Wer im Frühjahr 2022 nach dem kriegsbedingten Ukraine-Crash Aktien und andere Wertpapiere mit herben Verlusten verkauft hat, dem bleibt zumindest ein kleiner Trost: Er kann den Fiskus an den erlittenen Miesen finanziell beteiligen. Allerdings sollten Anleger und Anlegerinnen die steuerlichen Spielregeln genau kennen.
Aktienverluste verrechnen – welche Regeln gelten?
Verluste mit Wertpapieranlagen sind schmerzhaft – tun aber nur noch halb so weh, wenn man sie steuerlich geltend machen kann. Allerdings erkennt das Finanzamt längst nicht alle Verluste an. Wichtigste Grundregel: Verluste aus Kapitalanlagen dürfen generell auch nur mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden – nicht jedoch mit anderen Einkünften – zum Beispiel aus einer Tätigkeit als Gewerbetreibender, Arbeitnehmer oder Vermieter.
Verlustverrechnung Aktien: Altverluste oder Verluste aus Neuanlagen ab 2009?
Innerhalb der Kapitalerträge unterscheiden Banken und Fiskus seit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 zudem strikt zwischen Altverlusten, die bis Ende 2008 entstanden sind, und Verlusten, die sich ab 2009 aus Neuanlagen ergeben haben. Für beide gelten völlig unterschiedliche Regelungen. Banken und Fondsgesellschaften dürfen unterjährig nur Gewinne und Verluste automatisch miteinander verrechnen, die aus Neuanlagen ab dem 1. Januar 2009 erzielt wurden. Blieb Ende 2022 aus allen Kapitalanlagen ein Verlust übrig, kann dieser zeitlich unbeschränkt in künftige Jahre vorgetragen und mit dort entstehenden Gewinnen und Kapitalerträgen verrechnet werden.
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Aktienverluste mit Aktiengewinnen und Dividenden verrechnen
Aktiensparer müssen allerdings mit einer Besonderheit leben – Verluste aus ab 2009 getätigten Aktienkäufen dürfen nach der derzeit geltenden Rechtslage nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden. Ob das noch lange so bleibt, ist allerdings fraglich.
Beschluss des BFH
Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 17. November 2020 (Az. VIII R 11/18) halten die obersten Steuerrichter des Landes diese Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktionäre für verfassungswidrig und haben die Streitsache deshalb dem Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvL 3/21) zur letzten Entscheidung vorgelegt. Sie sehen einfach keine sachliche Rechtfertigung für die steuerlich eingeschränkte Verrechenbarkeit erlittener Aktienverluste. Schließen sich auch die obersten Verfassungshüter dieser Meinung des BFH an, wäre es künftig für Aktiensparer leichter, ihre realisierten Verluste steuerlich zu verrechnen.