Ab wann haften Kinder für Schäden?
Haftung
Kinder unter sieben Jahren sind laut Gesetz nicht deliktfähig und können damit für Schäden, die sie verursachen, auch nicht haftbar gemacht werden. Im Verkehr ist dieser Deliktschutz für Kinder sogar noch ausgeweitet: Bis zum Alter von zehn Jahren müssen sie für Schäden, die sie im fließenden Verkehr verursachen, nicht haften.
Was heißt das in der Praxis? Ein Kind im Alter von fünf Jahren, das mit seinem Fahrrad ein Auto verkratzt, kann für den Schaden nicht haftbar gemacht werden. Auch die Eltern haften demzufolge nicht für den Schaden – vorausgesetzt, sie haben ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Das Fazit: Der Geschädigte hat Pech gehabt, er geht leer aus.
Kinder, die zwischen sieben und 14 Jahren alt sind, können durchaus für Schäden, die sie verursachen, haften. Es kommt jedoch darauf an, ob sie die Erkenntnisfähigkeit hatten, abschätzen zu können, dass ihr Handeln nicht erlaubt ist und Schäden verursacht. Sollte sich herausstellen, dass ein Kind in diesem Alter für einen Schaden haftet, kann es zivilrechtlich belangt und zum Beispiel mit Schadenersatzforderungen konfrontiert werden.
Ein Beispiel: Ein 13-Jähriger wird bei Vandalismus erwischt. Den Schaden von 10.000 Euro muss er ersetzen. Diese Forderung kann der Geschädigte 30 Jahre lang geltend machen, wenn sie tituliert ist – sprich: gerichtlich festgestellt wurde. Auf diese Weise startet der Schadensverursacher später, wenn er älter ist, mit einem erheblichen Schuldenberg in sein Erwerbsleben. In der Praxis springen meist die Eltern ein, wenn sie finanziell dazu in der Lage sind, und bezahlen solche Forderungen für ihre Kinder. Vom Gesetz her müssen sie es nicht.
Kinder ab 14 Jahre sind strafmündig und können für Straftaten, die sie begehen, auch vom Staat bestraft werden.
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Die Krux mit der Aufsichtspflicht
Haben die Eltern ihre Aufsichtspflicht gegenüber dem Kind verletzt, können sie – nicht das Kind – durchaus haftbar gemacht werden für den Schaden, den der Nachwuchs verursacht hat. Doch wann haben Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt? Das hat der Gesetzgeber nicht eindeutig geregelt – sprich: es ist eine Ermessensfrage.
Das heißt im Klartext: Eltern müssen nicht rund um die Uhr ihre Kinder überwachen, um ihre Aufsichtspflicht zu erfüllen. Ab welchem Alter sie ihre Kinder alleine zuhause, im Garten oder auf der Straße spielen lassen, müssen Eltern vom Alter und dem individuellen geistigen Entwicklungsstand des Kindes abhängig machen. Der natürliche Spieltrieb von Kindern wird bei der Beurteilung auch berücksichtigt. Auch wenn Kinder impulsiv und unüberlegt handeln und etwa einem Fußball, der auf die Straße rollt, nachlaufen, haben Eltern nicht zwangsläufig ihre Aufsichtspflicht verletzt.
Ein Beispiel: Eltern haben mit ihrem Kind das Radfahren vielfach geübt und auch das Verhalten im Straßenverkehr. Wenn das Kind dann alleine – in angemessenem Alter – unterwegs ist und einen Schaden anrichtet, haben die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Haben Eltern dagegen nie das Radfahren mit ihrem Kind geübt und auch nicht das sichere Fortbewegen im Verkehr, und das Kind richtet mit dem Fahrrad einen Schaden an oder kommt selbst zu Schaden, haben die Eltern durchaus ihre Aufsichtspflicht verletzt.
Das bekannte Warnschild an Baustellen "Eltern haften für ihre Kinder" ist ein grober Irrtum. Eltern haften keineswegs immer sondern nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht nachweislich verletzt haben.
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Private Haftpflichtversicherung
Die Rechtslage kann Eltern in moralische Not bringen. Auch wenn das Kind aufgrund seines Alters nicht für seinen Schaden haftbar gemacht werden kann, können sich Eltern dazu verpflichtet fühlen, den Schaden zu begleichen. Zu glauben, dass dann die private Haftpflichtversicherung einspringt, ist ein Irrtum. Denn auch der Versicherer richtet sich nach der Gesetzeslage. Ist der Schadensverursacher nicht schuldfähig, springt auch die Versicherung nicht ein, um den Schaden zu begleichen.
Inzwischen bieten die Versicherer für solche Fälle aber eine Lösung an. Kinder unter sieben Jahren können über eine Zusatzvereinbarung in den Haftpflichtschutz der Eltern integriert werden. Meist sind die Versicherungssummen für Schäden jedoch limitiert, zum Beispiel auf 3.000 oder 5.000 Euro. Häufig wird auch eine Selbstbeteiligung im Schadensfall gefordert.
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Verletzte Aufsichtspflicht
Auch bei der privaten Haftpflichtversicherung spielt das Thema Aufsichtspflicht eine Rolle. Wenn nachweisbar ist, dass Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, haften sie und damit begleicht der Versicherer auch den Schaden.
Die meisten Eltern gehen irrtümlich davon aus, dass der Versicherer gerade dann nicht bezahlt, wenn man nicht ordentlich auf sein Kind aufgepasst hat. Doch das genau ist der Trugschluss: Nur, wenn man seine Aufsichtspflicht verletzt hat, haften Eltern und die Versicherung springt für den Schaden ein. Hat man also wirklich nicht richtig aufgepasst, sollte man das dem Versicherer auch sagen.