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DeutschlandAuf einen Blick
Sie möchten den Pflichtteil verstehen oder prüfen, welche Ansprüche Sie im Erbfall haben? In diesem Ratgeber erfahren Sie, wer Anspruch auf den Pflichtteil hat, wie er berechnet wird und welche Besonderheiten bei Schenkungen, Berliner Testament und Minderjährigen gelten.
Wer sich auf die gesetzliche Erbfolge verlässt, erlebt häufig Überraschungen. Unser kurzer Ratgeber zeigt die größten Irrtümer beim Erben und Vererben – klar und verständlich erklärt.
Die Menschen in Deutschland haben in der Summe einiges zu vererben. Im Jahr 2023 sind laut Informationen des Statistischen Bundesamtes 61,2 Milliarden Euro in Deutschland vererbt und steuerlich berücksichtigt worden. Die Vermögensart mit dem größten Anteil waren dabei Immobilien – mit einem Wert von insgesamt 26,4 Milliarden Euro.
Wie viele der Erblasser jedoch ihren Verwandten nichts zukommen lassen möchten, steht in den Statistiken nicht drin. Klar ist aber: Enterben ist gar nicht so einfach.
Grundsätzlich haben im deutschen Erbrecht die nächsten Angehörigen – soweit sie gesetzlicher Erbe sind – zumindest Anspruch auf einen sogenannten Pflichtteil. Dabei handelt es sich nicht um einen Anspruch auf bestimmte Erbschaftsgegenstände, sondern um einen Anspruch auf den Wert der Hälfte des gesetzlichen Erbteils in Geld. So können Sie als Kind, Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner sowie als Elternteil, sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind, auch dann einen Teil des Nachlasses verlangen, wenn Sie enterbt beziehungsweise durch ein Testament ausgeschlossen wurden.
Ihr Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Entgegen weitverbreiteter Meinung sind Geschwister übrigens nicht pflichtteilsberechtigt.
Hinterlässt beispielsweise der verstorbene Witwer zwei Kinder, so beträgt der gesetzliche Erbteil der Sprösslinge jeweils 50 Prozent. Daraus ergäbe sich ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 25 Prozent. Trotz eines möglichen Enterbens erhielte ein Kind über den Pflichtteil noch immer ein Viertel des Vermögens. Bei einem Gesamtnachlass von 200.000 Euro beträgt der gesetzliche Erbteil für jedes Kind somit 100.000 Euro und der Pflichtteil demnach 50.000 Euro.
Wenn ein Erblasser einen Ehepartner, aber keine Kinder hinterlässt, berechnet sich der Pflichtteil wie folgt: Zwar würde der Ehepartner nach der gesetzlichen Erbfolge alles erben, jedoch hätten die Eltern des Erblassers, sofern diese noch leben, einen Pflichtteilsanspruch, der 50 Prozent des ihnen nach der gesetzlichen Erbfolge zustehenden Teils beträgt.
Grundsätzlich brauchen weder die Erben noch der Testamentsvollstrecker oder das Nachlassgericht einen Pflichtteilberechtigten darüber zu informieren, dass er einen Anspruch auf den Pflichtteil hat. Nach Paragraf 2314 BGB hat dieser jedoch einen Auskunftsanspruch über die exakte Höhe des gesamten Nachlasses. Er kann auch fordern, bei der Aufstellung des Vermögensverzeichnisses dabei zu sein oder dass das Verzeichnis durch einen Notar erstellt wird – was bei größerem Vermögen immer sinnvoll ist.
Wichtig: Der Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren (nach § 195 BGB i.V.m. § 199 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall und Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, dass er per Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Aber: Spätestens 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers können Sie keinerlei erbrechtlichen Ansprüche mehr geltend machen.
In bestimmten Fällen kann die sofortige Auszahlung des Pflichtteils für Erben eine unbillige Härte darstellen. Dann ist eine gesetzliche Stundung möglich, über die das Nachlassgericht entscheidet.
Was Sie unbedingt beachten müssen: Das Tückische dabei ist, dass der Anspruch auf einen Pflichtteil eben immer ein Geldanspruch ist. "Kritisch bei Pflichtteilsansprüchen ist vor allem, wenn der Nachlass vorwiegend aus Sachwerten besteht", sagt Michael Wacher, Rechtsanwalt aus Hof.
So sehen sich häufig Erben einer Immobilie oder eines Unternehmens damit konfrontiert, dieses Vermögen veräußern zu müssen, um Ansprüche eines Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. "Der Erbe kann jedoch eine Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für ihn wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte wäre", rät Wacher. Die Entscheidung über Gewährung und Dauer einer Stundung trifft das Nachlassgericht. Wichtig ist hierbei, dass das Gericht eine Verzinsung des gestundeten Betrags anordnen kann, um den Pflichtteilsberechtigten für die Wartezeit zu entschädigen.
Wichtig: Eltern müssen in der Regel keine Immobilie verkaufen, um den Pflichtteilsanspruch ihres Kindes zu erfüllen. Der Anspruch kann auf Antrag gestundet werden, wenn eine sofortige Auszahlung eine unbillige Härte darstellen würde. Das Nachlassgericht entscheidet im Einzelfall über die Stundung und kann dabei auch eine Verzinsung des gestundeten Betrags anordnen.
Um zu verhindern, dass Kinder ihren Pflichtteil einfordern, kann im Berliner Testament eine Strafklausel eingefügt werden: Sollte ein Kind den Anspruch auf seinen Pflichtteil erheben, wird es später nichts vom zweiten Elternteil erben. Natürlich kann das Kind dann auch wieder seinen Pflichtteil einfordern. Unter dem Strich erhält das Kind aber weniger, als hätte es sich an die Wünsche der Eltern gehalten.
Wenn minderjährige Kinder im Erbfall beteiligt sind, gelten besondere Regeln. Die folgenden Abschnitte erklären, welche Rechte Kinder beim Pflichtteil haben, wie sie vertreten werden und was bei Verjährung und Berliner Testament gilt.
Natürlich können auch Minderjährige ihren Pflichtteil an einer Erbschaft geltend machen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn das Kind als gesetzlicher Erbe nicht oder zu gering im Testament bedacht wurde. In beiden Fällen kann das Kind von den übrigen Erben seinen oder den fehlenden Pflichtteil einfordern. Der Anspruch richtet sich dabei immer auf den Wert des schuldenfreien Nachlasses. Vom Erbvermögen sind also zunächst alle Verbindlichkeiten abzuziehen; Vermächtnisse, Auflagen und die Erbschaftsteuer mindern den Pflichtteil hingegen nicht.
Pflichtteilsansprüche minderjähriger Kinder treten häufig im Zusammenhang mit dem sogenannten Berliner Testament auf. Das Berliner Testament sieht vor, dass sich die Eltern zunächst gegenseitig als alleinige Erben einsetzen – und die Kinder erst im zweiten Schritt erben, wenn auch der zweite Elternteil verstorben ist. Damit sind die Kinder im ersten Erbfall in der Regel enterbt. Sie können jedoch dennoch ihren Pflichtteil verlangen, sobald ein Elternteil gestorben ist.
Da Minderjährige nicht selbst rechtsverbindlich handeln dürfen, wird der Pflichtteilsanspruch durch ihre gesetzlichen Vertreter – in der Regel die Eltern – geltend gemacht. Kommt es jedoch zu einem Interessenkonflikt, etwa wenn ein Elternteil selbst Erbe ist und gleichzeitig das Kind als pflichtteilsberechtigt vertreten müsste, kann das Familiengericht eingreifen. In solchen Fällen kann ein Ergänzungspfleger bestellt werden, der die Vermögensinteressen des Kindes unabhängig wahrnimmt. Dies geschieht allerdings nur im konkreten Einzelfall und nicht automatisch.
Für minderjährige Kinder gelten die allgemeinen Verjährungsregeln:
Der Pflichtteilsanspruch verjährt nach drei Jahren gemäß § 195 BGB. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte – vertreten durch seine Sorgeberechtigten – Kenntnis vom Erbfall und der Enterbung erlangt hat (§ 199 BGB). Eine besondere verlängerte Verjährungsfrist bis zum 21. Lebensjahr gibt es nicht. Spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall können Pflichtteilsansprüche jedoch nicht mehr geltend gemacht werden.
Es kommt gar nicht so selten vor, dass ein minderjähriges Kind zum Erben wird. Dies passiert zum Beispiel, wenn ein Elternteil verstirbt. Das Kind wird dann, neben dem anderen Elternteil, zum Erben. Da Kinder noch nicht selbst über ihr Vermögen bestimmen können, müssen es die Eltern bis zur Volljährigkeit für die verwalten. Bei bestimmten Vermögensverfügungen – etwa dem Verkauf einer Immobilie oder erheblichen Anlageentscheidungen – ist zusätzlich die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Welche Regeln im Einzelnen gelten, wenn minderjährige Kinder erben, erfahren Sie in einem weitern Ratgeber von uns.
Den Pflichtteilsanspruch bei einem gesetzlichen Erben auszuhebeln und ihn komplett zu enterben, ist nur bei besonders schwerwiegenden Gründen möglich. "Diese träfen zu, wenn ein Abkömmling dem Erblasser, seinem Ehe- beziehungsweise Lebenspartner oder einem seiner anderen Kinder nach dem Leben trachtet oder gegen diese ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen begangen hat", sagt Wacher. Auch eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung berechtigt zum Pflichtteilsentzug.
Enterben oder das Vermögen noch vor dem Tod zu übertragen, um den Pflichtteil zu mindern oder zu umgehen, ist eine sehr sensible und rechtlich komplexe Angelegenheit.
Eine weitverbreitete Praxis ist die Schenkung zu Lebzeiten, durch die das zur Erbmasse zählende Vermögen reduziert wird. Allerdings gilt hier eine zehnjährige Frist § 2325 BGB, innerhalb derer die Schenkungen potenziell noch dem Pflichtteil hinzugerechnet werden können – ein schrittweises Abschmelzen, bei dem jedes Jahr zählt (100 Prozent im ersten Jahr, 90 Prozent im zweiten Jahr, 80 Prozent im dritten Jahr, und so weiter). Sind seit der Schenkung mehr als zehn Jahre verstrichen, bleibt sie komplett außen vor. In der Realität sieht es dann so aus: Ein Vater schenkt seinem Sohn ein Haus im Wert von 400.000 Euro, die Tochter soll leer ausgehen. Ihr Pflichtteilsergänzungsanspruch schmilzt nun Jahr für Jahr gegen null – je nachdem, wann der Vater stirbt.
Wichtige Präzisierung bei Ehegatten: Bei Schenkungen unter Ehegatten beginnt die Zehnjahresfrist erst mit Beendigung der Ehe, nicht mit der Schenkung selbst.
Eine radikale Maßnahme ist der Pflichtteilsverzicht, bei dem der Pflichtteilsberechtigte freiwillig auf seinen Pflichtteil verzichtet. Dieser Verzicht muss notariell beurkundet werden, um Gültigkeit zu erlangen.
Es kann auch sinnvoll sein, einen Vertrag zugunsten Dritter abzuschließen. Dies bedeutet, dass etwa eine Lebensversicherung oder ein Sparvertrag nach dem Tod direkt an einen Begünstigten übergeht und somit nicht in die Erbmasse einfließt. Jedoch besteht auch hier ein Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn die Zehnjahresfrist noch nicht abgelaufen ist.
Die Gründung einer Stiftung ermöglicht es, einen Teil oder sogar das gesamte Vermögen in eine rechtlich selbständige Einheit zu überführen. Dabei wird das Vermögen der Kontrolle des Stifters entzogen und in den Dienst eines bestimmten, im Vorfeld definierten Zwecks gestellt, der sowohl gemeinnütziger als auch privatnütziger Natur sein kann. Im Falle des Todes fließt das in die Stiftung eingebrachte Vermögen des Erblassers nicht in die Erbmasse ein. Jedoch gilt auch hier: Damit keine Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen, muss die Vermögensübertragung mindestens zehn Jahre vor dem Tod erfolgt sein.
Um die Pflichtteilsansprüche der leiblichen Kinder zu verringern, hat ein Erblasser die Möglichkeit, beispielsweise die Kinder seines Partners aus vorherigen Beziehungen zu adoptieren. Dadurch erhalten die adoptierten Kinder dieselben rechtlichen Ansprüche wie die leiblichen Kinder, was zur Folge hat, dass der Pflichtteil, der den leiblichen Kindern zusteht, effektiv gesenkt wird.
Die Vermögensübertragung muss zivilrechtlich immer auch als "echte" Schenkung eingestuft sein. Andernfalls beginnt die Zehnjahresfrist nicht. Das trifft zum Beispiel zu, wenn sich der Schenkende ein Nießbrauchrecht oder ein Wohnrecht vorbehält. Bei Schenkungen an Ehegatten beginnt die Frist – wie oben erläutert – erst mit Beendigung der Ehe (zum Beispiel bei Scheidung).
Hier finden Sie die häufigsten Fragen rund um den Pflichtteil – kompakt, verständlich und rechtlich korrekt beantwortet.
Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Abkömmlinge, Ehe- beziehungsweise Lebenspartner und Eltern, sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind.
Nur bei schweren Verfehlungen nach § 2333 BGB, zum Beispiel Gewalt, Straftaten oder schwerer Missachtung familiärer Pflichten.
Ja – wenn eine sofortige Auszahlung eine unbillige Härte darstellt.
Diese Checkliste zeigt Ihnen die wichtigsten Schritte, um Ihren Pflichtteilsanspruch sicher und fristgerecht geltend zu machen.
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