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Grünes Geld

Green Finance: Wann Investments wirklich grün sind

Robert Fanderl
Autor
Veröffentlicht am: 04.05.2021

Auf einen Blick

  • Grüne Geldanlagen entwickeln sich vom Nischen- zum Trendprodukt.
  • Die Risiken durch sogenanntes Greenwashing lassen sich durch ein externes Gutachten minimieren.
  • Größter Emittent von Green Bonds in Deutschland ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau – kurz KfW.
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Der Markt für nachhaltige Finanzanlagen in Europa ist in den vergangenen Jahren dynamisch gewachsen. Häufige Ziele von grünen Projektfinanzierungen sind die Reduktion von Treibhausgasemissionen und die Realisation von Investitionen in innovative, CO2-arme Technologien.

Definition und Abgrenzung von Green Finance

Derzeit gibt es noch keinen rechtlich verbindlichen Kriterienkatalog, der festlegt, was für eine wirklich grüne Finanzierung notwendig ist. "Green Finance" ist ein weit gefasster, nicht eindeutig definierter Begriff, der – vereinfacht gesagt – finanzwirtschaftliche Instrumente zum Schutz von Umwelt und Klima umfasst. 

Neben "Green Finance" gibt es noch die Begriffe "Substainable Finance" und "Social Finance". Ersterer bezieht sich auf die Nachhaltigkeitskriterien "ESG". Dabei steht ESG für "Environmental, Social and Governance", also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Zweiterer steht für die Finanzierung von Konzepten mit positivem sozialem Nutzen wie zum Beispiel Soziales Wohnen, Gesundheit und Pflege, Bildung sowie Inklusion.

Anwendungsbereiche von Green Finance

Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, aber auch nicht eindeutig definiert. So hat zum Beispiel die International Capital Market Association (ICMA) im Jahr 2018 exemplarisch geeignete grüne Projekte definiert. Dazu gehören:

  • Erneuerbare Energien, also zum Beispiel die Errichtung von Wind- oder Solarparks mit anschließender Stromproduktion
  • Energieeffizienzmaßnahmen im Rahmen der Revitalisierung von Gebäuden durch den Einbau von Blockheizkraftwerken und Energiespeichern
  • Verschmutzungsprävention durch emissionseffiziente Müllverbrennungsanlagen
  • Sauberer Transport im öffentlichen Nahverkehr durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen
  • Umweltfreundliche Gebäude, die bestimmte Kriterien wie zum Beispiel die Vorgaben der Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erfüllen oder die internationale Zertifizierung "BREEAM" anstreben

Motive für Green Finance

Zentrale Motivation für grüne Finanzierungen sind die auf der Klimaschutzkonferenz in Paris im Jahr 2015 gefassten Beschlüsse. Dort hat sich die Weltgemeinschaft darauf verständigt, die Folgen des Klimawandels einzudämmen und den Anstieg der Temperatur auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. 

Für die Realisation dieses Ziel ist viel Kapital notwendig. So hat zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland im August 2020 ihr erstes Rahmenwerk für Grüne Bundeswertpapiere veröffentlicht. Mit diesen Emissionen und dem damit verbundenen Reporting wird eine hohe Transparenz über grüne Ausgaben im Bundeshaushalt geschaffen. Die grünen Ausgaben dienen vielfältigen Zielen:

  • Förderung sauberer Verkehrssysteme und Reduzierung der CO2-Emissionen von Fahrzeugen
  • Beschleunigung des Übergangs zu einer weitgehend mit erneuerbaren Energien arbeitenden Wirtschaft und einem effizienteren Energieverbrauch

Bedeutendste Emittentin in Deutschland und einer der Pioniere im Green-Bond-Markt ist allerdings die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Gemessen am Emissionsvolumen ist die KfW die größte Emittentin von sogenannten Green Bonds (grüne Anleihen) in Deutschland und auch bei internationaler Betrachtung eine der größten Emittenten weltweit.

Die individuellen Gründe, warum andere Marktteilnehmer auf grüne Finanzierungsformen setzen, sind nicht immer ganz selbstlos:

  • Green Finance spricht neue Investorenkreise an und erweitert dadurch die Finanzierungsbasis von Unternehmen. Investieren mit gutem Gewissen kommt bei institutionellen Anlegern wie zum Beispiel Pensionskassen und Stiftungen gut an, weil das Investment auch eine ökologische oder sogar soziale Rendite erwirtschaftet.
  • Der Image-Effekt führt zu einer Markenaufwertung. Die mediale Aufmerksamkeit für grüne Finanzierungen ist derzeit hoch, das Unternehmen kann sich als nachhaltiger Akteur positionieren.

Lesetipp: Nachhaltige Robo-Advisor im Überblick

Finanzierungsformen bei Green Finance

Es gibt unterschiedliche Finanzierungsformen. Die Wesentlichen sind:

Grüne Anleihen

Sie entsprechen von der Struktur her "normalen" Anleihen, das heißt, sie sind mit einer festen Laufzeit und einem festen oder variablen Zins ausgestattet. Die Besonderheit ist, dass die Mittel der Anleihe für ein konkretes Umweltthema zweckgebunden verwendet werden. Als erstes deutsches Unternehmen emittierte das Energieunternehmen Innogy im Jahr 2017 einen Green Bond.

Grüne Schuldscheine

Auch bei grünen Schuldscheinen darf der Erlös nur für nachhaltige Projekte eingesetzt werden. Formal sind Schuldscheine Darlehen, die aber im Vergleich zu einer Anleihe schon mit einem deutlich geringeren Volumen vermarktet werden können und daher auch für Mittelständler geeignet sind. Im Jahr 2016 nutzte der deutsche Windturbinenhersteller Nordex als erstes Unternehmen in Deutschland einen grünen Schuldschein zur Finanzierung nachhaltig ausgerichteter Projekte. Aufsehen erregte Porsche im Jahr 2019 mit einem grünen Schuldschein über eine Milliarde Euro.

Grüne Kredite

Ein grüner Kredit kann sich durch den Verwendungszweck auszeichnen. Er wird dann für umweltschonende, klimaschützende oder ressourcensparende Investitionen ausgereicht. Bei einer anderen Variante hängen die Kreditkonditionen davon ab, wie nachhaltig sich das Unternehmen entwickelt (Positive Incentive Loans). Die Mittel haben keine konkrete Zweckbindung, sie dienen vielmehr der allgemeinen Unternehmensfinanzierung. Der Zinssatz des Kredits ist abhängig davon, wie nachhaltig das Unternehmen insgesamt agiert. Dazu werden die Kosten des Kredits zum Beispiel mit speziell definierten Nachhaltigkeitskriterien verknüpft. Je nachhaltiger, desto niedriger der Zins.

Kriterienkatalog für Green Bonds

Mangels eindeutiger Regelungen orientieren sich die meisten Kapitalgeber und -nehmer an einer freiwilligen Richtlinie, den Green-Bond-Principles (GBP) der International Capital Market Association (ICMA). Sie definieren folgende Standards zur Emission von Green Bonds:

Verwendung der Emissionserlöse

Zentrales Element der Leitlinien ist die Verwendung der Emissionserlöse für grüne Projekte. Dabei erkennen die GBP mehrere, breit gefächerte Kategorien für geeignete grüne Projekte an, die eine Vielzahl von Umweltschutzthemen abdecken.

Prozess der Projektbewertung und -auswahl

Im Rahmen der Projektbewertung und -auswahl fordern die GBP ein hohes Maß an Transparenz und empfehlen dem Emittenten eine externe Prüfung (siehe unten "Second Party Opinion"), die die Ausrichtung an den vier Kernkomponenten der GBP bestätigt.

Management der Erlöse

Die eingesammelten Emissionserlöse sollen gesondert verwaltet werden und ein formaler interner Prozess soll sicherstellen, dass die Emissionserlöse ausschließlich für die Kredit- und Investitionstätigkeiten der grünen Projekte verwendet werden. Empfohlen wird ferner die Begleitung der Mittelverwendung zum Beispiel durch einen Wirtschaftsprüfer.

Berichterstattung

Das Kriterium "Berichterstattung" fordert, dass der Emittent mindestens einmal im Jahr über die getätigten Investitionen informiert. Solche Standards sind nicht nur bloße Theorie. So bündelt zum Beispiel die Frankfurter Börse alle in den Handel an der Frankfurter Börse einbezogenen Anleihen, die die Prinzipien für Green Bonds der International Capital Markets Association erfüllen, in einem eigenen Segment. Die meisten Green Bonds in Deutschland begeben laut Börse Frankfurt die Förderbanken, aber auch Geschäftsbanken, Unternehmen und Staaten. Bei den finanzierten Projekten liegen erneuerbare Energien deutlich vorn, gefolgt von umweltfreundlichen Gebäuden.

Darauf sollten Sie achten: Die Verlockung von Greenwashing

Manchmal entpuppt sich ein grünes Projekt bei näherer Betrachtung als Mogelpackung. Beim sogenannten Greenwashing schmücken sich Unternehmen in der Öffentlichkeit mit einem grünen und nachhaltigen Image und verkaufen ihr Produkt unter dem Deckmantel von Natur und Umweltschutz. Der so erweckte Anschein entspricht dann aber nicht den ökologischen Tatsachen.

Ein anschauliches Beispiel liefert Schroder Investment: Die erste grüne Anleihe des Öl- und Gassektors wurde 2017 von Repsol begeben. Schroder Investment weist darauf hin, dass das spanische Großunternehmen damals behauptete, die Finanzierung würde dazu beitragen, die CO2-Emissionen innerhalb von drei Jahren um 1,2 Millionen Tonnen zu senken. Tatsächlich aber sollte das Geld für die Modernisierung und Effizienzsteigerung der bestehenden Raffinerien für fossile Brennstoffe verwendet werden. Schroder Investment rät den Investoren daher, nicht nur den Versprechen der Emittenten hinsichtlich der geplanten nachhaltigen Mittelverwendung zu glauben. Hilfreich für eine Investitionsentscheidung kann eine externe Prüfung oder Mittelverwendungskontrolle sein.

Lesetipp: Öko- und Ethikbanken: Mit grünem Girokonto Gutes tun

Externe Prüfung – Second Party Opinion (SPO)

Im Rahmen einer Green Bond Emission wird den Emittenten von der ICMA empfohlen, einen oder mehrere externe Prüfer damit zu beauftragen, die Ausrichtung an den vier Kernkomponenten der GBP zu bestätigen. Die Anbieter einer solchen "Zweitmeinung" müssen vom Emittenten unabhängig sein und über nachweisliche Expertise in ökologischen Nachhaltigkeitsfragen verfügen. Die KfW hat in der Vergangenheit zum Beispiel mit CICERO (Center for International Climate and Environmental Research Oslo/Norwegen) und der Oekom reseach AG zusammengearbeitet. Bei der Munich Re fiel die Wahl auf Sustainalytics.

Das sollten Sie als Anleger beachten: Die Existenz einer SPO sagt nichts darüber aus, ob ein Bond "gut" oder "schlecht" ist. Anders gesagt, eine SPO hilft nicht bei der Einschätzung, wie riskant ein Bond ist. Hier geht es "nur" darum, ob die geplante Mittelverwendung im Einklang mit einem eindeutigen ökologischen Nutzen steht.

Grüne Kapitalanlagen über Fonds

Mit dem wachsenden Markt für Green Bonds nimmt auch das Angebot entsprechender Fonds zu. Laut Scope Analysis waren Ende Januar 2021 in Deutschland 39 Green-Bond-Fonds zum Vertrieb zugelassen waren. Das aggregierte Volumen der 39 Fonds beträgt rund 15,4 Milliarden Euro. Die beiden größten Green-Bond-Produkte am deutschen Markt sind der Indexfonds "iShares Green Bond Index" mit rund 2,9 Milliarden Euro und der aktiv gemanagte "Eurizon Fund – Absolute Green Bonds" mit etwa 2,1 Milliarden Euro.

Fazit:

Durch den sich verschärfenden Klimawandel steigt die Bedeutung von Green Finance als wichtiger Bestandteil, Maßnahmen zum Klimaschutz zu finanzieren. Privatanleger können durch den Kauf von Green Bonds oder Fonds, die in solche Anleihen investieren, mittelbar Geld für Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung stellen und erzielen so Zinsen mit grünem Gewissen. Dabei sollten Sie als Anleger darauf achten, nicht auf die "Grünfärberei" mancher Emittenten hereinzufallen. Lesen Sie dazu auch unseren Ratgeber "Impact Investing".

Das Thema Nachhaltigkeit ist für Sie interessant? Dann könnte auch unser großer Ratgeber zum nachhaltigen Bauen lesensert sein.

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