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Steuerliche Konsequenzen
Gleich mit drei Steuern will das Finanzamt am geschäftlichen Erfolg des Online-Händlers teilhaben. Gewerbetreibende müssen zunächst beim Ordnungsamt ihrer Stadt oder Gemeinde eine Gewerbeanmeldung vornehmen – davon erfährt das örtliche Finanzamt automatisch. Außerdem werden sie mit ihren Gewinnen einkommensteuerpflichtig. Wer ausschließlich vom Onlinehandel lebt, muss für 2019 eine Steuererklärung abgeben, wenn sein Gewinn mehr als 9.168 Euro jährlich betragen hat – für Ehegatten gilt eine Grenze von 18.336 Euro.
Arbeitnehmer, die sich nach Feierabend etwas dazuverdienen wollen, können jährlich Gewinne bis zu 410 Euro legal steuerfrei einstreichen. Darüber müssen auch sie ihre Nebeneinkünfte versteuern. Zum einkommensteuerpflichtigen Händler wird man allerdings erst, wenn dauerhaft ertragreiche Geschäfte gemacht werden oder sogar Ware zugekauft wird, um sie mit Gewinn unters Volk zu bringen.
Bei Gewinnen ab 24.500 Euro will die örtliche Kommune zusätzlich Gewerbesteuer kassieren. Unternehmer können sich diese Steuer allerdings auf die Einkommensteuerschuld anrechnen lassen. Daneben kann Umsatzsteuer anfallen – je nach Ware sieben oder 19 Prozent des Verkaufserlöses. Zum 1. Juli 2020 hat die Bundesregierung im Rahmen des Corona-Hilfsprogramms eine auf sechs Monate befristete Absendung der Mehrwertsteuersätze auf 16 beziehungsweise fünf Prozent angekündigt.
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Anders als bei der Einkommensteuer kommt es für die Unternehmereigenschaft nicht auf die Absicht an, Gewinn zu erzielen. Maßgeblich ist allein die Einnahmeerzielungsabsicht. Verschont bleiben allerdings Kleinunternehmer, die mit ihren Bruttoverkaufserlösen im vergangenen Jahr unterhalb der Freigrenze von aktuell 22.000 Euro (bis 2019 galt hier noch eine Grenze von 17.500 Euro) geblieben sind und im laufenden Jahr nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz erwirtschaften.
Erst darüber müssen sie zahlen. Als gewerblicher Internethändler sollte man alle An- und Verkaufsbelege aufbewahren. Sind keine Unterlagen vorhanden, kann das Finanzamt Umsätze und Gewinne schätzen. Das kann zu einer erheblichen steuerlichen Mehrbelastung führen.
Pflichten als Händler
Nicht nur für die Steuerpflicht ist es wichtig, zwischen privaten und gewerblichen Verkäufern zu unterscheiden. Als privater Verkäufer über Ebay darf man die Haftung für Sachmängel ausschließen. Gewerbliche Verkäufer müssen ihren Kunden dagegen ein Widerrufs- und Rückgaberecht einräumen: bei gebrauchten Waren mindestens zwölf Monate Gewährleistung und bei Neuware 24 Monate.
Zudem hat er gegenüber dem Ebay-Käufer grundsätzlich ein Widerrufsrecht einzuräumen. Hat sich ein gewerblicher Händler auf einer Internetplattform als Privatmann angemeldet, kann das einen Wettbewerbsverstoß bedeuten. Beschweren sich Konkurrenten über den unfairen Auftritt, kann das zu einer Abmahnung führen, die mit erheblichen Abmahnkosten verbunden sein kann.
Häufig fordern die Wettbewerber auch die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung. Eine genaue Grenze zu gewerblichen Anbietern ist jedoch schwierig zu ziehen und in Streitfällen entscheiden die Zivilgerichte unterschiedlich.
Allerdings weisen Merkmale wie mehr als 40 Verkäufe in wenigen Monaten oder der Ebay-Status als Top-Verkäufer beziehungsweise "Power-Seller" (mindestens 90 Tage bei Ebay angemeldet, Mindestumsatz von 1.000 Euro und 100 Transaktionen in zwölf Monaten, die Mängelquote dabei darf höchstens bei 0,5 Prozent liegen) auf gewerbliche Aktivitäten hin, ebenso intensive Werbeaussagen.
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Heimliche Spione
Digital aufgerüstet und mit System durchforsten Steuerfahnder das Internet auf der Suche nach Steuersündern. Der Fiskus interessiert sich verstärkt für Privatleute, Existenzgründer und etablierte Händler, die die Anonymität des Internets gezielt nutzen, um am Finanzamt vorbei im großen Stil schwarze Kasse zu machen.
Mit Hilfe einer virtuellen Suchmaschine namens "XPider" durchforstet eine spezielle Prüfgruppe des Bundeszentralamtes für Steuern in Bonn sämtliche Verkaufsportale auf der Suche nach unerkannten Steuersündern. Die Maschine erfasst im Internet präsente Händler und stellt Querverbindungen mit vorhandenen Behördendaten her.
Wer über längere Zeit viel verkauft oder größere Posten Neuware anbietet, gerät daher schnell ins Visier der Fahnder. Pseudonyme bewahren die Profi-Verkäufer nicht vor der Enttarnung. Die Betreiber der Online-Portale müssen die Klarnamen der "Power-Seller" auf Verlangen der Finanzämter offenbaren (Verfügung der OFD München Az. S 0230 – 32 St 313).
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Rasterfahndung
Besonderes Interesse findet bei den Beamten dabei regelmäßig die Kundenkartei sowie Abrechnungsunterlagen der Portalanbieter, mit denen sich die erzielten Verkaufserlöse haarklein nachweisen lassen. Diese Unterlagen fordern die Fahnder bei konkretem Verdacht im Wege von Auskunftsersuchen bei den Portalbetreibern an.
Massenweise Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter der Profi-Händler folgen. Da die Internet-Dienstleister keinen Bankenstatus haben, können sie sich auch nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis vor der gezielten Rasterfahndung schützen. Amazon wehrte sich allerdings gegen ein Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung und bekam am 23. Februar 2012 zunächst vor dem Niedersächsischen Finanzgericht Recht (Az. 5 K 397/10). Allerdings nur, weil nach Meinung von Amazon Deutschland ausschließlich die Schwestergesellschaft Amazon Services Europe S.a.r.l. in Luxemburg über die angeforderten Händlerdaten verfügt.
Der Clou: Als luxemburgisches Unternehmen wäre Amazon Services nicht verpflichtet, Anfragen deutscher Behörden zu beantworten. Doch in dem nachfolgenden Revisionsverfahren unterlag der widerspenstige Online-Händler. Der BFH entschied mit Urteil vom 16. Mai 2013 (Az. II R 15/12), das Amazon sich die von der Steuerfahndung angeforderten Daten von dem Schwesterunternehmen beschaffen muss.
Eine weitere herbe Niederlage musste der Internetgigant vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hinnehmen. Mit Urteil vom 30. Juni 2015 (Az. 9 K 343/14) entschieden die Richter aus der Leinestadt, dass die Steuerfahndung auf der Suche nach potentiellen Steuersündern auch Sammelauskünfte von Plattformbetreibern wie Amazon und Co. anfordern kann. Konkret hatten die Fahnder für die Jahre 2007 bis 2009 Adressdaten, Bankinformationen und konkrete Verkaufszahlen von Amazon-Händlern angefordert, die jährlich mehr als 17.500 Euro Umsatz über Amazon erzielt haben.
Diese Daten hat Amazon zwischenzeitlich geliefert. Der Weg für weitere Nachforschungen der Finanzämter ist damit frei. Power-Seller müssen mit einem bösen Erwachen rechnen, sofern sie ihre Einnahmen bisher nicht korrekt versteuert haben. Herausreden gilt dabei nicht. Nach einem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2017 (Az. 1 K 2431/17) sind die Umsätze aus Ebay-Verkäufen der Person zuzurechnen, unter deren Nutzernamen die Verkäufe ausgeführt worden sind.
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Webseiten im Visier
Nicht nur die Internetflohmärkte von Ebay, Amazon und Co. stehen im Fadenkreuz der Steuerfahnder. Die Ermittler durchforsten auch andere Portale wie mobile.de, autoscout24.de und my-hammer.de nach Zeitgenossen, die sich ein Zubrot mit Waren und Dienstleistungen oder als Blogger und Influencer verdienen. Auch Portale wie smava.de und auxmoney.com, über die sich Privatleute untereinander Kredite gewähren, oder Vermietungsportale wie Airbnb nehmen die Beamten unter die Lupe.
Sie suchen nach Geldanlegern, die ihre Zinserträge abgeltungssteuerfrei kassieren oder nach privaten Vermietern, die Teile ihrer eigenen Wohnung am Fiskus vorbei lukrativ vermieten und die notwendige Nachversteuerung über die Steuererklärung "vergessen".
So bekam vor zwei Jahren auch die Europazentrale des Vermietungsgiganten Airbnb in Irland Post von der deutschen Steuerfahndung – angefordert wurden die Adressdaten und Umsatzübersichten deutscher Vermieter. Wer dem Fiskus Abgaben schuldig bleibt, kann sich auch nicht einfach unbemerkt aus dem Staub machen. Nicht nur die Meldebehörden müssen das neue Domizil offenbaren. Auch die Post leistet mit ihrer Umzugsdatenbank "Postadress Move" kräftig Amtshilfe. In den erteilten Nachsendeaufträgen stöbern pfiffige Steuerfahnder säumigen Steuerzahlern hinterher, um die neue Anschrift zu ermitteln und überfällige Abgaben einzutreiben.
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Um dem weltweiten Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel wirksamer zu begegnen, hat die Bundesregierung bereits Anfang letzten Jahres strengere Regeln für Amazon, Ebay und Co. beschlossen. Sie haften jetzt für den Umsatzsteuerschaden, wenn Händler über ihre Plattformen Waren verkaufen ohne Mehrwertsteuer an den Fiskus abzuführen. Die Regelung soll zwar in erster Linie unseriöse Anbieter aus Fernost treffen – seit 1. Oktober 2019 sind aber auch alle inländischen Anbieter von der Neuregelung betroffen. Um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, lassen sich die Online-Flohmärkte von ihren registrierten Händlern eine Bescheinigung des Finanzamtes vorlegen, dass diese als gewerbliche Händler beim deutschen Fiskus registriert sind. Die Plattformen sperren konsequent den Onlinezugang, sollte der Händler diese Bescheinigung nicht vorlegen.