahlten Jobs üblich. Der „Einstiegsbetrag“ in den Midijob-Bereich liegt nun bei einem Bruttoentgelt 520,01 Euro monatlich. Wenn Sie eine entsprechende Beschäftigung ausüben, müssen Sie keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Schon heute steht fest, dass der Einstiegsbetrag in den Midijob-Bereich zum Jahresbeginn 2024 angepasst wird (entsprechend der Entwicklung des Mindestlohns).
Was bringt die neue Midijob Grenze?
Die Grenze des Midijob-Bereichs nach oben hin wird durch 1.600 Euro markiert. Wer als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter so viel verdient, zahlt die normalen Sozialversicherungsbeiträge. Ob auch dieser Betrag entsprechend der Entwicklung des Mindestlohns dynamisiert wird, steht noch nicht fest, ist aber wahrscheinlich.
Entlastungseffekte für Sozialversicherungsbeiträge bei Midijobs in Euro (ab Oktober 2022)
Die folgende Tabelle zeigt, dass der Entlastungseffekt der neuen Midijob-Regelungen zum Teil beträchtlich ist. Verglichen wird dabei jeweils der „normale“ Sozialversicherungsbeitrag, der „eigentlich“ zu zahlen wäre, und der Beitrag, der – wenn die Voraussetzungen einer Beschäftigung im Übergangsbereich vorliegen – tatsächlich zu zahlen ist. Im Bereich knapp über der 520-Euro-Grenze beträgt die Entlastung rund 100 Euro monatlich. Die Sozialversicherungsbeiträge steigen danach je 100 Euro höheren Bruttoverdienst um knapp 30 Euro anstatt normalerweise um etwa 20 Euro. Dadurch wird der im Übergangsbereich greifende Vorteil mit zunehmendem Bruttoentgelt abgeschmolzen.
Bruttoentgelt (in Euro)
Normalerweise fällige SV-Beiträge Arbeitnehmer (in Euro)
Tatsächlich fällige SV-Beiträge Arbeitnehmer (in Euro)
Entlastung durch Midijob-Regelungen (in Euro)
521
104,07
0,30
103,77
600
119,85
23,67
96,18
700
139,83
53,27
86,56
800
159,80
82,87
76,93
900
179,78
112,47
67,31
1.000
199,75
142,03
57,72
1.100
219,73
171,64
48,09
1.200
239,70
201,23
38,47
1.300
259,68
230,83
28,85
1.400
279,65
260,40
19,25
1.500
299,63
290,01
9,62
1.599
319,40
319,30
0,10
1.600
319,60
319,60
0
Unterstellt werden: Die 2022 geltenden Beiträge zur Sozialversicherung für Versicherte mit Kind sowie der durchschnittliche Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung, der Arbeitnehmeranteil beläuft sich auf 19,975 Prozent.
Beispiel: Nehmen wir einen Arbeitnehmer, der monatlich brutto in einer einzigen Beschäftigung 521 Euro verdient. Würden die normalen Abzüge für die Sozialversicherung anfallen, so gingen davon rund 104 Euro ab. Durch die zum 1. Oktober 2022 in Kraft getretene Reform ergibt sich für ihn nur ein Abzug von 0,30 Euro – also fast nichts. Die Auswirkung der letzten Reform zeigt sich auch deutlich, wenn man vergleicht, was bei einem Bruttoentgelt von 521 Euro vor und nach dem 1. Oktober 2022 an Sozialversicherungsbeiträgen fällig wurde beziehungsweise fällig geworden wäre. Im September 2022 wäre es noch zu Abzügen in Höhe von 63,03 Euro gekommen, einen Monat später wären es nur noch 30 Cent.
Zwei kleine Midijobs sind möglich
Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt, wird die Übergangsbereichs-Regelung nur angewandt, wenn die Entgelte der beiden Jobs zusammen unter 1.600 Euro brutto liegen. Wichtig ist allerdings: In puncto Sozialversicherung werden beide Jobs entsprechend dem Gesamtentgelt behandelt. Es fallen also jeweils die anteiligen SV-Beiträge an, die bei einer Beschäftigung mit dem monatlichen Gesamt-Brutto erhoben werden würden.
Beispiel: Bei einem einzigen 600-Euro-Job würden Beiträge in Höhe von 23,67 Euro anfallen. Bei einem einzigen 1.200 Euro-Midijob würden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 201,23 Euro erhoben. Bei zwei 600-Euro-Jobs fällt deshalb jeweils die Hälfte dieses Betrags an, also jeweils 100,62 Euro.
Die korrekte Anwendung dieser Regeln ist Aufgabe des jeweiligen Arbeitgebers, die dieser im Rahmen seiner Melde- und Beitragspflichten zu erfüllen hat.
„Zu diesen Aufgaben des Arbeitgebers gehört auch das Einholen einer Erklärung des Beschäftigten über weitere Beschäftigungen sowie die Bestätigung, die Aufnahme weiterer Beschäftigungen dem Arbeitgeber anzuzeigen. Der Beschäftigte wiederum ist verpflichtet, dem Arbeitgeber, bei mehreren Beschäftigungen allen beteiligten Arbeitgebern, die zur Durchführung des Melde- und Beitragsverfahrens erforderlichen Angaben zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen“, erklärt der GKV-Spitzenverband auf Anfrage.
Biallo-Lesetipp: Neben einem sozialversicherten Hauptjob ist ein Minijob bei einem anderen Arbeitgeber erlaubt, aber nur ein einziger. Wie Sie Ihr Einkommen mit einem Nebenjob aufbessern können und worauf Sie als Doppeljobber achten sollten, erklärt Ihnen ein weiterer Ratgeber von uns.
Vorteile für Arbeitnehmer beim Midijob: Volle Sozialversicherungsansprüche
Als Midijobber sind Sie in allen gesetzlichen Sozialversicherungen pflichtversichert. Dabei gelten für Sie nicht nur bei den Beiträgen, sondern auch bei den Leistungen äußerst vorteilhafte Regelungen. Trotz geringer Einzahlungen in die Sozialversicherungen erwerben Sie in allen Sozialversicherungen volle Leistungsansprüche – und zwar sowohl bezogen auf Anwartschaften als auch bezogen auf die Leistungshöhe.
Midijob und Arbeitslosengeld
Bei der Arbeitslosenversicherung gilt: Nach einem zwölfmonatigen Midijob besteht im Falle des Jobverlusts Anspruch auf sechs Monate Arbeitslosengeld. Dessen Höhe bemisst sich bei Midijobbern nicht nach den gezahlten Beiträgen, sondern nach dem monatlichen Bruttoentgelt. Bei einem Bruttoentgelt von 520,01 Euro besteht auch ohne Beitragszahlung ein monatlicher ALG-Anspruch in Höhe von 275,10 Euro (bei Anspruch auf Kindergeld).
Als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse haben Midijobber bei einer längeren Krankheit – nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber – Anspruch auf bis zu knapp eineinhalb Jahre Krankengeld. Trotz der niedrigeren gezahlten Beiträge wird das Krankengeld auf Grundlage des vollen Bruttoverdienstes berechnet. Im Extremfall – bei einem Entgelt von 520,01 Euro monatlich – erwerben Midijobber ohne eigene Beitragszahlung einen Anspruch auf Krankengeld in Höhe von täglich 10,67 Euro, das entspricht 320 Euro im Monat.
Gerade für Frauen im gebärfähigen Alter ist das Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Kassen noch wichtiger: Im Falle einer Schwangerschaft erhalten Midijobber, da sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, insgesamt 1.287 Euro Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse (13 Euro pro Kalendertag). Zum Vergleich: Minijobbern ohne weitere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stehen diese Leistungen nicht zu. Sie können während der Schutzfristen vor und nach der Geburt auf Antrag lediglich eine Einmalzahlung des Bundesamts für soziale Sicherung (ehemals Bundesversicherungsamt) in Höhe von 210 Euro erhalten.
Ferner steht Midijobbern auch das sogenannte Kinderkrankengeld im Falle einer Erkrankung eines Kindes vielfach zu – Minijobber gehen hier leer aus.
Bei der gesetzlichen Rentenversicherung zählt die Midijob-Zeit für sie als vollwertige Versicherungszeit – so wie jede andere sozialversicherte Beschäftigungszeit auch. Das bedeutet: Diese Zeit bringt Rentenansprüche und zählt voll mit, wenn geprüft wird, ob die Voraussetzungen für ein vorzeitiges Altersruhegeld erfüllt sind.
Die Rentenversicherung berechnet trotz der reduzierten Beiträge den Rentenanspruch so, als seien die vollen Beiträge abgeführt worden. Damit bringt beispielsweise ein ganzjährig ausgeübter Midijob mit monatlichen Einkünften von 520,01 Euro nach dem derzeitigen aktuellen Rentenwert ein Rentenplus von 5,78 Euro (ein Wert, der jährlich erhöht wird) monatlich – ohne eigene Beitragszahlung.
Biallo-Lesetipp: Wie schaut es bei Minijobbern mit der Rentenversicherungspflicht aus? In einem weiteren Ratgeber erläutern wir, warum die Rentenversicherung bei Minijobs sinnvoll ist und mit welchem Beitrag Sie rechnen müssen.
Nachteil: Midijob und Steuer
Minijobs sind für Arbeitnehmer in der Regel steuerfrei, eine zweiprozentige Pauschalsteuer übernimmt in der Regel der Arbeitgeber. Anders sieht dies bei Midijobs aus. Die Einkünfte sind ganz normal steuerpflichtig.
Minijob oder Midijob – was lohnt sich mehr?
Für vier von sieben Minijobbern ist derzeit der Minijob das einzige Arbeitsverhältnis. In diesem Fall gilt: Wer die Wahl zwischen einem geringfügigen 520-Euro-Minijob und einem versicherten 521-Euro-Midijob hat, sollte sich in der Regel für Letzteres entscheiden. So profitieren Sie von vollem Versicherungsschutz nahezu zum Nulltarif. Steuer kann allerdings anfallen. Jobber mit verdienendem Ehepartner sollten mit einem Internetrechner kalkulieren, wie sich das steuerlich auswirkt.
Als
Nebenjob für Arbeitnehmer, die ohnehin in den Sozialversicherungen abgesichert sind, rechnet sich ein Neben-Minijob nach wie vor. Er bringt oft mehr als Überstunden im Hauptjob, bei denen die Steuerprogression zuschlagen würde.
Ist unser Spezialist für alles, was mit Sozialversicherungen und Sozialleistungen zu tun hat. Er ist gelernter Sozialwissenschaftler und schreibt seit 40 Jahren Sozialratgeber, unter anderem den„Kleinen Rentengeber“. Bis Anfang 2020 hat er die Monatszeitschrift „Soziale Sicherheit“ betreut. Für biallo.de arbeitet er seit 2005.