Auf einen Blick
  • Banken und Fiskus unterscheiden strikt zwischen Altverlusten, die bis Ende 2008 entstanden sind, und Verlusten, die unter der Abgeltungssteuerpflicht ab 2009 aus Neuanlagen entstehen.

  • Für die Steuererklärung benötigen Anleger eine Verlustbescheinigung, wenn sie rote Zahlen mit dem Fiskus abrechnen wollen. Diese muss bis zum 15. Dezember des laufenden Steuerjahres bei den jeweiligen Depotbanken angefordert und dann nach Jahresablauf mit der Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht werden.
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Wer im Frühjahr 2020 im Corona-Crash Aktien und andere Wertpapiere mit herben Verlusten verkauft hat, dem bleibt zumindest ein kleiner Trost: Er kann den Fiskus an den erlittenen Miesen finanziell beteiligen. Allerdings sollten Anleger die steuerlichen Spielregeln genau kennen.

 

Aktien und Steuern: Verrechnung von Verlusten, Abgeltungssteuer & Co.

Verluste mit Wertpapieranlagen sind schmerzhaft – tun aber nur noch halb so weh, wenn man sie steuerlich geltend machen kann. Allerdings erkennt das Finanzamt längst nicht alle Verluste an. Wichtigste Grundregel: Verluste aus Kapitalanlagen dürfen generell auch nur mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden – nicht jedoch mit anderen Einkünften – zum Beispiel aus einer Tätigkeit als Gewerbetreibender, Arbeitnehmer oder Vermieter.

Unterscheidung: Altverluste oder Verluste aus Neuanlagen ab 2009?

Innerhalb der Kapitalerträge unterscheiden Banken und Fiskus seit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 zudem strikt zwischen Altverlusten, die bis Ende 2008 entstanden sind, und Verlusten, die sich ab 2009 aus Neuanlagen ergeben haben. Für beide gelten völlig unterschiedliche Regelungen. Banken und Fondsgesellschaften dürfen unterjährig nur Gewinne und Verluste automatisch miteinander verrechnen, die aus Neuanlagen ab dem 1. Januar 2009 erzielt wurden. Blieb Ende 2020 aus allen Kapitalanlagen ein Verlust übrig, kann dieser zeitlich unbeschränkt in künftige Jahre vorgetragen und mit dort entstehenden Gewinnen und Kapitalerträgen verrechnet werden.

Aktienverluste mit Aktiengewinnen verrechnen

Aktiensparer müssen allerdings mit einer Besonderheit leben – Verluste aus ab 2009 getätigten Aktienkäufen dürfen nach der derzeit geltenden Rechtslage nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden. Ob das noch lange so bleibt, ist allerdings fraglich. Nach einem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 17. November 2020 (Az. VIII R 11/18), der zeitverzögert erst am 4. Juni 2021 veröffentlicht wurde, halten die obersten Steuerrichter des Landes diese Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktionäre für verfassungswidrig und haben die Streitsache deshalb dem Bundesverfassungsgericht zur letzten Entscheidung vorgelegt. Sie sehen einfach keine sachliche Rechtfertigung für die steuerlich eingeschränkte Verrechenbarkeit erlittener Aktienverluste. Schließen sich auch die obersten Verfassungshüter dieser Meinung des BFH an, wäre es künftig für Aktiensparer leichter, ihre realisierten Verluste steuerlich zu verrechnen. Für Bundesfinanzminister Scholz bedeutet der Richterspruch des BFH zu Aktienverlusten nach dem milliardenteuren Urteil zur fehlerhaften Rentenbesteuerung bereits die zweite Ohrfeige des höchsten deutschen Steuergerichts innerhalb weniger Wochen.

  • Biallo-Tipp: Betroffene Anleger halten unbedingt alle Steuerbescheide der Altjahre per Einspruch offen, bis die Behandlung erlittener Verluste endgültig juristisch geklärt ist.

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Verluste landen im Verlustverrechnungstopf der Depotbanken

Um die geltenden Spielregeln einhalten zu können, führt die Depotbank für jeden Anleger elektronisch bis Ende 2019 zwei Verlustverrechnungstöpfe. Bis 2021 sind zwei weitere Verlusttöpfe hinzugekommen (siehe weiter unten).

Im ersten Topf landen bis dato realisierte Verluste aus Verkäufen von Aktien, deutschen REITs (= Real Estate Investment Trust, börsennotierte Immobiliengesellschaften wie die Hamborner AG) und Vollrisikozertifikaten mit Andienungsrecht, sofern Anleger diese Papiere nach dem 31. Dezember 2008 ins Depot gepackt haben. Die Einbußen aus Aktiengeschäften zählen ab 2009 zwar in voller Höhe bei der Steuer mit – die Miesen werden in diesem Speicher aber solange auf Eis gelegt, bis bei der gleichen Bank aus Aktiendeals ein verrechenbarer Gewinn entsteht.

Im zweiten Topf landeten bis Ende 2019 zunächst alle übrigen realisierten Verluste aus Wertpapieranlagen, die seit 2009 getätigt wurden. Erfasst werden Gewinne und Verluste aus dem Handel mit Anleihen, Zertifikaten, Fondsanteilen sowie gezahlte Stückzinsen. Sämtliche Nebenkosten beim An- und Verkauf wie Bankspesen und Maklercourtage zählen mit. Ab 2020 führen die Banken einen weiteren Verlusttopf – hier werden ausschließlich Totalverluste aus dem wertlosen Verfall von Kapitalforderungen, Optionsscheinen und Zertifikaten oder aus der Ausbuchung wertloser Aktien – zum Beispiel nach einer Firmenpleite erfasst. Seit Jahresanfang 2021 werden zudem Verluste aus Termingeschäften in einem vierten Verlusttopf separat aufgespeichert.

 

Aktienverluste in der Steuererklärung

Die depotführenden Institute führen die verschiedenen Verlusttöpfe getrennt voneinander unterjährig fort. Das hat für Anleger einen entscheidenden Vorteil: Sie müssen ihrem einmal bezahlten Steuergeld nicht lange hinterherlaufen. Die Bank erstattet auch im laufenden Jahr zu viel gezahlte Steuern zurück.

Beispiel: Hat ein Anleger im Januar 2021 mit Aktien einen Kursgewinn von 1.000 Euro erzielt und darauf 250 Euro Abgeltungssteuer bezahlt und realisiert er im Juni 2021 einen verrechenbaren Kursverlust mit Aktien von ebenfalls 1.000 Euro, zahlt die Bank die im Januar einbehaltenen 250 Euro Steuern direkt wieder aus.

Mancher Anleger kann sich deshalb das Ausfüllen komplizierter Steuerformulare sparen. Ehepaare sind im Vorteil, wenn sie ihrer Depotbank einen gemeinsamen Freistellungsauftrag erteilt haben. Dann erfolgt eine konten- und depotübergreifende Verrechnung von Kursgewinnen und -verlusten. Führen die Ehepartner allerdings Depots bei verschiedenen Banken, kommen sie auch weiterhin um eine Steuererklärung nicht herum.

Wie die Besteuerung von Fonds und ETFs funktioniert, erläutern wir in unserem Ratgeber zum Thema Vorabpauschale.

Verlustvortrag ist möglich

Anleger mit Depots bei mehreren Banken können eine institutsübergreifende Verlustverrechnung nur über die jährliche Steuerveranlagung erreichen. Dazu müssen Sie bis zum 15. Dezember des laufenden Steuerjahres bei ihren Depotbanken eine Verlustbescheinigung anfordern und dann nach Jahresablauf mit der Steuererklärung beim Finanzamt einreichen. Wer das im Dezember 2020 für das vergangene Jahr versäumt hat, bekommt dieses Jahr eine neue Chance – die Verluste gehen nicht unter.

  • Biallo-Tipp: Für die Steuerabrechnung 2021 muss die Bescheinigung bis zum 15. Dezember 2021 bei der Depotbank beantragt werden.

Ein BMF-Schreiben vom 3. Juni 2021 (Aktenzeichen IV C 1 – S 2252/19/10003:02 – Download unter www.bundesfinanzministerium.de) stellt zudem in Tz. 118 noch einmal klar, in welcher genauen Reihenfolge die Steuer sparende Verrechnung von Kursgewinnen und -verlusten zu erfolgen hat. Insgesamt sind acht aufeinanderfolgende Schritte vorgesehen und das Ganze ist so komplex, dass normale Anleger ohne die Hilfe eines Steuerberaters da kaum mehr durchblicken dürften. Als Faustregel gilt: Zuerst werden die Verluste aus dem aktuellen Jahr verrechnet – erst dann kommen die Verlustvorträge aus Vorjahren zum Zuge. Zuerst werden demnach aus dem Topf 1 sämtliche Aktienverkaufsgewinne aller bescheinigten Depots mit Aktienverkaufsverlusten aus dem aktuellen Jahr verrechnet. Danach folgen Gewinne und Verluste aus Termingeschäften des aktuellen Jahres (Topf 4) sowie Totalverluste aus dem aktuellen Jahr (Topf 3). Dann sind Verluste und sonstige Kapitalerträge aus dem aktuellen Jahr dran (Topf 2). Erst danach berücksichtigt das Finanzamt – in genau der nachfolgend genannten Reihenfolge – Verlustvorträge aus Aktiendeals vergangener Jahre, Verlustvorträge aus Termingeschäften, Verlustvorträge aus dem Totalverlusttopf und zuletzt die sonstigen Verlustvorträge.

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Aktienverkauf Steuer: Wann sind Verluste aus einem Aktienverkauf steuerwirksam?

Um den Wertverlust einer Aktie steuerwirksam werden zu lassen, muss man das Papier eigentlich verkaufen. Das Bundesfinanzministerium war bislang allerdings der Ansicht, dass ein Verlust nicht steuerwirksam wird, wenn der Verkaufspreis für die Papiere gerade mal die Bankspesen und die anfallende Maklercourtage abdeckt (BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, Bundessteuerblatt 2016 Teil I Seite 85). Da der Fiskus bis Ende April 2019 seine Meinung bei den Depotbanken durchgedrückt hat, wurden derartige Verkaufsverluste bis Ende 2019 nicht im Verlusttopf für Aktien eingestellt.

Der BFH hat jedoch mittlerweile bereits mit zwei Urteilen vom 12. Juni 2018 (Az. VIII R 32/16) und vom 29. September 2020 (Az. VIII R 9/17) gegen den Fiskus entschieden, dass ein steuerwirksamer Verkauf auch dann vorliegt, wenn die Transaktionskosten nicht abgedeckt sind. Außerdem entschieden die Richter aus München, dass Anleger diese roten Zahlen auch bei fehlender Bankbescheinigung über die Einkommensteuererklärung geltend machen können. Erst mit BMF-Schreiben vom 10. Mai 2019 (Az. IV C 1 S 2252/08/1004: 26) hat das Finanzministerium seine Niederlage eingestanden und will derartige Aktienverluste anerkennen.

Doch Vorsicht: Ihre Bescheinigungspraxis mussten die Banken definitiv erst ab 2020 ändern. Es kann also für Altjahre bis 2019 noch Aktienverluste geben, die in der Bankbescheinigung nicht ausgewiesen werden. Die müssen Anleger auf eigene Initiative beim Fiskus geltend machen. Heben Sie deshalb alle An- und Verkaufsbelege auf, falls das Finanzamt diese nachträglich anfordert.

  • Biallo-Tipp: Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 12. Dezember 2018 (Az. 2 K 1952/16) entschieden, dass sogar die ersatzlose Ausbuchung wertlos gewordener Aktien aus dem Depot zu einem steuerlich abzugsfähigen Verlust führt. Endgültig entscheiden muss der BFH – seit dem 20. März 2019 ist ein Revisionsverfahren unter Az. VIII R 5/19 anhängig.

Was geschieht mit Verlusten aus Aktien bei Insolvenzverfahren?

Aktienverluste sind steuerlich nicht bereits dann realisiert, wenn über das Vermögen der Aktiengesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Betroffene Aktionäre können ihre Wertverluste erst später geltend machen, entweder wenn sie die havarierte Aktie verkaufen, ihre Mitgliedschaftsrechte durch Löschung der AG im Handelsregister verlieren oder wenn das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt hat (BFH-Urteil vom 17. November 2020 (Az. VIII R 20/18).

Verliert ein Aktionär seine Aktien durch eine von der AG beschlossene Kapitalherabsetzung auf null in Verbindung mit einem Bezugsrechtsausschluss für die anschließende Kapitalerhöhung zur Sanierung der gestrauchelten Firma, sind die erlittenen Verluste ebenfalls absetzbar (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2019 VIII R 34/16). Das reine Delisting von Aktien soll nach einer aktuellen Anweisung der Hamburger Senatsverwaltung für Finanzen vom 2. November 2020 (Az. S 2252 – 2020716) noch nicht zur Verlustrealisierung ausreichen.

Wie mache ich Verluste aus Knock-Out-Zertifikaten steuerlich geltend?

Sind Sie mit ihren Knock-out-Zertifikaten auf die Bretter gegangen, können Sie die verlorene Investition mit anderen Kapitalerträgen verrechnen. Das hat der BFH entschieden (BFH-Urteil vom 20. November 2018, Az. VIII R 37/15). In einem weiteren Urteil vom 16. Juni 2020 (Az. VIII R 1/17) urteilte der BFH, dass sogenannte Wave-XXL-Papiere steuerlich als Optionsscheine einzustufen sind – erlittene Verluste werden damit steuerlich ebenfalls absetzbar. Bei dieser besonderen Spielart von Knock-Out-Zertifikaten wird dem Inhaber des Wertpapiers das Recht verbrieft während der – allein durch eine Stopp-Loss-Schwelle begrenzten – Laufzeit vom Emittenten einem Barausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem aktuellen Wert des Basiswertes, vermindert um ein Bezugsverhältnis zu verlangen.

Totalverluste aus derartigen Knock-Out-Zertifikaten fallen zwar nicht unter die ab 2021 geltende gesetzliche Verlustbeschränkung für Termingeschäfte – beim Knock Out greift aber die seit 2020 bestehende Verlustverrechnung für Totalverluste aus Wertpapieren – erlittene Verluste sind nur bis zu 20.000 Euro jährlich verrechenbar, der Rest wird auf künftige Jahre vorgetragen. Nur wenn man die Papiere vor dem Knock Out mit Verlust aus dem Depot wirft, bleiben die roten Zahlen voll abziehbar.

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Wie werden Verluste aus Mittelstandsanleihen und Privatdarlehen steuerlich berücksichtigt?

Die Finanzämter wollten Anlegerverluste aus dem Kauf von hochverzinsten Mittelstandsanleihen oder Kreditausfälle aus privaten Darlehensvergaben lange Zeit steuerlich überhaupt nicht akzeptieren. Sie beriefen sich dabei auf eine Anweisung aus dem Bundesfinanzministerium (BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, BStBl. 2016 Teil I Seite 85, Textziffer 60). Doch solche Anweisungen binden nur die Finanzämter – für den einzelnen Steuerzahler sind sie nicht maßgeblich. Der BFH hat der in dem BMF-Schreiben vorgegebenen Verwaltungspraxis für Privatdarlehen bereits eine klare Absage erteilt (Urteil vom 24.Oktober 2017 Az. VIII R 13/15).

Die Finanzämter müssen nun bundesweit umdenken – das fällt einigen Ämtern aber sichtlich schwer. Ein offizielles Statement der Behörden zu der neuen Rechtslage für Verluste, die bis Ende 2019 entstanden sind, steht immer noch aus. Man beriet intern lieber jahrelang, wie man mit dem teuren Richterspruch umgehen möchte (Kurzinformation der OFD Nordrhein-Westfallen vom 23. Januar 2018). Das BFH-Urteil wurde deshalb erst Ende 2020 – also über drei Jahre nach dem Urteil – amtlich veröffentlicht und ist jetzt für alle betroffenen Steuerzahler allgemein anwendbar. Teilweise weisen die Finanzämter entsprechende Anträge auf Verlustabzug aber immer noch zurück und verweisen darauf, dass der Richterspruch des BFH vom 24. Oktober 2017 eine Einzelfallentscheidung war. Das stimmt aber so nicht. Betroffene Steuerzahler sollten sich per Einspruch gegen den Steuerbescheid zur Wehr setzen und auf die mittlerweile klare Rechtslage verweisen.

Geklärt werden muss auch noch, zu welchem Zeitpunkt die Verluste aus privaten Darlehensvergaben steuerwirksam werden (Az. VIII R 28/18). Dass der Kreditausfall überhaupt steuerlich abziehbar ist, hatte zuvor schon das Finanzgericht Düsseldorf als Vorinstanz festgestellt (Urteil vom 18. Juli 2018 – Az. 7 K 3302/17 E). Mit Urteil vom 25. September 2018 hat das FG Düsseldorf entschieden, dass auch die Enteignung von Anleihe-Inhabern zu steuerlich abziehbaren Verlusten führen muss (Az. 13 K 93/16).

Neu seit 2020: Höchstbetrag bei Verrechnung von Totalverlusten auf 20.000 Euro angehoben

Mit dem Jahressteuergesetz 2019 hat das von Olaf Scholz geführte Bundesfinanzministerium die missliebige Rechtsprechung rund um wertlos ausgebuchte Aktien, verfallene Optionen und Zertifikate und Verluste aus insolventen Anleihen und ausgefallenen privaten Darlehen komplett für ab 2020 entstehende Verluste wieder einkassiert. Werden Aktien und Anleihen nach einer Firmenpleite wertlos, durften Anleger die erlittenen Totalverluste seit Jahresanfang 2020 nur noch bis zur Höhe von zunächst 10.000 Euro mit übrigen steuerpflichtigen Kapitalerträgen verrechnen. Nicht genutzte Verluste werden auf künftige Jahre vorgetragen. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde dieser Höchstbetrag gerade erst rückwirkend ab 1. Januar 2020 auf 20.000 Euro angehoben.

Lassen Sie sich nicht irritieren – in der amtlichen Ausfüllhilfe für die Steuererklärung 2020 (Anlage KAP) steht noch der überholte Wert von maximal 10.000 Euro. Um das Ganze zu überwachen, sollen die Banken einen weiteren Verlusttopf für derartige Wertverluste führen.

Verluste aus Termingeschäften – was gilt hier für die Steuer?

Ab 2021 realisierte Verluste aus Termingeschäften dürfen ebenfalls nur noch mit gleichartigen Gewinnen und nur noch bis maximal 20.000 Euro jährlich Steuer sparend verrechnet werden. Das gilt auch für Börsianer, die Termingeschäfte zur Absicherung ihrer Aktiendeals einsetzen. Damit führen die Banken künftig einen vierten separaten Verlusttopf für umtriebige Anleger und Sparer. Allerdings fehlt in dem schlampig gemachten Gesetz eine genaue Definition, was genau unter der Kategorie Termingeschäfte zu verstehen ist.

Das Bundesfinanzministerium schaffte mit einem Schreiben vom 3. Juni 2021 (Az. IV C 1 – S 2252/19/10003:002) endlich Klarheit. Die gute Nachricht zuerst: Hebelzertifikate und Optionsscheine, mit denen viele Börsianer ihre Wertpapierdepots gegen Kursschwankungen absichern, gehören nicht zu den Termingeschäften – Verluste bei Veräußerung bleiben damit ohne Einschränkungen voll abziehbar. Beim Verfall oder Knock Out von Zertifikaten greift aber auch hier eine Verlustbeschränkung auf 20.000 Euro pro Jahr. Ungenutzte rote Zahlen können in das Folgejahr mitgenommen werden – verloren geht also nichts. Zu den Termingeschäften zählen aber Profipapiere wie Optionen, Swaps, Devisentermingeschäfte, Forwards und Futures sowie Contracts for Difference (CFDs). Für sie wird ein eigener Verlusttopf geführt und die Verrechenbarkeit auf 20.000 Euro jährlich beschränkt. Ungenutzte Verluste werden vorgetragen.

  • Biallo-Tipp: Profi-Börsenspekulanten behalten die weitere steuerliche Entwicklung genau im Auge. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) hat eine Klage gegen diese gesetzliche Neuregelung angekündigt. Betroffene Anleger legen Einspruch gegen ihren Steuerbescheid für 2020 ein und warten ohne eigenes Klage- und Kostenrisiko auf den Ausgang dieser Musterklage.

Altverluste mit privaten Veräußerungsgewinnen verrechnen

Mit Altverlusten aus der Zeit bis Ende 2008 haben Depotbanken und Fondsgesellschaften nichts zu schaffen – dennoch sind sie nicht wertlos. Anleger müssen diese nur bei ihrem Finanzamt geltend machen. Sie durften ihre roten Zahlen aus der Zeit bis 2008 zwar in das neue Steuersystem der Abgeltungssteuer hinüberretten. Allerdings konnten sie diese Altverluste nur noch zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2013 über die Steuererklärung mit Kursgewinnen aus allen Wertpapiergeschäften ab 2009 verrechnen. Dazu zählen also auch Profite aus dem Verkauf von Anleihen, Zertifikaten und Fondsanteilen – nicht jedoch Zinserträge oder Dividenden sowie Auszahlungen aus Lebensversicherungen oder Fondsausschüttungen. Seit 2014 können noch nicht verwertete Altverluste nur noch mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften wie dem steuerpflichtigen Verkauf von vermieteten ImmobilienEdelmetallen wie Goldbarren oder -münzen oder Antiquitäten verrechnet werden.

Einige deutsche Unternehmen zahlen steuerfreie Dividenden aus. Doch ob die Dividenden am Ende wirklich steuerfrei einkassiert werden können, hängt einzig davon ab, wann man die Aktien gekauft hat.

Biallo-Tipp

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Über den Autor Michael Schreiber

Hat Steuerrecht studiert und ist als Diplom-Finanzwirt (FH) seit 35 Jahren Finanzbeamter, davon seit 24 Jahren Betriebsprüfer und seit 2009 Sachgebietsleiter in einem Finanzamt für Großbetriebsprüfung. Seit 1991 schreibt er nebenberuflich über Steuer- und Geldanlagethemen. Seine Schwerpunkte sind dabei steuerliche Gestaltungsfragen, Geldanlagen im Wertpapier- und Immobilienbereich, Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie allgemeine Verbraucherthemen rund um die Themen Geld, Versicherungen, Miete, Recht, Verkehr, Ehe und Familie.

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