Altersvorsorge – Stabile Renten und Eintrittsalter
Die künftigen Koalitionäre versprechen, das Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen und die Höhe der gesetzlichen Rente stabil zu halten sowie “in dieser Legislaturperiode den Beitragssatz nicht über 20 Prozent anzuheben”. Daneben soll die Umlage finanzierte Rente um eine kapitalmarktbasierte Säule erweitert werden. Vor allem die FDP machte sich hier für eine Aktienrente nach schwedischem Vorbild stark. Danach ist unter anderem geplant, im kommenden Jahr zehn Milliarden Euro aus Bundesmitteln an die Deutsche Rentenversicherung zu überweisen. Dieses Geld wird am Kapitalmarkt angelegt und soll langfristig die Rendite und die Stabilität des Rentensystems erhöhen.
Ein weiterer Punkt ist die Reform der privaten Altersvorsorge. Als neue Form der geförderten Altersvorsorge bringen die Parteien laut Sondierungspapier "einen öffentlich verantworteten Fonds mit individueller Abwahlmöglichkeit" ins Spiel. Um verstärkt untere Einkommensgruppen zu mehr privater Vorsorge zu bewegen, wird über eine neue staatliche Förderung nachgedacht. Darüber hinaus möchten die Parteien prüfen, ob andere Anlageprodukte mit höheren Renditepotentialen als die aktuellen Riester-Lösungen möglich sind. Für laufende Riester-Verträge soll bis auf Weiteres Bestandsschutz gelten.
Sparen und Anlegen – höherer Freibetrag, transparente Gebühren
Eine gute Nachricht winkt Sparerinnen und Sparern. Die Koalitionäre wünschen sich die Anhebung des Sparerpauschbetrags. Derzeit müssen Anlegerinnen und Anleger für Dividenden, Fondsausschüttungen oder realisierte Kursgewinne, die den Jahresbetrag von 801 Euro (Verheiratete: 1.602 Euro) überschreiten, 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Soli und ggf. Kirchensteuer zahlen. Diese Grenze soll auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben werden.
Die Grünen plädieren für die Abschaffung von Provisionen, wie sie vor allem beim Abschluss von Versicherungs- und Wertpapiersparverträgen üblich sind. Für diese Positionen gibt es Unterstützung von Verbraucherverbänden sowie der SPD. Hintergrund ist, dass Provisionszahlungen wegen unterschiedlich hoher Vergütungen zu falschen Anreizen bei der Beratung sowie dem Produktverkauf führen können. Diese Gefahr soll durch eine „unabhängige Honorarberatung“ ersetzt werden, bei der die Entlohnung des Beraters losgelöst vom Produkt erfolgt.
Bargeld und Geldwäsche – Die Geldbörse darf weiterhin klimpern
Des Deutschen liebstes Kind, das Bargeld, soll uneingeschränkt bestehen bleiben. Entgegen den Vorstellungen der EU, die für Bargeldzahlungen eine Obergrenze einführen möchte, plädieren die Ampel-Parteien für den uneingeschränkten Gebrauch von Münzen und Scheinen als bewährtes und akzeptiertes Zahlungsmittel.
Eine einschneidende Maßnahme im Kampf gegen Geldwäsche soll allerdings durchgesetzt werden: ein Verbot des Immobilienkaufs gegen Bargeld. Zudem müssen gewerbliche Käufer aus dem Ausland künftig nachweisen, dass ihr Geld zuvor versteuert wurde. Ein dritter Punkt ist die Schaffung eines Transparenzregisters, das zeigen soll, wem eine Immobilie tatsächlich gehört. Bisher konnten die Eigentumsverhältnisse zum Beispiel durch Einlage in Stiftungen verschleiert werden. Dadurch war es möglich, unrechtmäßig erworbenes Geld in Immobilienobjekte zu investieren.
Krankenversicherung – Einheitliche Bürgerversicherung nicht in Sicht
Das seit Jahrzehnten bestehende Nebeneinander von gesetzlicher und privater Kranken- und Pflegeversicherung wird auf Wunsch der FDP bestehen bleiben. Die seit vielen Jahren von SPD und Grünen favorisierte einheitliche Bürgerversicherung, wird wohl auch in dieser Legislaturperiode nicht realisiert werden können.
Wohnen und Mieten – mehr Sozialwohnungen, Entlastung für Eigenheimkäufer
Die künftigen Koalitionäre wollen den Wohnungsbau kräftig ankurbeln. Geplant ist der Neubau von jährlich 400.000 Wohnungen, ein Viertel davon soll öffentlich gefördert sein. Regelungen zum Schutz der Mieter wie etwa die Mietpreisbremse sollen bestehen bleiben. Änderungen streben die Experten bei der Besteuerung von Immobilienkäufen an. Käufer selbstgenutzter Häuser und Wohnungen sollen bei der Grunderwerbsteuer entlastet werden, im Gegenzug sollen Großinvestoren künftig Grunderwerbsteuer zahlen. Hier ist allerdings die Mitwirkung der Bundesländer erforderlich.
Steuern und Investitionen – Keine Entlastung, hoffen auf Superabschreibung
Die Pläne von SPD und Grünen zur Höherbesteuerung von großen Einkommen sowie für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer werden nicht kommen. Ebenso wenig die von der FDP geplanten Steuersenkungen für ihre Klientel. Die Koalitionsparteien möchten keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommens-, Unternehmens- und Mehrwertsteuer nicht erhöhen. Eine wichtige Botschaft sendet Olaf Scholz an Ökonomen, Wirtschaft und Finanzpolitiker: Die Schuldenbremse soll ab 2023 wieder in vollem Umfang greifen.
Frisches Geld für die Staatskasse und den geplanten Umbau der Wirtschaft Richtung Nachhaltigkeit möchten die Ampel-Parteien durch Streichung "überflüssiger, unwirksamer sowie umwelt- und klimaschädlicher Subventionen und Ausgaben" erreichen. In Ampel-Kreisen wird diesbezüglich auf eine Liste des Umweltbundesamts verwiesen, nach der jährlich mehr als 50 Milliarden Euro als umweltschädliche Subventionen fließen. Ins Visier geraten könnten etwa das Dieselprivileg, also die geringere Besteuerung von Dieselkraftstoff, die Steuerbefreiung auf Kerosin oder Steuervorteile bei Dienstwagen. Die Kaufprämie für Elektroautos könnte auf rein batteriebetriebene Fahrzeuge konzentriert werden und nicht mehr auf Plug-In Hybridfahrzeuge. Dies könnte eine weitere Verteuerung der Mobilität bedeuten. Eine große Blackbox sind die ebenfalls angedachten "Superabschreibungen". Sie sollen innovative und umweltfreundliche Investitionen deutlich ankurbeln.
Arbeit und Soziales: Mindestlohn steigt auf zwölf Euro
Das wichtigste Versprechen des künftigen Kanzlers Olaf Scholz soll gleich im ersten Regierungsjahr umgesetzt werden: Der gesetzliche Mindestlohn wird von derzeit 9,60 Euro auf zwölf Euro pro Stunde steigen. Weitere Erleichterungen in diesem Bereich sind geplant: So soll die Minijob-Obergrenze von 450 auf 520 Euro im Monat steigen, ebenso die Grenze für Midijobs, und zwar von 1.200 auf 1.600 Euro monatlich. Für Pflegekräfte stellt die neue Koalition eine Milliarde Euro für erneute Bonuszahlungen bereit, außerdem wird das Ziel verfolgt, eine Impfpflicht für Pflegekräfte einzuführen.
Bürgergeld statt Harz IV
Die Ampel-Partner wollen das Arbeitslosengeld II durch ein Bürgergeld ersetzen. Einzelheiten zur künftigen Ausgestaltung sind noch offen. Allerdings zeichnet sich ab, dass das Bürgergeld einige Vereinfachungen und Erleichterungen bringen dürfte. So wollen die Ampel-Partner die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Betroffene verbessern. Derzeit lohnt es sich für Hartz-IV-Empfänger oft nicht, kleinere Jobs anzunehmen, da ihnen der Verdienst vom Regelsatz abgezogen wird. Dies soll sich ändern. Zudem wollen die Parteien prüfen, ob die Regelungen zu Wohnungsgröße und Vermögensanrechnung künftig großzügiger als bei Hartz IV gestaltet werden können. Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, verteidigt die Pläne gegen Kritik. „Wir wollen bei der Grundsicherung mehr ändern als nur den Namen.“ Beim Bürgergeld müsse es sich künftig mehr lohnen, eine Arbeit aufzunehmen, auch wenn sie noch so klein sei. Zugleich müssten die Regelsätze ein Leben in Würde und Teilhabe an der Gesellschaft zulassen.
Kindergrundsicherung
SPD und Grüne möchten mit einer neuen Kindergrundsicherung ärmere Kinder, die derzeit in Hartz-IV-Haushalten oder in Familien mit niedrigem Einkommen leben, besser unterstützen. Zudem ist die Kindergrundsicherung als System gedacht, um verschiedene Sozialleistungen, die es in Deutschland für Kinder und Familien gibt, zusammenzuführen. Hierzu zählen beispielsweise Kindergeld, Kinderfreibeträge, Kinderzuschlag, das Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe. Die neue Koalition möchte außerdem die Kinderrechte im Grundgesetz verankern.
Bankenunion – Vorfahrt für Europa
Einigkeit herrscht wohl bei den Fragen von Bankenunion und Kapitalmarktunion. Die drei Parteien streben an, "die Bankenunion zu vollenden, um die europäische Volkswirtschaft und die globale Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Institute zu stärken". Zur umstrittenen Frage der Haftung innerhalb der Bankenunion schwebt den Ampel-Parteien eine europäische Rückversicherung zur Stützung der nationalen Einlagensicherungssysteme vor. Sollte ein Bankensystem in einem EU-Land bei einer Pleitewelle überfordert sein, würde diese Rückversicherung greifen.
Diese Position ist allerdings heftig umstritten. Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), kritisiert die bekannt gewordenen Zwischenergebnisse aus den Verhandlungen scharf: "Die Ampelkoalition in spe bewegt sich auf politischen Abwegen, fern einer faktenorientierten Betrachtung der Realität. Das ist nichts anderes als die Einführung der europäischen Einlagensicherung EDIS. Damit werden solide nationale Institutssicherungssysteme, wie das der Volksbanken und Raiffeisenbanken, einer vermeintlichen europäischen Solidarität und den Interessen internationaler Großbanken geopfert. Im Ergebnis heißt das, dass die genossenschaftliche Institutssicherung künftig für Bankenpleiten in anderen Ländern bezahlen soll."
Energiewende – Vorfahrt für Wind und Sonne
Die neue Ampelregierung möchte den Ausbau von Wind- und Solarenergie deutlich beschleunigen: So soll Deutschland bis 2030 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Dazu möchten die Parteien, dass planungsrechtliche Aspekte nicht mehr so oft an umweltrechtlichen Bedenken scheitern. Die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung und zum Transport erneuerbarer Energien sowie bei der Elektrifizierung der Schiene sollen beschleunigt werden. Eine wichtige klimapolitische Zielmarke wird verändert: Der Ausstieg aus der Kohle soll auf 2030 vorgezogen werden.
Angesicht der sich abzeichnenden finanziellen Mehrbelastungen möchten SPD, Grüne und FDP Verbraucher finanziell entlasten. So soll zum 1. Januar 2023 die Finanzierung der milliardenschweren EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms abgeschafft werden. Außerdem sollen Stromkunden mit geringem Einkommen entlastet werden. Zudem soll das Wohngeld verbessert und ein einmaliger Heizkostenzuschuss gewährt werden. Darüber hinaus sollen sich künftig auch die Vermieter an den steigenden Heizkosten aufgrund der CO2-Abgaben beteiligen.
Die Ampel-Parteien planen, bis zum Jahr 2030 die Zahl der Elektroautos auf deutschen Straßen auf bis zu 15 Millionen zu erhöhen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. In diesem Zusammenhang soll auch die Anzahl an Ladestationen in Deutschland steigen, dem Bericht zufolge auf rund eine Million Stationen.
Zusätzlich planen die Ampel-Parteien einheitliche Umweltstandards. So sollen Verbraucherinnen und Verbraucher künftig besser erkennen können, wie umweltfreundlich ein Unternehmen ist. Dazu wollen sich die Ampel-Parteien auf EU-Ebene dafür starkmachen, einheitliche Transparenzstandards zu erarbeiten, um die "Nachhaltigkeitsinformationen für Unternehmen" einfacher und verständlich zu machen. Außerdem sollen 30 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030 erreicht sein.