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Auf einen Blick
Pflege ist nach wie vor meist Frauensache – Sache von Töchtern, Schwiegertöchtern oder Ehefrauen. Und: Sie verträgt sich oft nicht mit einem Vollzeitjob. Wovon also leben in der Zeit der Angehörigenpflege?
Häufig ist eine Reduzierung der Arbeitszeit – oder sogar eine Auszeit vom Job – bitter nötig. Arbeitsrechtlich gibt es dafür klare Möglichkeiten. Doch wie lassen sich die finanziellen Folgen auffangen? Eine staatliche Lohnersatzleistung wird zwar seit Jahren gefordert, ist jedoch nicht in Sicht. Dennoch gibt es verschiedene Wege, Einkommensverluste abzufedern. Dieser Ratgeber zeigt, welche Rechte, Zuschüsse und Hilfen Angehörige nutzen können.
Pflegende Angehörige können ihre Arbeitszeit reduzieren oder sich zeitweise freistellen lassen. Dafür gibt es verschiedene gesetzliche Grundlagen.
Wenn Sie als pflegender Angehöriger erwerbstätig sind und Job und Pflege unter einen Hut bringen müssen, haben Sie verschiedene Ansprüche auf Freistellungen oder Arbeitszeitverkürzungen. Die gesetzlichen Regelungen sind kompliziert, laufen aber darauf hinaus, dass Sie in den meisten Fällen einen Rechtsanspruch auf eine Arbeitszeitverkürzung für bis zu zwei Jahre haben.
Wenn der Pflegefall eintritt, ist zunächst wichtig, dass Sie die Möglichkeit für eine kurze Beschäftigungspause für zehn Arbeitstage (= in der Regel zwei Arbeitswochen) nutzen. Geregelt ist das in § 2 des Pflegezeitgesetzes. In dieser Zeit gibt es keinen Lohn vom Arbeitgeber, aber es besteht Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld von der Pflegekasse des zu pflegenden Angehörigen.
Das ist die einzige – wenn auch kurze – Lohnausfallleistung der Pflegeversicherung. Diese gleicht den Lohnausfall in dieser Zeit weitgehend oder voll aus. Dieser Rechtsanspruch gilt – unabhängig von der Größe des Betriebs – für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Danach können Sie bis zu sechs Monate wahlweise ganz oder teilweise aus dem Beruf aussteigen, um einen pflegebedürftigen Angehörigen zu pflegen. Einen Rechtsanspruch darauf haben Sie aber nur, wenn Ihr Arbeitgeber mehr als 15 Beschäftigte hat. Das ist im Pflegezeitgesetz geregelt.
Reichen die sechs Monate aus der Pflegezeit nicht aus, so haben Sie nach dem Familienpflegezeitgesetz die Möglichkeit einer Arbeitszeitverkürzung auf bis zu 15 Stunden pro Woche (einen Anspruch auf eine Auszeit vom Job haben Sie dann nicht mehr). Das gilt – einschließlich der vorherigen Pflegezeit – maximal für 24 Monate. Einen rechtlichen Anspruch darauf haben Sie allerdings nur, wenn Ihr Arbeitgeber mehr als 25 Beschäftigte hat.
Für den Fall, dass eine Einigung über eine Freistellung nach dem Pflegezeit- oder Familienpflegezeitgesetz zustande kommt, gilt nun für die betroffenen Arbeitnehmer ein Kündigungsschutz für die Dauer der Freistellung. Weiterhin gilt, dass sie die vereinbarte Freistellung vorzeitig beenden können, wenn die oder der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege der oder des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist.
Die Regeln sind nicht daran gebunden, dass Sie die Pflege im Alleingang übernehmen. Sie können auch einen Pflegedienst einschalten oder Ihr Angehöriger kann tagsüber zeitweise eine Tagespflege in Anspruch nehmen.
Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenpflege unterscheiden sich je nach Dauer, Arbeitgebergröße und Arbeitszeitmodell. Die wichtigsten Regelungen im Überblick:
Kurzzeitige pflegebedingte Arbeitsverhinderung | Pflegezeit (nach dem Pflegezeitgesetz) | Familienpflegezeit (nach dem Familienpflegezeitgesetz) | |
---|---|---|---|
Ankündigungsfrist | keine | zehn Arbeitstage | acht Wochen |
Gilt für welche Betriebe? | alle Unternehmen | Arbeitgeber mit mehr als 15 Beschäftigten | Arbeitgeber mit mehr als 25 Beschäftigten (Auszubildende zählen dabei nicht mit) |
Gilt für welche Arbeitnehmer? | alle Arbeitnehmer, auch befristet Beschäftigte und Minijobber | ||
Gilt für welche Angehörigen? | Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Großeltern, Eltern, Geschwister, Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder, Enkelkinder sowie Schwiegereltern, Schwiegerkinder, Stiefeltern, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Partner, homosexuelle Partner, auch wenn keine eingetragene Lebenspartnerschaft besteht | ||
Gilt für welche Grade von Pflegebedürftigkeit? | "voraussichtliche Pflegebedürftigkeit (nach ärztlicher Bescheinigung)" | ab Pflegegrad 1 | |
Dauer | bis zu zehn Arbeitstage | bis zu sechs Monate | bis zu 24 Monate (einschließlich der Pflegezeit) |
Arbeitszeit | Auszeit vom Job | wahlweise Auszeit oder Teilzeit | nur Teilzeit mit mindestens 15 Wochenarbeitsstunden |
Kündigungsschutz | ja, von der Ankündigung bis zur Beendigung der Arbeitsverhinderung | ja, von der Ankündigung bis zur Beendigung der Pflegezeit | ja, von der Ankündigung bis zur Beendigung der Familienpflegezeit |
In Kriegs- und Corona-Zeiten gehen manche gesetzlichen Neuregelungen regelrecht unter. So auch ein Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Darin waren neue Regelungen zur Elternzeit und Pflegezeit enthalten, die vor allem für Beschäftigte von Kleinbetrieben neue Rechtsansprüche bringen (Bundestagsdrucksache 20/3447).
Bis Ende 2022 galt: Arbeitnehmer in Kleinbetrieben hatten keinerlei Anspruch auf eine Freistellung zur Angehörigenpflege. Das hat sich grundsätzlich auch nicht geändert. Allerdings: Arbeitgeber in Kleinbetrieben sind mittlerweile verpflichtet, Beschäftigten, die den Abschluss einer Vereinbarung über eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegzeitgesetz beantragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zugang des Antrages zu antworten. Weiterhin müssen sie eine Ablehnung des Antrags begründen. Letztlich wird damit ein gewisser "moralischer Druck" aufgebaut, damit sich Arbeitgeber eher verpflichtet sehen, Beschäftigten entgegenzukommen, die eine Freistellung beantragen.
Egal, auf welche gesetzliche Grundlage sich die Arbeitszeitverkürzung stützt: Einkommensverluste müssen Sie bei einer Arbeitszeitverkürzung in jedem Fall hinnehmen. Diese sind allerdings als Folge des progressiven Steuertarifs geringer als viele denken.
Denn wenn das Einkommen sinkt, muss man auch prozentual weniger Steuer zahlen. Wer beispielsweise als Vollzeitbeschäftigter zuletzt monatlich brutto 3.000 Euro verdient hat und seine Arbeitszeit und seinen Bruttolohn um die Hälfe verkürzt, muss beim Nettogehalt "nur" Einbußen von etwa 41 Prozent hinnehmen. Die Einbußen sind – wie untenstehende Tabelle zeigt – besonders niedrig, wenn der neue Bruttolohn durch die Arbeitszeitverkürzung unter die Marke von 2.000 Euro sinkt und damit im so genannten Übergangsbereich mit einer geringeren Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge liegt.
Wie stark sich eine Arbeitszeitverkürzung auf das Nettoeinkommen pflegender Angehöriger auswirkt, zeigt die folgende Übersicht mit Beispielrechnungen.
Bisheriger Lohn (in Euro) | Lohn Nach 50 Prozent Arbeitszeitverkürzung (in Euro) | |||
---|---|---|---|---|
Brutto | Netto | Brutto | Netto | neues Netto im Vergleich zum vorherigen |
6.000 | 3.693 | 3.000 | 2.064 | 55.9% |
5.000 | 3.145 | 2.500 | 1.777 | 56.5% |
4.000 | 2.619 | 2.000 | 1.481 | 56.5% |
3.000 | 2.065 | 1.500 | 1.213 | 58.7% |
2.000 | 1.481 | 1.000 | 871 | 58.8% |
Beispiel: Barbara T. (48) lebt in Stuttgart und ist alleinstehend. Bislang verdiente sie als kaufmännische Angestellte monatlich brutto 3.000 Euro. Ihre Mutter wurde nach einem Schlaganfall pflegebedürftig. Barbara T. übernimmt die Pflege. Ihre Mutter besucht zusätzlich zeitweise eine Tagespflege. Deshalb kann die Tochter noch halbtags arbeiten. Das hat sie mit ihrem Chef vereinbart. Aus 3.000 Euro wurden so 1.500 Euro brutto. Netto ist der Verlust dank der Steuerprogression nicht ganz so stark. Statt 2.065 Euro gehen monatlich 1.213 Euro auf ihr Konto (jeweils Stand Ende 2024): Ein Minus von 41 Prozent beziehungsweise 842 Euro.
Die Kosten für eine Platz im Pflegeheim und auch die Preise für die Pflege zu Hause liegen oft weit über den Sätzen der Pflegeversicherung. Viele Pflegebedürftige können die Pflegekosten nicht aus eigenen Mitteln schultern. Deshalb springen die Sozialämter häufig ein, mit der sogenannten Hilfe zur Pflege. Die Kinder der Pflegebedürftigen werden hingegen nur selten zur Kasse gebeten. Weitere Infos dazu lesen Sie im Ratgeber "Elternunterhalt und Hilfe zur Pflege: Wer zahlt das Pflegeheim für die Eltern?" auf biallo.de.
Das Pflegegeld geht formal an den Pflegebedürftigen – kann aber an die pflegenden Angehörigen weitergegeben werden.
Für pflegende Angehörige sieht die gesetzliche Pflegeversicherung, abgesehen vom für maximal zehn Arbeitstage gezahlten Pflegeunterstützungsgeld – zumindest rechtlich gesehen – keine Geldleistung vor. Es gibt zwar ein "Pflegegeld" – was sich ja zunächst ganz ähnlich wie Elterngeld anhört. Dieses wird aber dem Pflegebedürftigen ausgezahlt. Fünf von sechs Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Die weitaus meisten von ihnen erhalten dabei ausschließlich das frei verwendbare Pflegegeld der Pflegekassen (gegebenenfalls kombiniert mit Tagespflege). Das Pflegegeld kann von den Pflegebedürftigen frei verwendet werden. Die Verwendung wird nicht kontrolliert. Vorgesehen ist es jedoch für die Finanzierung von Pflege- und Betreuungsleistungen.
Beispiel: Die Mutter von Barbara T. erhält wie die meisten Pflegebedürftigen Pflegegeld. Bei ihr sind das (bei Pflegegrad 3) 599 Euro im Monat. Das Geld wird der Mutter überwiesen – zur freien Verwendung. Es ist aber vom Gesetzgeber ausdrücklich zum Weiterreichen an die Betreuungsperson vorgesehen. Als Anerkennung sozusagen. Ihre Mutter gibt das Pflegegeld voll an Barbara T. weiter. Selbstverständlich ist das nicht. Vielfach nutzen Pflegebedürftige es für ihren Lebensunterhalt, statt Sozialhilfe zu beantragen. Und manchmal sammelt es sich auf dem Konto der Betroffenen an.
Gibt der Pflegebedürftige, den Sie betreuen, das Pflegegeld an Sie weiter, so hat dies für Sie bei Steuern, Sozialleistungen und Versicherungen keine Bedeutung. Das Pflegegeld ist steuerfrei und sozialversicherungsfrei. Es gilt auch bei Grundsicherung, Bürgergeld und Wohngeld nicht als anrechenbares Einkommen. Wer bislang etwa in der Krankenversicherung beitragsfrei familienversichert war, bleibt dies auch als Empfänger von Pflegegeld.
In vielen Familien wird ungern über Geld gesprochen. Wenn dies auch bei Ihnen so ist: Überwinden Sie sich. Wenn Sie Ihre Mutter, Ihren Vater oder andere Angehörige pflegen, sollte das Pflegegeld an Sie gehen.
Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich nach dem Pflegegrad und ist 2025 deutlich angestiegen. Die aktuellen Pflegegeld-Beträge im Überblick:
Monatliche Geldleistung bei häuslicher Pflege (Pflegegeld)
| 2024 | 2025 |
---|---|---|
Pflegegrad 1 | Kein Anspruch | |
Pflegegrad 2 | 332 Euro | 347 Euro |
Pflegegrad 3 | 573 Euro | 599 Euro |
Pflegegrad 4 | 765 Euro | 800 Euro |
Pflegegrad 5 | 947 Euro | 990 Euro |
Wenn Pflegende Angehörige ihre Arbeitszeit verkürzen und damit weniger verdienen, können sie den Einkommensrückgang vielfach durch den Bezug von Wohngeld beziehungsweise – als Eigentümer – Lastenzuschuss kompensieren. Wohngeld ist eine relativ "komfortable" Sozialleistung. Hier gibt es niedrige Hürden: So prüfen die Ämter nicht, ob ein Auto oder die Größe und Ausstattung der Wohnung angemessen sind. Vermögen spielt beim Wohngeld nur dann eine Rolle, wenn es "erheblich" ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Summe des verwertbaren Vermögens der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder folgende Beträge übersteigt:
• 60.000 Euro für das erste zu berücksichtigende Haushaltsmitglied und
• 30.000 Euro für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied.
Wenn Ihr verwertbares Vermögen (Verträge zur Alterssicherung werden hier nicht mitgezählt) unter diesen Grenzen liegt, steht für den Fall, dass Ihr Einkommen erheblich gesunken ist, einem Wohngeldanspruch häufig nichts entgegen. So müssen Sie sich beim Wohngeldamt nicht dafür rechtfertigen, dass Ihr Einkommen gesunken ist, weil Sie – beispielsweise – Ihre Arbeitszeit halbiert haben.
Rechnet man Ihren Teilzeitlohn, das Pflegegeld und das Wohngeld zusammen, so hält sich Ihr Einkommensverlust bei einer Arbeitszeitverkürzung häufig in Grenzen.
Das folgende Beispiel zeigt, wie pflegende Angehörige Einkommensverluste durch Teilzeitlohn, Pflegegeld und Wohngeld kombinieren und abfedern können.
Beispiel: Bleiben wir beim Fall von Barbara T. aus Stuttgart. Stuttgart ist ein teures Pflaster. Die Mieten sind hier hoch. Barbara T. zahlt monatlich 800 Euro Kaltmiete. Als Vollzeitbeschäftigte hatte sie keinen Anspruch auf Wohngeld. Doch mit ihrem Teilzeitlohn stehen ihr in Stuttgart 365 Euro Wohngeld zu. Zusammen mit dem Wohngeld und dem Pflegegeld kommt sie auf 2.177 Euro monatlich. Das sind sogar 112 Euro mehr als ihr vorher als Vollzeitbeschäftigte zustand.
Rechenbeispiel:
(Nettoeinkommen vor der Zeit der Pflege: 2.065 Euro brutto)
Einkommen nach Arbeitszeitverkürzung in der Pflegezeit:
Nettolohn | 1.213 Euro |
Pflegegeld | 599 Euro |
Wohngeld | 365 Euro |
Summe | 2.177 Euro |
Der Einkommensverlust durch die Arbeitszeitverkürzung wird bei Barbara T. durch Pflegegeld und Wohngeld ausgeglichen – und ist in der Zeit der Pflege sogar minimal höher.
Allerdings: Längst nicht in jedem Fall wird der durch die Arbeitszeitverkürzung bedingte Einkommensrückgang durch Wohn- und Pflegegeld kompensiert.
Natürlich stellt sich die Situation gerade hinsichtlich des Wohngelds höchst unterschiedlich dar. So sind die Wohnorte in sechs Mietenstufen eingeordnet, wodurch das Wohngeld jeweils unterschiedlich hoch ausfällt. Es kostet Sie allerdings kaum Mühe, zu prüfen, ob für Sie Wohngeld – oder als Immobilieneigentümer der Lastenzuschuss – in Frage kommt. Nutzen Sie dafür den Wohngeldrechner von biallo.de.
Unter bestimmten Voraussetzungen können pflegende Angehörige auch Bürgergeld erhalten.
Können Menschen, die ihre Erwerbstätigkeit reduzieren oder eine Zeit lang ganz ruhen lassen und etwa eine Pflegezeit nehmen, den Einkommensausfall durch Bürgergeld kompensieren? Wäre das Bürgergeld ein bedingungsloses Grundeinkommen, so wäre diese Frage ganz einfach mit "Ja" zu beantworten. Doch das Bürgergeld ist an Bedingungen gebunden – vor allem an die Bedingung, dass sich die Bezieher um die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit bemühen müssen. Deshalb ist die obige Frage mit "kommt ganz darauf an" zu beantworten.
Zumindest, wenn Sie einen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 oder 5 betreuen, sind Sie im Regelfall nicht verpflichtet, neben der Pflege einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Arbeitsaufnahme gilt dann für Sie als nicht zumutbar. Damit können Sie also Bürgergeld erhalten, um gegebenenfalls einen Einkommensausfall, etwa während der Pflegezeit oder der Familienpflegezeit, zu kompensieren.
Die Regelungen zur Zumutbarkeit finden sich in § 10 SGB II. Zunächst ist darin ausgeführt, dass für Erwerbsfähige "jede Arbeit zumutbar" ist. Es folgen die Ausnahmen. In Absatz 4 findet sich die hier interessierende Ausnahmeklausel für die Angehörigenpflege. Eine Arbeitsaufnahme gilt danach als unzumutbar, wenn "die Ausübung der Arbeit mit der Pflege einer oder eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann".
Die Ausnahmeklausel zur Angehörigenpflege ist auslegungsbedürftig. Die Auslegung erledigt die Bundesagentur für Arbeit, kontrolliert durch die Sozialgerichte. Die Weisungen der Bundesagentur sehen vor, dass bei der Pflege einer Person mit den Pflegegraden 4 und 5 die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit generell unzumutbar ist. Hat der Angehörige Pflegegrad 1, so ist danach eine Vollzeittätigkeit zumutbar. Bei den Pflegegraden 2 und 3 ist je nach Einzelfall eine Erwerbstätigkeit von bis zu 6 Stunden zumutbar (siehe Tabelle).
Welche Arbeitszeiten pflegenden Angehörigen im Bürgergeld-System zugemutet werden, hängt vom Pflegegrad ab – hier die Vorgaben im Überblick.
Grad der Pflegebedürftigkeit | Zumutbare Arbeitszeit | |
---|---|---|
Pflegegrad 1 | Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten | In der Regel Vollzeit |
Pflegegrad 2 | Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten | In Abhängigkeit von der erforderlichen Präsenz der Pflegeperson bis zu 6 Stunden pro Tag |
Pflegegrad 3 | Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten | In Abhängigkeit von der erforderlichen Präsenz der Pflegeperson bis zu 6 Stunden pro Tag |
Pflegegrad 4 | Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten | nicht zumutbar |
Pflegegrad 5 | Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung | nicht zumutbar |
Wenn Sie eine Beschäftigung um der Pflege willen aufgeben, wird bei den Jobcentern mitunter penibel untersucht, ob Sie dazu – im Sinne des Gesetzes – berechtigt sind. Denn hier stellt sich unter Umständen die Frage, ob die Arbeitsaufgabe "sozialwidrig" ist. Ein Bundessozialgerichts-Urteil zu dieser Frage liegt noch nicht vor, allerdings ein rechtskräftiges Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen. Das Urteil zeigt klar, nach welchen Kriterien die Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme beurteilt wird.
Beispiel: Verhandelt wurde über den Fall einer Tochter, die ihre Vollzeitstelle aufgegeben hatte, um ihre Mutter pflegen zu können. Der Mutter war – nach dem alten Recht der Pflegeversicherung – die Pflegestufe II zuerkannt worden. Das entspricht dem heutigen Pflegegrad 3. Die Tochter war zuvor in Vollzeit als Hallenaufsicht am Bremer Flughafen beschäftigt. Die Tätigkeit erfolgte im Schichtdienst, wobei der Arbeitgeber die Schichtverteilung nur vier Tage im Voraus mitteilte. Da dies mit der Betreuung der Mutter, die mehrmals täglich Pflege benötigte, nicht vereinbar war, schloss die Betroffene mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag und gab ihre Stelle auf.
Das Urteil bezieht sich noch auf das Arbeitslosengeld II, ist aber 1:1 auf das Bürgergeld übertragbar. Der Fall zeigt, dass es für pflegende Angehörige auch dann, wenn ihr Angehöriger "nur" in Pflegegrad 2 oder 3 eingestuft ist, möglich ist, Bürgergeld zu erhalten. Er zeigt aber auch, dass hier durchaus mit Schwierigkeiten zu rechnen ist. Wenn die Pflege es erlaubt, dürfte es, wenn es irgendwie möglich ist, sinnvoller sein, die Erwerbstätigkeit nicht aufzugeben, sondern "herunterzufahren". Erfahrungsgemäß dürfte dies bei Jobcentern auf weniger Widerstand stoßen.
Wenn Sie die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld (ALG) beziehen, dürfen Sie gleichzeitig einen Angehörigen pflegen und von diesem Pflegegeld erhalten. Das Pflegegeld wird dabei auf das ALG nicht angerechnet.
Wichtig zu wissen ist jedoch: Wenn Sie als Pflegender ALG beziehen, haben Sie aber die gleichen Pflichten wie alle anderen Arbeitslosen. Sie müssen aktiv Arbeit suchen und Ihre Suchaktivitäten belegen, wenn Sie hierzu aufgefordert werden. Sie müssen auch an zumutbaren Bildungs- oder Trainingsmaßnahmen teilnehmen.
Sie dürfen zwar wegen Ihrer Pflegebelastung Ihre Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt auf Teilzeitstellen beschränken. Dann müssen Sie jedoch, wenn das ALG auf Grundlage einer Beschäftigung mit längerer wöchentlicher Arbeitszeit berechnet wurde, hinnehmen, dass Ihr ALG entsprechend gekürzt wird. Wer zum Beispiel wegen der Pflege statt eines früheren Vollzeitjobs nur noch eine halbe Stelle annehmen kann, muss akzeptieren, dass die Bemessungsgrundlage für sein ALG halbiert wird.
Wenn Sie Stellen ablehnen, für die Sie sich zuvor als verfügbar erklärt haben, können Sie mit einer Sperrzeit belegt werden. Wenn Sie es prinzipiell ablehnen, solche Stellen anzunehmen, gelten Sie als nicht verfügbar auf dem Arbeitsmarkt und das ALG wird ganz gestrichen.
Die oben genannten Einschränkungen gelten beim Bürgergeld nicht. Wenn sich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit tatsächlich nicht mit der Pflege von Angehörigen vereinbaren lässt, dürfen Empfänger von Bürgergeld eine angebotene Stelle ohne Nachteile ablehnen. Sie müssen allerdings in dem Maße, wie die Pflege es zulässt, bereit sein, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Gerade in größeren Unternehmen sparen Arbeitnehmer häufig auf Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten Geld- beziehungsweise Zeitguthaben an. Sozialversicherungsrechtlich spricht man hier von “Wertguthaben".
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen können etwa Teile des Arbeitsverdienstes, Einmalzahlungen, Überstunden oder nicht genommene Urlaubstage auf vom Arbeitgeber eingerichteten Wertguthabenkonten ansparen. Die Guthaben können später vielfach flexibel genutzt werden – etwa für ein längeres Sabbatical, eine vorzeitige Freistellung vor dem Ruhestand aber auch für eine Arbeitszeitverkürzung oder Auszeit für die Pflege. So können sie gegebenenfalls schon frühzeitig vorsorgen, um später – beispielsweise – Zeit für die Pflege ihrer Eltern zu haben.
Im Prinzip funktioniert das Modell folgendermaßen: Sie verzichten beispielsweise neun Jahre lang auf Ansprüche, die einem Zehntel Ihres Gehaltsanspruches entsprechen. Dann können Sie gegebenenfalls im zehnten Jahr weiterhin bei unveränderter Entlohnung eine Freistellung in Anspruch nehmen. Das zehnte Jahr ist in diesem Modell weiterhin voll sozialversicherungspflichtig. Sie haben sich damit selbst eine Auszeit vom Job – etwa für die Pflege – finanziert. Eventuell können Sie stattdessen auch eine Teilzeitlösung wählen – wenn das in Ihrem Betrieb möglich ist. Sie können zwei Jahre mit halber Arbeitszeit tätig sein. Das wäre in unserem Beispiel etwa nach einer achtjährigen "Ansparzeit" im neunten und zehnten Jahr möglich.
Ein Rechtsanspruch auf solche betrieblichen Langzeit- beziehungsweise Lebensarbeitszeitkonten besteht nicht – es sei denn, es existieren entsprechende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen (im Chemiebereich und im öffentlichen Dienst existieren solche Regelungen beispielsweise). Erkundigen Sie sich bei Ihrer Personalabteilung beziehungsweise (falls vorhanden) bei Ihrem Betriebs- und Personalrat, welche Möglichkeiten in Ihrem Betrieb bestehen. Sinnvoll sind für Sie solche Modelle allerdings vor allem, wenn Sie davon ausgehen, dass Sie längere Zeit in Ihrem Betrieb verbleiben werden.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Häufig gestellte Fragen von pflegenden Angehörigen:
Pflegezeit (6 Monate), Familienpflegezeit (24 Monate).
Nein, steuer- und sozialversicherungsfrei.
Ja, wenn Einkommen/Vermögen bestimmte Grenzen nicht überschreitet.
Bei Pflege von Angehörigen, wenn Erwerbstätigkeit unzumutbar ist.
Ansparen von Zeit- oder Geldguthaben für spätere Freistellung.