





Auf einen Blick
Nach den jüngsten verfügbaren Daten des statistischen Bundesamtes waren in 2018 rund 7,3 Millionen Rentner mit ihren Altersbezügen steuerpflichtig. Aber auch wenn man eine Steuererklärung abgeben muss, kann man dank zahlreicher Ausgabenposten und Freibeträge steuerfrei bleiben. Wie die unterschiedlichen Rentenarten besteuert werden, erläutert Ihnen dieser Ratgeber.
Viele Rentner sind verunsichert darüber, ob sie auch im Alter weiter Steuern zahlen müssen oder endlich ihren Ruhestand ohne Finanzamt genießen können. Das bleibt für viele ein unerfüllbarer Traum, denn Renten gehören seit jeher zum steuerpflichtigen Einkommen. Allerdings müssen sie momentan oft noch nicht voll versteuert werden. Wie hoch der steuerpflichtige Anteil tatsächlich ist und ob am Ende wirklich Steuern gezahlt werden müssen, hängt von vielen individuellen Faktoren ab und lässt sich deshalb nicht pauschal beantworten.
Im Ruhestand als Rentner einfach der Aufmerksamkeit des Finanzamtes entgehen? Das funktioniert nicht. Denn mit dem Alterseinkünftegesetz hat der Gesetzgeber ein neues lückenloses Meldeverfahren eingeführt, mit dem das Finanzamt Einblick auch in die Einkünfte der Senioren erhält, die bisher keine Steuererklärung abgegeben haben. Alle öffentlichen und private Rentenkassen, Versorgungswerke, Pensionskassen und -fonds sowie die Lebensversicherer melden bereits seit 2005 auf elektronischem Weg sämtliche ausgezahlten Renten an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) in Brandenburg.
Mit dem Alterseinkünftegesetz hat die Große Koalition zudem die Besteuerung der Renteneinkünfte ab 2005 neu geregelt. Wer 2005 bereits im Ruhestand war oder erstmals eine gesetzliche Rente bezog, muss seither 50 Prozent seiner Altersbezüge versteuern. Da Rentner gleichzeitig hohe Steuerfreibeträge nutzen können, ergibt sich für viele deshalb keine Steuerlast. Wenn der Rentner jedoch noch eine zweite Rente oder andere Zusatzeinkünfte erzielt, schaut das schnell ganz anders aus: Dann ist das steuerfreie Existenzminimum fix aufgebraucht.
Außerdem steigt für jeden weiteren Rentenjahrgang seit 2006 der steuerpflichtige Anteil der Rente kontinuierlich an, bis im Jahr 2040 die kompletten Auszahlungen versteuert werden müssen. Kommende Rentnerjahrgänge werden also immer stärker zur Kasse gebeten. Wer 2022 in Rente gegangen ist, versteuert bereits 82 Prozent seiner Altersbezüge – 2023 steigt der steuerpflichtige Anteil für Neurentner auf 83 Prozent. Alle weiteren nachfolgenden Rentensteigerungen sind als “Rentenanpassungsbetrag“ voll steuerpflichtig.
Der steuerfreie Anteil der Rente wird im Steuerbescheid des ersten vollen Rentnerjahres in einen festen Eurobetrag umgewandelt und bis zum Lebensende festgeschrieben. Ärgerlich daran: Alle weiteren Rentenerhöhungen in den Folgejahren sind damit voll steuerpflichtig. Das kann sogar dazu führen, dass Rentner nach einer üppigen Rentenerhöhung mehr Altersrente erhalten – jedoch gleichzeitig die Grenzen zur Steuerpflicht überschreiten und Einkommensteuer zahlen müssen. Von der Rentenerhöhung bleibt dann spürbar weniger im Geldbeutel.
Welcher Anteil der gesetzlichen Rente steuerpflichtig ist, hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab. Dazu eine Übersicht:
Rentenbeginn | Steuerpflichtiger Anteil (in Prozent) |
Rentenfreibetrag (in Prozent) |
bis 2005 | 50 | 50 |
2006 | 52 | 48 |
2007 | 54 | 46 |
2008 | 56 | 44 |
2009 | 58 | 42 |
2010 | 60 | 40 |
2011 | 62 | 38 |
2012 | 64 | 36 |
2013 | 66 | 34 |
2014 | 68 | 32 |
2015 | 70 | 30 |
2016 | 72 | 28 |
2017 | 74 | 26 |
2018 | 76 | 24 |
2019 | 78 | 22 |
2020 | 80 | 20 |
2021 | 81 | 19 |
2022 | 82 | 18 |
2023 | 83 | 17 |
2024 | 84 | 16 |
2025 | 85 | 15 |
2026 | 86 | 14 |
2027 | 87 | 13 |
2028 | 88 | 12 |
2029 | 89 | 11 |
2030 | 90 | 10 |
2031 | 91 | 9 |
2032 | 92 | 8 |
2033 | 93 | 7 |
2034 | 94 | 6 |
2035 | 95 | 5 |
2036 | 96 | 4 |
2037 | 97 | 3 |
2038 | 98 | 2 |
2039 | 99 | 1 |
2040 | 100 | 0 |
Quelle: § 22 Nr. 1 Satz 3a aa Einkommensteuergesetz, Stand: Juni 2023.
Ihre Rentendaten hat das Finanzamt bereits vom Rentenversicherer automatisch erhalten. Das Steuerformular Anlage R müssen Sie nur noch ausfüllen, wenn die übermittelten Daten falsch oder unvollständig waren.
Ein lediger Rentner geht im Januar 2022 in den Ruhestand und erhält übers Jahr insgesamt 22.500 Euro Rente. Der Rentenfreibetrag für dieses Jahr beträgt 18 Prozent – es bleiben demnach 4.050 Euro seiner Rente steuerfrei. Dieser Betrag erhöht sich in den Folgejahren nicht mehr – alle weiteren Rentenerhöhungen sind voll steuerpflichtig. Durch Rentensteigerungen zum 1. Juli 2023 (4,39 Prozent) erhält unser Rentner im Jahr 2023 insgesamt 23.054 Euro Rente. Davon bleiben 4.050 Euro steuerfrei, abgezogen werden auch noch 102 Euro Werbungskostenpauschale. Es ergibt sich eine steuerpflichtige Rente von 18.902 Euro. Diese liegt deutlich über dem steuerlichen Grundfreibetrag für 2023 von 10.908 Euro – unser Rentner muss also in jedem Fall eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen.
Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung ist das Eine – ob das Finanzamt am Ende überhaupt eine Steuer einfordert, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Faustregel: Wer 2022 in den alten Bundesländern in den Ruhestand gegangen ist und nur von seiner Altersrente ohne weitere Zusatzeinkünfte lebt, bleibt bei einer Monatsrente von bis zu 1.238 Euro steuerlich unbehelligt. Bei höheren Renten müssen trotzdem nicht alle Senioren auch wirklich Steuern zahlen – Freibeträge und Steuervergünstigungen drücken das steuerpflichtige Einkommen.
Wenn Sie selbst überprüfen möchten, ob sie eine Steuererklärung abgeben müssen, bietet das bayerische Landesamt für Steuern einen Onlinerechner als Hilfe.
Wie viel gesetzliche Rente steuerfrei bleibt, sofern keine Zusatzeinkünfte erzielt werden, zeigt Ihnen die folgende Tabelle:
Rentenbeginn | Rente Westtarif in Euro (Jahr / Monat) |
Rente Osttarif in Euro (Jahr / Monat) |
2005 | 19.948 / 1.706 | 18.522 / 1.590 |
2006 | 19.418 / 1.661 | 18.110 / 1.555 |
2007 | 18.979 / 1.623 | 17.764 / 1.525 |
2008 | 18.657 / 1.596 | 17.554 / 1.507 |
2009 | 18.271 / 1.563 | 17.286 / 1.484 |
2010 | 17.823 / 1.525 | 16.922 / 1.453 |
2011 | 17.489 / 1.496 | 16.652 / 1.430 |
2012 | 17.123 / 1.465 | 16.459 / 1.413 |
2013 | 16.744 / 1.432 | 16.262 / 1.396 |
2014 | 16.437 / 1.406 | 16.029 / 1.376 |
2015 | 16.210 / 1.387 | 15.887 / 1.364 |
2016 | 15.960 / 1.365 | 15.752 / 1.352 |
2017 | 15.672 / 1.341 | 15.528 / 1.333 |
2018 | 15.407 / 1.318 | 15.296 / 1.313 |
2019 | 15.135 / 1.295 | 15.066 / 1.294 |
2020 | 14.782 / 1.265 | 14.751 / 1.267 |
2021 | 14.679 / 1.256 | 14.679 / 1.260 |
2022 | 14.468 / 1.238 | 14.468 / 1.242 |
Quelle: Stiftung Warentest/Finanztest, Stand: Juni 2023.
Erläuterungen zum Verständnis der Tabelle: Genannt ist die Bruttorente pro Person, Ehegatten verdoppeln die Werte. Gerechnet wurde mit 7,95 / 3,05 Prozent Beitrag für die gesetzliche Kranken- / Pflegeversicherung. Die im Dezember 2022 ausgezahlte Energiepreispauschale ist berücksichtigt. Die Spalte Monatsrente weist die Renten nach Anpassung im Monat Juli 2022 aus.
Bezüge aus privat abgeschlossenen Rentenversicherungen oder aus sonstigen Verpflichtungsgründen (zum Beispiel Renten aus dem Verkauf eines Mietshauses) unterliegen ebenfalls der Steuerpflicht – allerdings nur mit einem niedrigen Ertragsanteil der Steuerpflicht. Dessen Höhe richtet sich nach dem Alter des Versicherten zu Rentenbeginn und gilt lebenslang. Diese steuerliche Behandlung gilt auch für Leibrenten mit befristeter Laufzeit (etwa Berufs- und Erwerbsminderungsrenten). Für sie gelten sogar noch günstigere Ertragsanteile. So greift der Fiskus bei einer zehnjährigen Rentendauer nur auf zwölf Prozent der Zahlung zu.
Rentenbeginn mit dem ... Lebensjahr | Ertragsanteil in % | Steuerpflichtig bei einer Rente von 1.500 Euro |
60 / 61 | 22 | 330 Euro |
62 | 21 | 315 Euro |
63 | 20 | 300 Euro |
64 | 19 | 285 Euro |
65 / 66 | 18 | 270 Euro |
68 | 16 | 240 Euro |
Auch staatlich geförderte private Renten sind – je nach Vertragstyp – in voller Höhe oder nur zum Teil steuerpflichtig.
Altersvorsorgeprodukte wie Riester- und Rürup-Verträge bleiben in der Ansparphase komplett steuerfrei – die zum Aufbau der Rente notwendigen Beiträge lassen sich von der Steuer absetzen. Im Gegenzug hält der Fiskus später beim Rentenbezug auf die kompletten Auszahlungen die Hand auf.
Bei Betriebsrenten von der Ex-Firma hängt die Höhe der späteren Steuerpflicht der Rente davon ab, ob man seinen Rentenanspruch durch eigene Beiträge aus voll oder pauschal versteuertem Einkommen oder ohne eigenes Zutun nur mit Leistungen der Firma aufgebaut hat. Ist ersteres der Fall, unterliegt die Betriebsrente nur mit einem niedrigen Ertragsanteil der Besteuerung. Im zweiten Fall unterliegt die Rente in voller Höhe der Steuer (nachgelagerte Besteuerung).
Wichtig zu wissen: Seit 2004 sind Betriebsrenten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auch noch voll beitragspflichtig. Seit damals werden Kapitalauszahlungen fiktiv in eine Rente für 120 Monate umgerechnet und auf die fiktive Monatsrente werden zehn Jahre lang Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung kassiert. Aufgrund eines ab 2020 eingeführten Freibetrages von zunächst 159,25 Euro bleibt ein Sockelbetrag immer abgabenfrei und erst für den darüber hinausgehenden Betrag sind volle Krankenkassenbeiträge fällig. Der Freibetrag gilt allerdings nur für die Berechnung der Krankenkassenbeiträge und steigt jährlich – für 2023 beträgt er aktuell 169,75 Euro. Bekommt jemand mehrere Betriebsrenten, werden diese zusammengerechnet. Für die Pflegeversicherung muss weiter auf die komplette Betriebsrente der Pflegebeitrag bezahlt werden.
Es gibt auch Renten, die das Finanzamt ungeschoren lässt. Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, Kriegs- und Schwerbeschädigtenrenten sowie Geldrenten, die unmittelbar zur Wiedergutmachung erlittenen nationalsozialistischen oder DDR-Unrechts geleistet werden, sind komplett steuerfrei. Das gilt auch für Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Sie brauchen in der Steuererklärung deshalb nicht angegeben zu werden. Kapitalauszahlungen aus einer privaten Renten- oder Kapitallebensversicherung sind steuerfrei, wenn der Vertrag vor 2005 mit einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren abgeschlossen wurde. Neu seit 1. Januar 2023: Auch der Betrag der Rente, der aufgrund des Grundrentenzuschlages geleistet wird, wird steuerfrei gestellt.
Zahlen Rentner heute schon doppelt Steuern? Mit dieser kniffeligen Frage musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2021 in zwei Musterprozessen auseinandersetzen. Im Kern ging es in beiden Streitfällen um die Frage, ob der Gesetzgeber die Umstellung vom alten auf das neue Besteuerungssystem für Renteneinkünfte richtig umgesetzt hat. In den vorliegenden Fällen erkannten die obersten deutschen Steuerrichter zwar keine Doppelbesteuerung (Az. X R 20/19 und X R 33/19), sahen jedoch grundsätzlich die Gefahr.
Zum 1. Januar 2023 hat der Gesetzgeber auf die Urteile reagiert und festgelegt, dass sämtliche Einzahlungen von Arbeitnehmern in die gesetzliche Rentenversicherung als Vorsorgeaufwendungen bei der Steuer voll absetzbar sind. Ursprünglich war vorgesehen, dass die volle Absetzbarkeit erst in 2025 erfolgen sollte. Bisher waren Altersvorsorge-Aufwendungen nur zu einem Teil absetzbar – 2022 konnten Arbeitnehmer maximal 94 Prozent der Abzüge geltend machen, für 2023 waren ursprünglich 96 Prozent absetzbar. Die zum Jahresanfang beschlossene Änderung ist also nur eine schnellere Umsetzung dessen, was ohnehin vorgesehen war. Im Klartext: Am Ende können Arbeitnehmer für dieses Jahr zeitlich vorgezogen ganze vier Prozent mehr Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzen.
Für Werkspensionäre und Beamte im Ruhestand gelten andere Spielregeln als für Rentner. Hier rechnet der ehemalige Arbeitgeber die steuerpflichtigen Altersbezüge über die jährliche Lohnsteuerbescheinigung (früher Lohnsteuerkarte) ab. Sie sind in voller Höhe als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit steuerpflichtig. Anders als aktive Arbeitnehmer können Werkspensionäre einen zusätzlichen Versorgungsfreibetrag mit Zuschlag beanspruchen und so einen Teil der betrieblichen Altersversorgung steuerfrei kassieren. Den Freibetrag berücksichtigt der ehemalige Chef normalerweise automatisch beim Steuereinbehalt von der Werkspension.