Vormundschaft: Versorgung minderjähriger Kinder – wie ist die Rechtslage?
Wer kümmert sich um minderjährige Kinder und übernimmt die Vormundschaft, wenn ein Elternteil oder beide Eltern gleichzeitig sterben, sei es durch einen Unfall oder eine Krankheit? Nicht automatisch kommen die Kinder immer zum nächststehenden Verwandten, die dann Vormund oder Vormundin werden. Und auf den Taufpaten läuft entgegen landläufiger Meinung keineswegs das Sorgerecht über.
Was passiert mit dem Kind, wenn ein Elternteil stirbt?
Wenn Mutter und Vater beide das Sorgerecht haben und ein Elternteil verstirbt, hat automatisch der überlebende Elternteil das alleinige Sorgerecht. Das gilt bei gemeinsam lebenden Eltern genauso wie bei Eltern, die getrennt sind. Geregelt ist dies im Paragraph 1680 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):
- "(1) Stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu und ist ein Elternteil gestorben, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu."
Hat der verstorbene Elternteil das Sorgerecht alleine ausgeübt, spricht das Familiengericht in der Regel dem leiblichen Elternteil das Sorgerecht zu, vorausgesetzt es widerspricht nicht dem Wohl des Kindes. §1680 BGB
- "(2) Ist ein Elternteil, dem die elterliche Sorge gemäß § 1626a Absatz 3 oder § 1671 allein zustand, gestorben, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht."
Was passiert mit dem Kind, wenn beide Eltern sterben?
Wenn ein Kind gleich beide Eltern verliert, entscheidet ebenfalls das Familiengericht, wer in Zukunft die Sorge tragen soll und damit die Vormundschaft übernimmt.
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Vormund: Wer bekommt das Sorgerecht fürs Kind?
Entscheidet das Familiengericht, wo ein minderjähriges Kind aufwachsen soll, wird es in den meisten Fällen das Sorgerecht auf den noch lebenden Elternteil übertragen, auch wenn diesem eventuell in der Vergangenheit das Sorgerecht entzogen wurde. Das Wohl des Kindes steht bei der Entscheidung im Mittelpunkt.
Gibt es berechtigte Zweifel, dass das Kind beim verbleibenden Elternteil gut aufgehoben ist, wird das Gericht einen anderen Vormund bestimmen. Dabei werden immer die persönlichen und finanziellen Verhältnisse des potentiellen Vormunds in die Entscheidung miteinbezogen.
Was ist ein Vormund?
Ein Vormund oder eine Vormundin ist der gesetzliche Vertreter beziehungsweise die Vertreterin für das Kind. Der Person wird das elterliche Sorgerecht übertragen.
Gesetzlicher Vormund
Alternativ kommen als Vormund andere Angehörige des Kindes in Frage. Bekommt beispielsweise die Tante das Sorgerecht übertragen, heißt das nicht, dass sie das Kind auch bei sich aufnehmen wird. Sie kann durchaus bestimmen, dass das Kind in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie aufwachsen soll. Grundsätzlich gilt: Das Gericht behält eine Kontrollfunktion. Bei bestimmten Rechtsgeschäften muss das Gericht einbezogen werden, etwa bei Grundstücks- oder Immobiliengeschäften, die der Vormund im Namen des Kindes tätigt.
Amtsvormund
Gibt es keine geeignete Person aus dem näheren Umfeld des Kindes, kann das Gericht auch einen Fremden, einen sogenannten Amtsvormund bestellen. Das kann ein Mitarbeiter des Jugendamtes sein oder ein Mitglied aus einem Vormundschaftsverein. Auch der Amtsvormund muss bei bestimmten Entscheidungen das Gericht befragen. Auch beim Amtsvormund wird das Kind nicht zuhause einziehen. Viel eher kommt es dann in eine Pflegefamilie oder in ein Heim. Darüber entscheidet dann der amtliche Vormund.
Familiengericht & Entscheidung Vormundschaft: Bindungen des Kindes berücksichtigen
Sicher ist, dass das Gericht bei der Entscheidung über eine Vormundschaft immer versuchen wird, das Kind, so weit das möglich ist, in seinem gewohnten Umfeld zu belassen und es wird auch versuchen, den Wunsch der Eltern umzusetzen. Ebenso werden enge Bindungen des Kindes an Verwandte der Familie, an Freunde oder Bekannte, berücksichtigt. Das ist im Paragraph 1779 Bürgerliches Gesetzbuch geregelt:
- "…(2) Das Familiengericht soll eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Personen sind der mutmaßliche Wille der Eltern, die persönlichen Bindungen des Mündels, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Mündel sowie das religiöse Bekenntnis des Mündels zu berücksichtigen…."
Übrigens: Taufpaten sollen allein die christliche Erziehung beziehungsweise Entwicklung ihres Patenkindes fördern. Sie übernehmen nicht das Sorgerecht, wenn den Eltern etwas zustößt. Das war früher anders.
Vormund bestimmen per Sorgerechtsverfügung
Wenn Eltern mitbestimmen wollen, wer die Vormundschaft für ihr Kind oder ihre Kinder übernehmen soll, wenn sie selbst nicht mehr das Sorgerecht ausüben können, sollten sie eine Sorgerechtsverfügung verfassen.
Eine solche Verfügung ist Teil eines Testaments oder eines Erbvertrags, kann aber auch alleiniger Inhalt eines Testaments sein. Eltern können in einer Sorgerechtsverfügung eine Person nennen, die die Vormundschaft im Ernstfall übernehmen soll, allerdings dürfen gesetzliche Regelungen dabei nicht umgangen werden. So kann etwa bei getrennt lebenden Eltern nicht der Elternteil, bei dem das Kind nach der Trennung nicht gelebt hat, als Vormund einfach ausgeschlossen werden, nur weil man ihn unsympathisch findet oder sich zerstritten hat. Ansonsten muss sich ein Gericht an die Angaben in der Sorgerechtsverfügung halten, außer in der Verfügung ist eine Person vorgeschlagen, die nach Ansicht des Gerichts das Wohl des Kindes nicht sicherstellen kann. In einer Sorgerechtsverfügung können Eltern auch Personen festlegen, die das Sorgerecht auf keinen Fall erhalten sollen.