


Auf einen Blick
Im Jahr 2016 setzte die Bundesregierung eine Vorgabe der EU um. Sie verabschiedete die neue Richtlinie für die Vergabe von Immobilienkrediten: die Wohnimmobilienkreditrichtlinie – kurz WIKR.
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie nimmt Banken und Kreditinstitute in die Pflicht, die Kreditwürdigkeit der Antragsteller im Sinne des Verbraucherschutzes strenger zu prüfen. Denn kein Mensch soll sich für den Traum von der eigenen Immobilie überschulden. Lesen Sie, was die Wohnimmobilienkreditrichtlinie genau ist, wie sie sich auf Immobilienkreditanträge auswirkt, welche Kritik es gab und wo nachgebessert wurde.
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) ist eine Regelung, die Sie als Verbraucherin oder Verbraucher davor schützen soll, sich mit der Aufnahme eines Immobilienkredits zu übernehmen und zu verschulden. Sie gilt für alle Darlehensverträge nach dem 20. März 2016.
Die WIKR gibt es nicht als einen einzigen Paragrafen. Das komplexe Werk wurde in einer ganzen Reihe von Gesetzen aufgenommen, unter anderen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder im Kreditwesengesetz (KWG).
Im KWG finden Sie den recht umfangreichen § 18 a. Der beschreibt die Pflichten der Banken bei der Vergabe von Immobilienkrediten, insbesondere
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) verordnete in diesem Zusammenhang zusätzlich die Immobiliar-Darlehensvergabe-Sachkunde-Verordnun (ImmoDarlSachkV), welche die Anforderungen an die Sachkunde der mit der Vergabe von Immobiliar-Verbraucherdarlehen befassten internen und externen Mitarbeiter regelt.
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie beeinflusst, wie eine Bank Ihre Kreditwürdigkeit prüft. Vor Inkrafttreten der Regelung lag der Fokus auf der Ist-Situation des Kreditnehmers. Also darauf, wie es um Ihre aktuelle finanzielle Lage steht. Weiter darauf, wie hoch der Wert des zu finanzierenden Objekts ist.
Mit Einführung der WIKR änderte sich das. Seitdem beäugen die Banken die finanzielle Situation von potenziellen Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern deutlich genauer. Nicht nur die Ist-Situation von Vermögen und Einkommen wird geprüft, sondern es wird zusätzlich darauf geschaut, ob eine Rückzahlung des Darlehens über die gesamte Laufzeit wahrscheinlich ist.
Es werden mit der WIKR also auch künftige Szenarien geprüft: Können Sie als Darlehensnehmerin oder Darlehensnehmer die Raten für den Kredit auch nach Änderung der aktuellen Lebensumstände bestreiten? Wie schaut es bei einer längeren Krankheit oder Berufsunfähigkeit aus? Wie bei einem Jobverlust oder einer Scheidung? Passen Kreditbetrag, Laufzeit und statistische Lebenserwartung zusammen?
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie bietet für den Verbraucherschutz einen guten Ansatz. Allerdings gab es bei der ursprünglichen Fassung von 2016 einen Haken: Die Banken begannen bei der Vergabe von Baufinanzierungen wesentlich konservativer und strenger zu prüfen. Junge Familien und ältere Menschen hatten es quasi von einem Tag auf den anderen schwerer, ein Darlehen zu bekommen. Sie fielen durch das Vergabe-Raster. Hierfür zwei Beispiele:
Die WIKR in ihrer ursprünglichen Fassung vom führte dazu, dass weniger Personen ein Darlehen erhielten als vorher. Getroffen hat das meist ältere Menschen. Laut Finanzierungsplattform Europace hatte knapp jeder Fünfte im Alter von 60 bis 70 Jahren infolge der WIKR keinen Kredit mehr erhalten. Nach teils heftiger Kritik aus der Finanz- und Immobilienwirtschaft an den restriktiven Regelungen, besserte der Bundestag Ende März 2017 mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz (FAREG) nach:
(Quelle: haufe.de)
Im Mai 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Bericht zur WIKR. Die Richtlinie hätte das Verbraucherschutzniveau wirksam erhöht und zur
Harmonisierung der Kreditvergabepraxis in den Mitgliedstaaten beigetragen, stellte man fest. Gleichzeitig sei die Zufriedenheit der Verbraucher und das Vertrauen in die Kreditvergabe gestiegen.
Die Deutsche Kreditwirtschaft nahm zum Bericht Stellung. „Die Vorgaben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie sind im Grundsatz auch heute noch geeignet, ein hohes Verbraucherschutzniveau im Wohnimmobiliarkreditbereich zu gewährleisten“, heißt es in der Zusammenfassung.
Nachbessern würde die Deutsche Kreditwirtschaft allerdings gerne mit einer zeitlichen Beschränkung des Widerrufsrechts. So können Immobiliendarlehen, die ab 21. März 2016 abgeschlossen wurden, bei fehlerhaften Verträgen derzeit maximal bis zu ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsabschluss widerrufen werden. Weiter erfordere der digitale Vertrieb von Finanzprodukten Anpassungen im Wohnimmobilienkreditbereich, so die Deutsche Kreditwirtschaft.
Die ehemalige Bundesregierung beobachtete während eines Zeitraums von drei Jahren ab Geltung der neuen WIKR-Vorschriften seit 2017 die Entwicklungen im Bereich der Kreditwürdigkeitsprüfung. Dazu gab sie eine Studie beim Institut für Finanzdienstleistungen (iff) in Auftrag. Wie die alte Bundesregierung im August 2021 unterrichtete, bestätigte die Studie die Wirksamkeit der bestehenden Regelungen und den effektiven Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern vor einem sie überfordernden Immobilienkredit und Überschuldung.