Es schien ein nie endender Boom zu sein: Bis Ende des vergangenen Jahres stieg das von der deutschen ETF-Branche verwaltete Vermögen laut Fondsverband BVI auf knapp 225 Milliarden Euro. Weltweit stecken Anleger in der Hoffnung, dass ihre Anlagen in die börsennotierten Indexfonds umgerechnet fast zehn Milliarden Euro erreichen. Diese heißen so, weil sie einen kompletten Börsenindex abbilden, etwa den Deutschen Aktienindex oder den weltweiten Index MSCI World .
Doch der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die hohe Inflation haben selbstsichere ETF-Anleger verunsichert. Viele sind skeptisch und fragen sich: Lohnt es sich noch, angesichts der drohenden Rezession und Dauerkrise in ETFs zu investieren ? Soll ich meinen ETF jetzt verkaufen? Und was ist mit meinem ETF-Sparplan? Biallo.de gibt Antworten auf diese Fragen.
Lässt der Boom bei den ETFs wirklich nach?
Trotz aller Unsicherheiten haben ETFs in den Corona-Jahren 2020 und 2021 einen rasanten Aufschwung erlebt. Wegen der Null- und Negativzinsen suchen Anleger händeringend nach Anlagemöglichkeiten. Gleichzeitig stiegen die Aktienkurse trotz des zwischenzeitlichen Corona-Crashs weiter an. Viele Deutsche entdeckten daher die ETF-Anlage als Alternative zum Tages- oder Festgeld. So wuchs das in Deutschland in ETFs angelegte Vermögen von Anfang 2020 bis Ende 2021 um fast die Hälfte.
Der Krieg Russlands mit der Ukraine hat dieses Wachstum jedoch zunächst gestoppt. Laut BVI zogen Anleger in den ersten neun Monaten dieses Jahres unter Strich gut fünf Milliarden Euro aus ETFs ab. Auch europaweit machen sich Krieg und Krise bei ETF-Anlegern bemerkbar. Nach einer Analyse der Fondsrating-Agentur Morningstar verringerten sich die Kapitalzuflüsse in den europäischen ETF-Markt im zweiten Quartal 2022 um mehr als die Hälfte. Der ETF-Boom hat damit seit Jahresbeginn tatsächlich einen herben Dämpfer erlitten.
Warum ziehen sich die Anleger aus ETFs zurück?
Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist die Unsicherheit: Der Krieg in der Ukraine und die hohe Energiepreise haben negative Folgen für die Wirtschaft. Das hat an den Börsen in den letzten Monaten zum Teil zu herben Verlusten geführt. Diese machen sich in den ETF-Portfolios der Anleger bemerkbar, auch wenn die Aktienmärkte zuletzt aufgeholt haben. ETFs werden dabei vergleichsweise oft von Privatinvestoren gehalten – und die Neigung, bei Kursverlusten häufig Anteile zu verkaufen.
Das ist auch kein Wunder, denn viele Anleger müssen derzeit sogar ein doppeltes Minus verkraften. Häufig besteht ein ETF-Depot aus Aktien und Anleihen . Die sicheren Anleihen sollen dabei die Risiken des Aktienanteils abfedern. Doch auch Anleihen ließen sich in den letzten Monaten zum Teil kräftig federn. So sanken die Kurse europäischer Firmen- und Staatsanleihen – gemessen am europäischen Anleihe-Barometer „Bloomberg Euro Aggregate Bond Index“ – seit Jahresanfang um gut 14 Prozent (Stichtag: 30. November 2022). Zum Vergleich: Der Aktienindex MSCI World verlor in Euro gerechnet und inklusive Dividenden im gleichen Zeitraum mehr als fünf Prozent.