Bundessozialgericht pro Hinterbliebene
Am 5. Mai 2009 hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die Rentenversicherung auch dann, wenn ein Sterbenskranker heiratet und binnen Jahresfrist stirbt, nicht automatisch eine "Versorgungsehe" unterstellen darf. Das BSG befand: Grundsätzlich sei die gesetzliche Verschärfung der Voraussetzung der Hinterbliebenenrente seit 2002 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings müsse der Rentenversicherungsträger die Motive der Eheschließung ergründen.
In dem konkret entschiedenen Fall hatte sich ein Paar 1973 zunächst scheiden lassen, dann im Mai 2003 – kurz nach einer Krebsdiagnose beim Mann – aber wieder geheiratet. Acht Monate später starb der Ehemann. Die Rentenkasse unterstellte eine Versorgungsehe. Die Frau habe nur eine karge eigene Rente in Höhe von 286,25 Euro bezogen, ihr Ehemann dagegen im Sterbemonat 1.848 Euro – mit entsprechenden Konsequenzen für die Hinterbliebenenrente. Dass bei der Eheschließung Versorgungsgedanken eine Rolle spielten, liegt auf der Hand. Die Rentenversicherung lehnte daher den Antrag auf eine Witwenrente ab. Zu Unrecht, wie das BSG meinte: Es komme auf alle zur Eheschließung führenden Motive der Ehegatten an, also auch solche (höchst-)persönlicher, subjektiver Art (also auf die "Liebe" als Ehemotiv). Das BSG stellte sich damit klar auf die Seite der Witwe (Az. B 13 R 55/08 R).
Nach der Rechtsprechung der Gerichte spricht eine lange eheähnliche Gemeinschaft vor der Ehe in der Regel nicht gegen die Vermutung einer Versorgungsehe. Einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liege, so die Deutsche Rentenversicherung, "in der Regel die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen." Wenn dann nach dem Auftreten einer lebensbedrohlichen Krankheit sehr schnell mit einer kurzen Vorlaufzeit die Ehe geschlossen werde, liege die Vermutung einer Versorgungsehe sehr nahe.
- Biallo-Lesetipp: Bei einem Todesfall in der Familie dient der Erbschein als Nachweis darüber, wer die Erben sind, und befähigt sie, Geschäfte des Verstorbenen zu regeln. ber das Dokument kostet Geld und viel Zeit. Testament und Vorsorgevollmacht können Alternativen sein. Was ein Erbschein kostet und wie Sie ihn beantragen, erfahren Sie in einem weiteren Ratgeber auf biallo.de.
Absicherung des (Ehe-)Partners durch Erbschaft
Gerade bei Ehen, die im Alter geschlossen werden, spielen Erbansprüche eine wichtige Rolle. Denn nichteheliche Partnerschaften genießen erbrechtlich keinen besonderen Schutz. Das bedeutet: Wenn es keine anderslautende freiwillige Verfügung von Todes wegen gibt – wie ein Testament oder einen Erbvertrag – geht der eheähnliche Partner leer aus, auch wenn die Partnerschaft Jahrzehnte bestand. Erben werden dann die im Gesetz vorgesehenen Personen. Grundsätzlich sind das die Verwandten des Verstorbenen. Lebt der Lebensgefährte im Haus des Verstorbenen, muss er schlimmstenfalls sogar ausziehen, wenn die Erben dies verlangen. Wer dies vermeiden will, kann dem Lebensgefährten zum Beispiel ein Wohnrecht testamentarisch vermachen.
Natürlich kann dem nicht ehelichen Partner per Testament ein Teil des Geldvermögens vermacht werden, wobei die Pflichtanteile der Kinder – soweit vorhanden – berücksichtigt werden müssen. Doch für den erbenden Partner ohne Trauschein gilt nur ein Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro, genau wie für andere "Nicht-Verwandte". Auf das, was darüber hinausgeht, fällt Erbschaftssteuer an. Zudem gilt beim zu versteuernden Erbe ein höherer Steuersatz als für einen Ehepartner. Daher bleiben bei einem vererbten Geldvermögen in Höhe von 500.000 Euro einem nicht ehelichen Partner, der per Testament bedacht worden ist, maximal 336.000 Euro. Nach einer standesamtlichen Eheschließung dagegen greift der Ehepartner-Freibetrag von 500.000 Euro. Damit fällt in diesem Fall keine Erbschaftssteuer an.
Wenn es ums Erbe und die Absicherung des Partners geht, spricht also einiges fürs Heiraten. Doch häufig hat ein Partner – oft auch beide – Kinder aus vorangegangenen Ehen oder Beziehungen. Die Erbansprüche der eigenen Kinder konkurrieren dann unter Umständen mit denen des neuen Ehepartners. Wer nicht will, dass im Falle des Falles das eigene Vermögen zumindest in großen Teilen den Kindern des Partners zufällt, muss aufpassen.
Was passiert im Standardfall, wenn Sie selbst Kinder haben und vor ihrem neuen Ehepartner versterben? "Der neue Ehepartner erbt im Regelfall grundsätzlich die Hälfte. Die eigenen Kinder erben die andere Hälfte des Nachlasses zu gleichen Teilen", erklärt Barbara Brauck-Hunger, Fachanwältin für Erbrecht in Geisenheim. Und was gilt, wenn dann auch der andere Partner stirbt? "Dann geht die von ihm geerbte Hälfte in voller Höhe auf seine Kinder über." Unterm Strich kann das bedeuten: "Die Kinder des neuen Lebenspartners erben die Hälfte Ihres Vermögens."
Doch dies kann durch ein entsprechendes Testament vermieden werden. "So kann etwa dem überlebenden Ehegatten testamentarisch ein Nießbrauchsrecht am Nachlass vermacht werden, Erben werden aber die eigenen Kinder. Das Nießbrauchsrecht ermöglicht es dem überlebenden Ehegatten, die Nutzungen des Nachlasses für sich zu verwenden. Dies sind zum Beispiel die Mieteinnahmen, Zinserträge, Wohnungsrechte an einer Wohnung et cetera. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten erhalten die eigenen Kinder das Vermögen ihres Elternteils. So ist der überlebende Ehegatte versorgt, die Substanz des Vermögens bleibt aber den eigenen Kindern erhalten", erklärt die Geisenheimer Erbrechtsexpertin. Es gibt auch andere Varianten. Wer sowohl die Absicherung seines Ehepartners als auch die seiner Kinder erbrechtlich sicherstellen möchte, sollte sich von einem Fachanwalt beraten lassen.