





Auf einen Blick
Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn mehr als eine Person erbt. Sie ist aber leider auch oft eine Einladung zum Streit, denn sie zwingt Erben Einigkeit auf, wenn es um die Nachlassverteilung geht. Doch es gibt Wege, das sperrige Konstrukt zu vermeiden.
Eine Erbengemeinschaft kann man sich nicht aussuchen. Sobald zwei oder mehr Personen gemeinsam zu Erben werden, bilden sie eine Gemeinschaft mit strengen Auflagen. Sie werden gemeinsame Eigentümer des Nachlasses, müssen diesen verwalten und untereinander aufteilen. „Alle haben das gleiche Mitspracherecht, auch wenn ihre Erbanteile unterschiedlich hoch sind. Jeder Einzelne hat damit große Macht und kann Entscheidungen blockieren“, sagt Gesa Modersohn, Rechtsanwältin mit Spezialgebiet Erbrecht.
Besteht ein Nachlass aus reinem Geldvermögen, lässt sich das leicht unter Erben einer Erbengemeinschaft aufteilen. Doch zählt beispielsweise eine Immobilie dazu, ist ein Konflikt oft programmiert. Denn bei der Nachlassverteilung müssen Entscheidungen einstimmig getroffen werden und das ist bei der Aufteilung einer Immobilie selten der Fall: Der älteste Sohn will das Haus verkaufen, die Tochter will es vermieten und der jüngste Sohn will selbst drin leben. „Solche Konflikte ziehen sich oft über Jahre“, hat Gesa Modersohn erfahren. Bis Einigkeit erzielt ist, erhält im Zweifel keiner der Erben auch nur einen Cent aus dem Nachlass. Sollte die Immobilie vermietet sein, ist sie von der Erbengemeinschaft gemeinsam zu verwalten. Auch dann ist Streit oftmals programmiert, etwa ob und wie Investitionen getätigt werden.
Wer in einer Erbengemeinschaft landet, möchte das „sperrige Konstrukt“, wie Modersohn es ausdrückt, in der Regel so rasch wie möglich wieder auflösen. Das geschieht, in dem die Erben den Nachlass aufteilen. Dazu müssen sie den Wert erst mal ermitteln: Konten, Aktiendepots, Immobilien, ein Bankschließfach, Sachvermögen und auch Schulden gehören dazu. Jeder Miterbe und jede Miterbin kann einen eigenen Erbschein beantragen, es kann aber auch ein gemeinsamer Erbschein ausgestellt werden – die Kosten richten sich nach dem Gesamtwert des Nachlasses und werden unter den Miterben je nach Erbquote aufgeteilt.
Der Erbauseinandersetzungsvertrag löst die Erbengemeinschaft auf. Hier ist der gesamte Nachlass und dessen Verteilung aufgeführt, er wird von allen Miterben unterschrieben. Häufig ist er das Ergebnis einer juristischen Auseinandersetzung. „Ist keine Einigung unter den Miterben zu erzielen, wird der gesamte Nachlass versilbert inklusive Zwangsversteigerung einer Immobilie. Die erzielten Erlöse werden dann je nach Erbquote unter den Erben aufgeteilt“, erklärt Modersohn. Es sind meist langwierige Prozesse, die mit finanziellen Verlusten verbunden sind und am Ende eine zerrüttete Erbengemeinschaft hinterlassen.
Wer langwierige Auseinandersetzungen in einer Erbengemeinschaft scheut und einfach schnell an seinen Erbanteil gelangen möchte, kann eine Erbengemeinschaft auch frühzeitig verlassen. „Man kann seinen Erbteil verkaufen“, sagt Modersohn – entweder an einen Miterben oder an einen Investor, der den Nachlassanteil mit allen Rechten und Pflichten erwirbt. „Solche Angebote nehmen zu“, sagt Modersohn. Investoren wollen in der Regel lukrative Anteile an Immobilieneigentum erwerben. Miterben genießen jedoch immer ein Vorkaufsrecht.
Wer seinen Erben eine Erbengemeinschaft ersparen möchte, kann mit einem Testament vorsorgen. Darin kann man eine Person zum Alleinerben machen, andere Personen erhalten Vermächtnisse. „So lässt sich der Nachlass gerecht verteilen, ohne dass man seinen Erben und Erbinnen die Bürde der Einigkeit auferlegt“, sagt Modersohn. So kann zum Beispiel die Tochter das Haus erben – sie wird Alleinerbin – der Sohn erhält dafür das gesamte weitere Vermögen – er wird Vermächtnisnehmer. Damit die Aufteilung auch wirklich gerecht ist und auch Faktoren wie ein Inflationsausgleich oder eine Wertsteigerung bis zum Tod einkalkuliert sind, sollte man sich juristisch beraten lassen.
„In einem Testament können auch Ausgleichspflichten unter Geschwistern verankert werden“, gibt Modersohn zu bedenken: Der Vater hat dem Sohn einst einen Zuschuss zum Hauskauf gegeben, die Tochter soll im Erbfall einen finanziellen Ausgleich erhalten. Ohne Testament, das eine eindeutige Regelung festlegt, ist das ein klassischer Konflikt in einer Erbengemeinschaft, der die harmonischste Geschwisterbeziehung entzweien kann.
Durch klare Kommunikation, rechtzeitige juristische Beratung, einen Erbauseinandersetzungsvertrag oder ein Testament können viele Konflikte vermieden werden.
Kommt es zu keiner Einigung, droht schlimmstenfalls die Zwangsversteigerung. Die Erlöse werden dann entsprechend der Erbquoten verteilt.
Ja, Sie können Ihren Erbteil an Miterben oder Investoren verkaufen. Miterben haben jedoch ein gesetzliches Vorkaufsrecht.
Wenn die Erbengemeinschaft einvernehmlich aufgelöst werden soll und alle Erben dem Verteilungsplan zustimmen.
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