Indexfonds

ETFs: Ist der Boom zu Ende?

Andreas Jalsovec
Redakteur
Veröffentlicht am: 01.12.2022

Auf einen Blick

  • In der Corona-Krise erlebten börsennotierte Indexfonds (ETFs) einen wahren Boom. Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben das Wachstum jedoch gestoppt.
  • Wie es weitergeht, ist offen: Privatinvestoren halten sich derzeit beim ETF-Kauf noch zurück, Großanleger sind dagegen im Oktober verstärkt eingestiegen.
  • Wer einen ETF oder einen ETF-Sparplan hat, sollte daran festhalten. Es kann zwar eine Weile dauern, bis sich die Kurse erholt haben. Doch Geduld hat sich in der Vergangenheit stets ausgezahlt.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Lässt der Boom bei den ETFs wirklich nach?
  2. Warum ziehen sich die Anleger aus ETFs zurück?
  3. Ist der ETF-Hype also vorbei?
  4. Soll ich meine ETFs nun verkaufen?
  5. Und was mache ich mit dem ETF-Sparplan?

Es schien ein nie endender Boom zu sein: Bis Ende des vergangenen Jahres stieg das von der deutschen ETF-Branche verwaltete Vermögen laut Fondsverband BVI auf knapp 225 Milliarden Euro. Weltweit stecken Anleger in der Hoffnung, dass ihre Anlagen in die börsennotierten Indexfonds umgerechnet fast zehn Milliarden Euro erreichen. Diese heißen so, weil sie einen kompletten Börsenindex abbilden, etwa den Deutschen Aktienindex oder den weltweiten Index MSCI World .

Doch der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die hohe Inflation haben selbstsichere ETF-Anleger verunsichert. Viele sind skeptisch und fragen sich: Lohnt es sich noch, angesichts der drohenden Rezession und Dauerkrise in ETFs zu investieren ? Soll ich meinen ETF jetzt verkaufen? Und was ist mit meinem ETF-Sparplan? Biallo.de gibt Antworten auf diese Fragen.

 

Lässt der Boom bei den ETFs wirklich nach?

Trotz aller Unsicherheiten haben ETFs in den Corona-Jahren 2020 und 2021 einen rasanten Aufschwung erlebt. Wegen der Null- und Negativzinsen suchen Anleger händeringend nach Anlagemöglichkeiten. Gleichzeitig stiegen die Aktienkurse trotz des zwischenzeitlichen Corona-Crashs weiter an. Viele Deutsche entdeckten daher die ETF-Anlage als Alternative zum Tages- oder Festgeld. So wuchs das in Deutschland in ETFs angelegte Vermögen von Anfang 2020 bis Ende 2021 um fast die Hälfte.

Der Krieg Russlands mit der Ukraine hat dieses Wachstum jedoch zunächst gestoppt. Laut BVI zogen Anleger in den ersten neun Monaten dieses Jahres unter Strich gut fünf Milliarden Euro aus ETFs ab. Auch europaweit machen sich Krieg und Krise bei ETF-Anlegern bemerkbar. Nach einer Analyse der Fondsrating-Agentur Morningstar verringerten sich die Kapitalzuflüsse in den europäischen ETF-Markt im zweiten Quartal 2022 um mehr als die Hälfte. Der ETF-Boom hat damit seit Jahresbeginn tatsächlich einen herben Dämpfer erlitten.

 

Warum ziehen sich die Anleger aus ETFs zurück?

Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist die Unsicherheit: Der Krieg in der Ukraine und die hohe Energiepreise haben negative Folgen für die Wirtschaft. Das hat an den Börsen in den letzten Monaten zum Teil zu herben Verlusten geführt. Diese machen sich in den ETF-Portfolios der Anleger bemerkbar, auch wenn die Aktienmärkte zuletzt aufgeholt haben. ETFs werden dabei vergleichsweise oft von Privatinvestoren gehalten – und die Neigung, bei Kursverlusten häufig Anteile zu verkaufen.

Das ist auch kein Wunder, denn viele Anleger müssen derzeit sogar ein doppeltes Minus verkraften. Häufig besteht ein ETF-Depot aus Aktien und Anleihen . Die sicheren Anleihen sollen dabei die Risiken des Aktienanteils abfedern. Doch auch Anleihen ließen sich in den letzten Monaten zum Teil kräftig federn. So sanken die Kurse europäischer Firmen- und Staatsanleihen – gemessen am europäischen Anleihe-Barometer „Bloomberg Euro Aggregate Bond Index“ – seit Jahresanfang um gut 14 Prozent (Stichtag: 30. November 2022). Zum Vergleich: Der Aktienindex MSCI World verlor in Euro gerechnet und inklusive Dividenden im gleichen Zeitraum mehr als fünf Prozent.

Grund für die schwachen Anleihekurse sind höhere Zinsen: Wegen der Inflation hat die Europäische Zentralbank den Leitzins zuletzt um zwei Prozent angehoben. Deshalb werden neu aufgelegte Anleihen mittlerweile höher verzinst. Die Folge: Die Nachfrage nach älteren Anleihen sinkt und damit ihr Kurs. In ETF-Portfolios finden sich aber vor allem noch solche älteren Anleihen. Deren Kursverluste haben Anleger häufig zum Ausstieg bewegt. Gleichzeitig machen steigende Zinsen Sparanlagen wieder attraktiv. Der eine oder andere Sparer dürfte daher wieder das sichere Festgeld einer Anlage in ETFs vorziehen, zumal es nach zwei Jahren Laufzeit laut Biallo-Festgeld-Vergleich mittlerweile schon gut drei Prozent pro Jahr gibt.

Biallo-Tipp: In unserem neuen Youtube-Video erklärt ETF-Papst Gerd Kommer, was Anlegerinnen und Anleger in einem steigenden Zinsszenario bei Anleihemärkten beachten sollten;

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Ist der ETF-Hype also vorbei?

Das ist noch nicht ausgemacht. Sicher ist: Die Lage an den Aktienmärkten wird in den kommenden Monaten nicht einfacher. Zum einen steht die Weltwirtschaft vor einer Rezession . Das trübt die Aussichten für Unternehmen und damit auch für die Aktienkurse. Gleichzeitig werden die Zinsen auch im kommenden Jahr weiter steigen. Das schwächt die Aktienmärkte und lässt die Kurse älterer Anleihen weiter bröckeln. Beides setzt die Portfolios von ETF-Anlegern unter Druck.

Auf der anderen Seite haben insbesondere Großanleger die schlechten Nachrichten für die Börsen offenbar schon auf der Rechnung – und denken bereits an die Zeit nach der Krise. So teilte der Vermögensverwalter Blackrock jüngst mit, dass Großinvestoren im Oktober 2022 dreimal so viele ETFs gekauft haben wie im Monat zuvor. Privatkunden seien allerdings weiterhin zurückzuhalten. Dies habe möglicherweise mit der hohen Inflation und den gestiegenen Lebenshaltungskosten zu tun: Wird das Geld knapp, hält man sich auch bei der Kapitalanlage eher zurück. Ob Privatkunden auch längerfristig vom ETF-Markt fernbleiben werden, muss sich daher erst noch zeigen.

 

Soll ich meine ETFs nun verkaufen?

Davon raten Experten trotz der Krise ab. Wer seinen Aktien-ETF jetzt abstößt, fährt damit möglicherweise hohe Verluste ein. Brauchen Sie das Geld im Moment nicht unbedingt, sollten Sie die ETFs daher weiterhin halten. Die Erfahrung aus ähnlich tiefen Krisen am Aktienmarkt zeigt: Wer langfristig – also mindestens zehn, am besten 15 Jahre – durchhält, hat sehr gute Chancen, mit einer global gestreuten Aktienanlage am Ende wieder im Plus zu landen. Seit 1970 hat es noch nie länger als 13 Jahre gedauert, bis man mit weltweiten Aktien selbst große Verluste wieder aufgeholt hat. Geduld ist in solchen Phasen auch Goldwert.

Ähnlich sieht es bei Anleihen-ETFs aus. Bis sich die höheren Zinsen im eigenen ETF positiv niederschlagen, kann es ein paar Jahre dauern – insbesondere bei ETFs mit lang laufenden Anleihen. Denn diese werden erst nach und nach durch neue Papiere ausgetauscht. Wer daher Zeit genug hat, kann auch hier auf eine Erholung seines ETFs setzen. Sie müssen aber damit rechnen, dass die Anleihenkurse in Ihrem ETF in den nächsten Monaten weiter sinken.

Neuanleger sollten sich in jedem Fall gut überlegen, ob Sie neben Aktien auch in Anleihen als Sicherheitsbaustein investieren möchten. Denn solange die Zinsen weiter steigen, bergen Anleihen ein Kursrisiko. Stattdessen können Sie Festgeld mit verschiedenen Laufzeiten als Sicherheitselement wählen. Für dreijähriges Festgeld mit hoher Sicherheit etwa erhalten Sie derzeit einen Zins von bis zu 3,25 Prozent. Wie Sie ETFs am besten mit Festgeld und Tagesgeld zu einem Portfolio kombinieren, erklären wir ihnen in einem weiteren Artikel .

 

Und was mache ich mit dem ETF-Sparplan?

Den sollten Sie auf jeden Fall weiterführen – und das tun offenbar die meisten Anleger auch: Trotz der Krise würden ETF-Sparpläne bislang stabil weiterbestehen, heißt es beim ETF-Anbieter Amundi. Das ist auch sinnvoll. Denn Sparpläne bewegen sich gerade bei niedrigen Aktienkursen. Sie kaufen dann mit ihrer konstanten Sparplanrate mehr Anteile des ETFs ein als bei einem höheren Kurs. Langfristig erzielen Sie so eine Mischung aus günstig und weniger günstig erworbenen Anteilen.

Dieser sogenannte Cost-Average-Effekt macht es Ihnen leicht, zu bezahlen – vorausgesetzt, Sie halten schwierige Börsenphasen durch. Sie sollten daher auch in der Krise an ihrem Sparplan festhalten. Wird Ihr Geld aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten und der Energiepreise zwischenzeitlich knapp, können Sie überlegen, ob Sie Ihre Sparplanrate reduzieren. Das ist bei ETF-Sparplänen in der Regel problemlos möglich. Gleichzeitig sollten Sie darauf achten, dass Ihr Sparplan günstige Gebühren aufweist. So können Sie etwa überprüfen, ob Ihre Bank oder Ihr Broker auch passende kostenlose ETF-Sparpläne anbietet.

Über den Redakteur Andreas Jalsovec

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Hat als Redakteur in mehreren (Wirtschafts-) Redaktionen gearbeitet – unter anderem beim Anlegermagazin Börse Online, bei der Münchner Abendzeitung, der Schwäbischen Zeitung und der Nachrichtenagentur epd. Der promovierte Ökonom schreibt vor allem über Anleger- und Verbraucherthemen. Vor seinem Wechsel zu Biallo.de war er für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung tätig.

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